Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Stimmrecht des Verwalters bei Beschlußfassung der Wohnungseigentümer über dessen Abberufung und Kündigung des Verwaltervertrages
Verfahrensgang
LG Passau (Entscheidung vom 19.02.1986; Aktenzeichen 2 T 163/85) |
AG Passau (Aktenzeichen 1 UR II 117/85) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Passau vom 19. Februar 1986 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beschluß des Amtsgerichts Passau vom 25. Oktober 1985 in seinem feststellenden Teil wie folgt lautet:
Es wird festgestellt, daß die Verwalterin … bei der Beschlußfassung über ihre Abberufung verbunden mit der Kündigung des Verwaltervertrags aus wichtigem Grund nicht stimmberechtigt ist.
II. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten wird abgesehen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerde verfahren wird auf 4 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Antragsgegnerin, der mehrere Wohnungen gehören, ist die Verwalterin. Sie ist auf fünf Jahre bestellt und kann nach der Gemeinschaftsordnung aus wichtigem Grund mit einfacher Stimmenmehrheit abberufen werden.
In der Eigentümerversammlung vom 6.7.1985 wurde der Antrag, die Verwalterin aus wichtigem Grund abzuberufen und den Verwaltervertrag zu kündigen, mit den Stimmen der Verwalterin und weiterer Wohnungseigentümer, deren Stimmrecht die Verwalterin auf Grund Vollmacht ausübte, abgelehnt.
Die Antragsteller haben beantragt, diesen „Beschluß” für ungültig zu erklären, hilfsweise festzustellen, daß die Verwalterin bei der Abstimmung über ihre Abwahl nicht stimmberechtigt sei. Das Amtsgericht hat dem Hilfsantrag mit Beschluß vom 25.10.1985 stattgegeben. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 19.2.1986 den amtsgerichtlichen Beschluß dahin ergänzt, daß der Hauptantrag als unzulässig abgewiesen ist; im übrigen hat es die sofortige Beschwerde Zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Verwalterin.
II.
Das Rechtsmittel ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Der Hilfsantrag sei zulässig. Die Verwalterin habe über den Antrag, sie aus wichtigem Grund abzuwählen und den Verwaltervertrag zu kündigen, nicht mitstimmen dürfen. Dies folge allerdings nicht aus § 25 Abs. 5 WEG, sondern aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß niemand Richter in eigener Sache sein könne. Dieser Grundsatz gelte für Personengesellschaften kraft Gesetzes und für die GmbH nach der Rechtsprechung. Der Stimmrechtsausschluß ergreife auch eine Abstimmung als Vertreterin anderer Wohnungseigentümer aufgrund Vollmacht. Ob ein wichtiger Grund für die Abberufung der Verwalterin vorliege, sei keine Frage der Stimmberechtigung, also im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist nur der von den Antragstellern erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht gestellte Hilfsantrag, festzustellen, daß die Antragsgegnerin „bei der Abstimmung über die Abwahl des Verwalters wegen Interessenkollision nicht stimmberechtigt ist”. Die Antragsteller sind der Ansicht, die Verwalterin sei gemäß § 25 Abs. 5 WEG bei der Beschlußfassung über ihre Abberufung jedenfalls deshalb nicht stimmberechtigt, weil gleichzeitig der Verwaltervertrag gekündigt werden solle. Diese Ansicht haben sie nicht nur bereits im Antragsschriftsatz, sondern auch in der Beschwerdeerwiderung vertreten und halten auch in der Erwiderung auf die Rechtsbeschwerde daran fest. Auch war Gegenstand der Beschlußfassung der Wohnungseigentümer vom 6.7.1985, die Ausgangspunkt des gerichtlichen Verfahrens ist, der Antrag: „Abwahl des Verwalters und Kündigung des Verwaltervertrags”. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, daß die Antragsteller die Feststellung begehren, die Verwalterin sei bei der Beschlußfassung, die sowohl ihre Abberufung als auch die Kündigung des Verwaltervertrags aus wichtigem Grund zum Gegenstand hat, nicht stimmberechtigt. So haben auch das Amtsgericht und das Landgericht, wie sich aus ihren Entscheidungen ergibt, den Feststellungsantrag ausgelegt. Allerdings haben sie dem in der Beschlußformel nicht hinreichend Rechnung getragen.
b) Die Antragsteller haben ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO). Sie beabsichtigen nämlich eine erneute Beschlußfassung der Wohnungseigentümer herbeizuführen. Eine Entscheidung über den Feststellungsantrag beseitigt den bestehenden Streit über die Stimmberechtigung der Verwalterin. Daß dies alsbald geschieht, daran haben die Antragsteller im Hinblick auf die erneute Beschlußfassung ein rechtliches Interesse.
c) Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Stimmberechtigung der Antragsgegnerin für eine Beschlußfassung verneint, die sowohl die Kündigung des Verwaltervertrags, als auch die...