Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz, Leistungen, Aufrechnung, Staatsanwaltschaft, Dienstleistungen, Gesellschaft, Schiedsvereinbarung, Anerkennung, Vertrag, Verfahren, Schiedsspruch, Haftung, Gerichtsstandsvereinbarung, Anspruch, ordre public, Aussage gegen Aussage, beglaubigte Abschrift
Tenor
1. Das aus dem Einzelschiedsrichter ... bestehende Schiedsgericht erließ in dem zwischen der Insolvenzschuldnerin als Schiedsklägerin und der Antragsgegnerin als Schiedsbeklagter geführten Schiedsverfahren am 5. Juni 2018 in Moskau/Russische Föderation folgenden Schiedsspruch:
Die Schiedsklägerin wird zugunsten der Schiedsbeklagten zur Zahlung von:
- 28.028,20 Euro (achtundzwanzigtausendachtundzwanzig Euro und zwanzig Cent) - eine Verschuldung aus den Rahmenlieferverträgen Nr. 8 und Nr. 9.
- 98.500 Rubel (achtundneunzigtausendfünfhundert Rubel) - die Kosten in Verbindung mit dem Interessenschutz der Antragstellerin durch einen Verfahrensbevollmächtigten.
- 7.009 US-Dollar (siebentausendneun US-Dollar) - die Aufwendungen der Antragsgegnerin für die Entrichtung von Anmelde- und Schiedsgebühren verurteilt.
2. Dieser Schiedsspruch wird für vollstreckbar erklärt, mit der Maßgabe, dass die Zahlung an Frau X., ... Moskau, ... Str. Haus ... Russische Föderation zu erfolgen hat.
3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens.
4. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
5. Der Streitwert wird auf 35.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung eines am 5.6.2018 in Moskau/Russische Föderation ergangenen Schiedsspruchs
1. Die Antragstellerin ist die Insolvenzverwalterin der Schiedsklägerin, einer in Moskau ansässigen Gesellschaft. Mit Beschluss des Handelsgerichts der Stadt Moskau vom 5.3.2018 wurde die Überwachung der Schiedsklägerin angeordnet und die Antragstellerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Die Schiedsklägerin und Insolvenzschuldnerin wurde mit Beschluss des Handelsgerichts der Stadt Moskau vom 22.11.2018 für insolvent erklärt. Die Insolvenzverwalterin hat das Verfahren gegen die in München ansässige Antragsgegnerin (= Schiedsbeklagte), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, aufgenommen. Die Schiedsklägerin und die Schiedsbeklagte (im Folgenden Parteien) sind im Bereich Logistik und Handel mit landwirtschaftlichen Ersatzteilen tätig.
Die Parteien schlossen am 30.1.2017 und am 6.4.2017 zwei Rahmenlieferungsverträge (Nr. 8 und Nr. 9) über die Lieferung von Ersatzteilen für Agrarmaschinen durch die Schiedsbeklagte an die Schiedsklägerin. Da die Schiedsbeklagte nach Ansicht der Schiedsklägerin ihren Verpflichtungen aus den Verträgen nicht nachkam, rief sie das Internationale kommerzielle Schiedsgericht bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation in Moskau (im Folgenden MKAS) an.
a) In den jeweils in deutscher und russischer Sprache abgefassten Verträgen vereinbarten die Parteien in Ziff. 13.7., dass beliebige Streitigkeiten, Meinungsverschiedenheiten und Ansprüche im Zusammenhang mit dem Vertrag, seiner Erläuterung, Erfüllung, Unterbrechung oder Ungültigkeit der Lösung durch das MKAS unterliegen.
b) Die Schiedsklägerin leistete am 9.2.2017 eine Vorauszahlung i.H.v. 14.650,24 EUR und am 7.4.2017 eine Vorauszahlung i.H.v. 13.802,00 EUR. Die vollständige Lieferung der Ersatzteile erfolgte daraufhin jedoch nicht. Eine außergerichtliche Aufforderung der Schiedsklägerin vom 5.10.2017 blieb unbeantwortet, weshalb die Schiedsklägerin Kaufpreisrückzahlung und Schadensersatz vor dem Schiedsgericht geltend machte.
Die Antragsgegnerin wandte im Schiedsverfahren ein, die geltend gemachte Forderung sei vollumfänglich durch Aufrechnung erloschen, da ihr aus einem Agenturvertrag vom 19.9.2016 eine Forderung i.H.v. 167.856,00 EUR zustehe, mit der sie aufgerechnet habe.
c) Das Schiedsgericht hat am 5.6.2018 in Moskau/Russische Föderation in dem zwischen den Parteien geführten Schiedsverfahren den oben wiedergegebenen Schiedsspruch erlassen.
In dem von der Antragstellerin in deutscher Übersetzung vorgelegten Schiedsspruch ist unter dem Abschnitt "Tatbestand" auf Seite 4 unten/Seite 5 oben ausgeführt, der Kläger (= Schiedsklägerin) habe in der Verhandlung vom 14.2.2018 die Auffassung vertreten, ein Agenturvertrag sei direkt nicht mit den Rahmenlieferungsverträgen verbunden und unterliege nicht der Zuständigkeit von MKAS. Dies habe der Beklagtenvertreter (= Verfahrensbevollmächtigte der Schiedsbeklagten) bestätigt und ausgeführt, er sei aber berechtigt, Gegenforderungen zu erklären. Auf Seite 7, ebenfalls noch unter dem Abschnitt "Tatbestand", ist ausgeführt, der Agenturvertrag sei vom Kläger nicht unterschrieben worden, weil dieser sein wirtschaftliches Interesse daran verloren habe. Er sei vom Beklagten erfunden und erst nach Klageerhebung durch den Kläger bei MKAS erstellt worden. Sollte der Beklagte die Auffassung vertreten, dass seine Rechte aus dem Agenturvertrag verletzt worden seien, könne er das "Schiedsgericht in Moskau" anrufen. Unter dem A...