Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Dienstbarkeit bei Sondernutzungsrecht

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 28.07.1997; Aktenzeichen 1 T 5227/97)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluß des Landgerichts München I vom 28. Juli 1997 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – München vom 9. Dezember 1996 aufgehoben.

 

Gründe

I.

Die beiden Beteiligten sind Miteigentümer zu unterschiedlichen Bruchteilen einer Eigentumswohnung. Das Wohnungseigentum ist im Grundbuch beschrieben als „… Miteigentumsanteil an dem … Grundstück … verbunden mit dem Sondereigentum an Wohnung, Kellerabteil Nr. 9 (Stadthaus 9), Kfz-Stellplatz Nr. 9 in der Tiefgarage verbunden mit Sondernutzungsrecht an Gartenanteil und Abstellplatz für Müllboxe lt. Aufteilungsplan; …”.

Zu notarieller Urkunde vom 28.11.1996 räumten sich die Beteiligten gegenseitig jeweils auf Lebenszeit ein Wohnungs- und Benutzungsrecht an dem Wohnungseigentum ein, „bestehend in dem Recht, die gesamte vorbezeichnete Einheit Nr. 9 (Stadthaus, Tiefgaragenstellplatz, Garten) allein zu benutzen, ferner die übrigen, für den gemeinsamen Gebrauch der Hausbewohner bestimmten Anlagen und Einrichtungen, insbesondere das Gemeinschaftseigentum mitzubenutzen.”

Die Beteiligten bewilligten zur Sicherung der Rechte jeweils die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit.

Den Eintragungsantrag hat das Grundbuchamt durch Zwischenverfügung vom 9.12.1996 mit der Begründung beanstandet, die Dienstbarkeit könne nicht auch an dem Sondernutzungsrecht begründet werden; der dingliche Inhalt der Dienstbarkeit sei entsprechend zu ändern. Die Erinnerung/Beschwerde dagegen hat das Landgericht durch Beschluß vom 28.7.1996 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts und der Zwischenverfügung des Grundbuchamts.

1. Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf die Nichtabhilfeverfügungen der Rechtspflegerin und des Grundbuchrichters ausgeführt, das Sondernutzungsrecht könne nicht Gegenstand einer an einem Wohnungseigentum einzutragenden Dienstbarkeit sein. Dies gelte auch, wenn Ausübungsbereich der Dienstbarkeit nicht das Sondernutzungsrecht allein, sondern dieses neben dem Sondereigentum sei. Gegenstand des Sondernutzungsrechts sei das gemeinschaftliche Eigentum, über das der sondernutzungsberechtigte Wohnungseigentümer nicht durch Belastung mit einer Dienstbarkeit verfügen könne.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Das Grundbuchamt hätte eine Zwischenverfügung mit diesem Inhalt nicht erlassen dürfen.

Durch den Erlaß einer Zwischenverfügung sollen dem Antragsteller der Rang und die sonstigen Rechtswirkungen, die sich nach dem Eingang des Antrags richten (§ 879 BGB i.V.m. §§ 17, 45 GBO; §§ 878, 892 Abs. 2 BGB; Demharter GBO 22. Aufl. § 13 Rn. 9 ff.), erhalten bleiben. Dies ist nur gerechtfertigt, wenn der Mangel des Antrags mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann. Denn andernfalls könnte der Antragsteller einen ihm nicht gebührenden Rechtsvorteil erlangen. Der Erlaß einer Zwischenverfügung ist daher ausgeschlossen, wenn der Mangel nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann (BGHZ 27, 310/313; BayObLGZ 1984, 126/128; 1988, 229/231; BayObLG MittBayNot 1996, 296 f.; OLG Frankfurt Rpfleger 1990, 292; Demharter Rn. 8, KEHE/Herrmann GBR 4. Aufl. Rn. 16, jeweils zu § 18).

Mit einer Zwischenverfügung kann deshalb nicht aufgegeben werden, das dingliche Recht, dessen Eintragung beantragt ist, inhaltlich abzuändern oder durch ein anderes Recht zu ersetzen (BayObLG Rpfleger 1981, 284 und 397; BayObLGZ 1984, 105/106 f.; OLG Hamm MittRhNotK 1996, 225; Demharter § 18 Rn. 32).

Gegen diesen Grundsatz verstößt die Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 9.12.1996, die eine Änderung des dinglichen Inhalts der Dienstbarkeit verlangt. Sie kann deshalb ebensowenig Bestand haben wie die sie bestätigende Entscheidung des Landgerichts.

III.

Für das weitere Verfahren wird bemerkt:

Der Senat hat im Beschluß vom 30.4.1997 (WuM 1997, 386) daran festgehalten, daß eine Dienstbarkeit an einem Wohnungseigentum nicht mit dem Inhalt eingetragen werden kann, daß Ausübungsbereich das Sondernutzungsrecht an gemeinschaftlichem Eigentum ist. Belastungsgegenstand der Dienstbarkeit in der Form eines Wohnungsrechts (§§ 1090, 1093 BGB) soll im vorliegenden Fall das Wohnungseigentum mit der Maßgabe sein, daß Inhalt des dinglichen Rechts auch das Recht auf alleinige Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums sein soll, soweit den Beteiligten daran ein Sondernutzungsrecht eingeräumt ist. Dies kann nicht zulässiger Inhalt einer Dienstbarkeit sein. Das Sondernutzungsrecht beruht auf einer schuldrechtlichen Vereinbarung der Wohnungseigentümer über ihr Verhältnis untereinander in Abweichung von § 13 Abs. 2 WEG (§ 10 Abs. 1 Satz 2 WEG). Es wird nur insoweit verdinglicht, als es durch Eintragung im Grundbuch als Inhalt de...

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