Entscheidungsstichwort (Thema)
Schiedssache. Vollstreckbarerklärung eines Schiedspruchs
Leitsatz (amtlich)
Nach § 1064 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 ZPO hat der Antragsteller für die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs lediglich den Schiedsspruch oder eine beglaubigte Abschrift des Schiedsspruchs vorzulegen. Die Beifügung einer Übersetzung kann das Gericht nach allgemeinen Regeln (§ 142 Abs. 3 ZPO, § 184 GVG) verlangen, ist jedoch nicht Zulässigkeitsvoraussetzung.
Die Vorlage der in Art. IV Abs. 1 lit. b UN-Ü genannten Urschrift der Schiedsvereinbarung oder einer Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäß beglaubigt ist, sowie die Vorlage der in Art. IV Abs. 2 UN-Ü vorgesehenen Übersetzungen stellt aufgrund des Günstigkeitsprinzips des Art. VII Abs. 1 UN-Ü keine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs dar, da das nationale Verfahrensrecht (§ 1064 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 ZPO) insoweit günstiger ist.
Normenkette
UN-Ü Art. IV Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2, Art. VII Abs. 1; ZPO § 1064
Tenor
I. Das Schiedsgericht beim Büro für rechtliche Unterstützung in Moskau erließ am 6. April 1999 in dem zwischen der Antragstellerin (im Schiedsspruch „anrufende Partei” genannt) und der Antragsgegnerin (im Schiedsspruch „angerufene Partei” genannt) geführten Schiedsverfahren (Akte Nr. 2/99) folgenden Schiedsspruch:
„Von der angerufenen Partei sind 5.110.918,74 US-Dollar bzw. der Rubelgegenwert des genannten Betrags nach dem Kurs der Zentralbank der Russischen Föderation am Tage der Zahlung zugunsten der anrufenden Partei einzuziehen, der angerufenen Partei sind ferner die Gerichtskosten in Höhe von USD 15.332,00 bzw. der Rubelgegenwert des angegebenen Betrags nach dem Kurs der Zentralbank der Russischen Föderation am Tage der Zahlung anzurechnen.”
II. Dieser Schiedsspruch wird für vollstreckbar erklärt.
III. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
IV. Der Beschluß ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Wert der Beschwer wird auf DM 11 072 701 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Zwischen den Parteien bestehen Streitigkeiten hinsichtlich der Erfüllung des zwischen ihnen über die Ausführung von Bauleistungen geschlossenen Vertrages vom 6.11.1996.
In der am 21.10.1998 zu Abs. 19.1 dieses Vertrages geschlossenen schriftlichen Zusatzvereinbarung Nr. 8 vereinbarten die Parteien, daß sämtliche Streitigkeiten und Differenzen, die aus dem Vertrag oder im Zusammenhang mit diesem entstehen können, nach Möglichkeit auf dem Verhandlungsweg zwischen den Parteien entschieden werden. Falls die Parteien eine Einigung nicht erzielen können, werde der Streitfall von einem Schiedsgericht am Büro für Juristischen Beistand in Moskau beizulegen sein, gemäß der Satzung und den geltenden Regeln des genannten Schiedsgerichts am Büro für Juristischen Beistand sowie den gültigen Gesetzesnormen der Russischen Föderation.
Am 1.3.1999 schlossen die Parteien in Moskau die Zusatzvereinbarung Nr. 11 zum Vertrag vom 6.11.1996, in der sie Regelungen zur Begleichung bestehender Zahlungsrückstände trafen. Hinsichtlich des Wortlauts der Zusatzvereinbarungen Nr. 8 und 11 wird auf die von den Parteien vorgelegten Übersetzungen Bezug genommen.
Am 6.4.1999 erwirkte die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin in dem zwischen ihnen vor dem Schiedsgericht beim Büro für rechtliche Unterstützung in Moskau geführten Schiedsverfahren folgenden Schiedsspruch:
Von der angerufenen Partei (= Antragsgegnerin) sind 5.110.918,74 US-Dollar bzw. der Rubelgegenwert des genannten Betrags nach dem Kurs der Zentralbank der Russischen Föderation am Tage der Zahlung zugunsten der anrufenden Partei (= Antragstellerin) einzuziehen; der angerufenen Partei sind ferner die Gerichtskosten in Höhe von 15.332,00 US-Dollar bzw. der Rubelgegenwert des angegebenen Betrags nach dem Kurs der Zentralbank der Russischen Föderation am Tage der Zahlung anzurechnen.
Unter Vorlage einer von der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau gemäß § 10 Abs. 1 Ziff. 2 KonsG beglaubigten Abschrift des Schiedsspruchs und einer von der Industrie- und Handelskammer Moskau beglaubigten Übersetzung des Schiedsspruchs beantragt die Antragstellerin, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären. Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen, hilfsweise nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
Sie trägt vor,
- Die Übersetzung des Schiedsspruchs durch einen öffentlich bestellten Dolmetscher und Übersetzer für die russische Sprache sei nicht nachgewiesen.
- Die Zusatz Vereinbarung Nr. 8 sei zwar ordnungsgemäß durch einen öffentlich bestellten und beeidigten Dolmetscher und Übersetzer für die russische Sprache übersetzt, jedoch sei die Legitimation weder des Auftragnehmers noch des Auftraggebers nachgewiesen.
- Der Beglaubigungsvermerk zu der Ablichtung der Zusatzvereinbarung Nr. 8 vom 21.10.1998 sei nicht ordnungsgemäß nachgewiesen.
- Die von den Parteien am 1.3.1999 geschlossene Zusatzvereinbarung Nr. 11 zum Vertrag vom 6.11.1996 ent...