Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwiderhandlung gegen die Straßenverkehrszulassungsordnung
Verfahrensgang
AG München (Urteil vom 31.05.1990) |
Tenor
I. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 31. Mai 1990 wird zugelassen.
II. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das angeführte Urteil aufgehoben.
III. Der Betroffene wird freigesprochen.
IV. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen hat die Staatskasse zu tragen.
Tatbestand
I.
Am 31.5.1990 verhängte das Amtsgericht München gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Nichtbetreibens eines Kontrollgeräts gemäß § 57 a Abs. 2 und 3, § 69 a Abs. 3 Nr. 25 a StVZO eine Geldbuße.
Nach den Feststellungen des Urteils befuhr der Betroffene am 22.1.1990 mit dem Pkw …, der mit 3 Sitzplätzen ausgerüstet ist und ein zulässiges Gesamtgewicht von 2 800 kg aufweist, öffentliche Straßen in … Bei dieser Fahrt war der eingebaute Fahrtschreiber nicht in Betrieb. Der Betroffene hätte sich nach Meinung des Amtsgerichts darüber Kenntnis verschaffen können und müssen, daß eingebaute Fahrtschreiber ordnungsgemäß zu betreiben sind. Mit seiner Rechtsbeschwerde, deren Zulassung er beantragt, rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG). Die somit zulässige Rechtsbeschwerde ist auch begründet und führt zum Freispruch des Betroffenen.
Die zuständigen Polizei- und Bußgeldbehörden in München sowie die Staatsanwaltschaft München I und das Amtsgericht München vertreten den Standpunkt, § 57 a Abs. 3 StVZO sei dahin auszulegen, daß auch freiwillig eingebaute Kontrollgeräte bei Fahrten auf öffentlichen Straßen ordnungsgemäß zu betreiben sind.
Diese Auffassung kann nicht geteilt werden. Im angefochtenen Urteil ist das in das Fahrzeug eingebaute Gerät teils als Kontrollgerät, überwiegend jedoch als Fahrtschreiber bezeichnet. Aber auch wenn man unterstellt, es habe sich um ein EWG-Kontrollgerät gehandelt, hat der Betroffene keine Ordnungswidrigkeit begangen.
Sollte es sich, was nach den Urteilsfeststellungen naheliegt – es ist dort nie von einem EWG-Kontrollgerät die Rede –, nur um einen Fahrtschreiber gehandelt haben, so würde sich die Einbau- und Benutzungspflicht nach § 57 a Abs. 1 und Abs. 2 StVZO richten. § 57 a Abs. 1 StVZO bestimmt, welche Fahrzeuge mit einem eichfähigen Fahrtschreiber auszurüsten sind. Hierunter fällt ein Pkw-Kombi mit 2 800 kg zulässigem Gesamtgewicht, wie er hier vom Betroffenen gesteuert wurde, nicht. § 57 a Abs. 2 StVZO ordnet zwar unter anderem an, daß der Fahrtschreiber vom Beginn bis zum Ende jeder Fahrt ununterbrochen in Betrieb sein muß. Mit der Formulierung „Der Fahrtschreiber muß vom Beginn bis zum Ende …” in § 57 a Abs. 2 StVZO nimmt der Verordnungsgeber aber auf den nach § 57 a Abs. 1 StVZO erforderlichen Fahrtschreiber Bezug und erfaßt nicht etwa freiwillig eingebaute Geräte.
Die gegenteilige Auffassung widerspricht außerdem dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift. Nach § 57 a Abs. 1 StVZO hält es der Verordnungsgeber nur bei einem umgrenzten Kreis von schweren oder zur Beförderung von Personen bestimmten Fahrzeugen mit mehr als 8 Fahrgastplätzen für erforderlich, durch die Einbau- und Benutzungspflicht eines Fahrtschreibers die Kontrolle von Geschwindigkeit und Fahrweise zu erleichtern. In der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr vom 10.10.1951 (BT-Drs Nr. 2674 – 1. WP 1949) ist angeführt, im Interesse der Verkehrssicherheit müsse bei Fahrzeugen, bei denen die sich aus Gewicht und Höchstgeschwindigkeit ergebende kinetische Energie besonders hoch sei, der Einbau eines Fahrtschreibers und die Benutzungspflicht angeordnet werden. Dieser Gesetzeszweck erfordert nicht, auch bei Kraftfahrzeugen, bei denen die Voraussetzungen für die Einbaupflicht nicht vorliegen, dem Benutzer nur deshalb einen Zwang zur Benutzung des Fahrtschreibers aufzuerlegen, weil sich der Besitzer freiwillig ein solches Gerät hatte einbauen lassen. So vertreten auch Jagusch/Hentschel (Straßenverkehrsrecht 30. Aufl. StVZO § 57 a Rn. 4) die Auffassung, daß freiwillig eingebaute Fahrtschreiber nicht benutzt werden müssen (vgl. hierzu auch BMV vom 1.12.1966, StV 2 – 2184 k/66, abgedruckt bei Barth/Wehrmeister StVZO-Stand 1.4.1990 – § 57 a Rn. 10).
Das Verhalten des Betroffenen wird auch nicht von § 7 c Abs. 1 Nr. 1 FPersG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3821/85 erfaßt. Nach Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung i.V.m. Art. 4 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3820/85 gelten diese Bestimmungen nicht für Beförderungen mit Fahrzeugen, die zur Güterbeförderung dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger 3,5 t nicht übersteigt. In Art. 3 VO (EWG) Nr. 3821/85 werden Einbau und Benützung des Kontrollgeräts gleichgestellt, indem dort angeführt ist, wann das Kontrollgerät eingebaut und benutzt werden muß. Die Pflicht zur Benutzung vom Umstand des tatsächlichen Einbaus des Kontrollgerä...