Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses
Leitsatz (amtlich)
1. Sieht die Gemeinschaftsordnung für Gebäude und Tiefgarage gesonderte Kostenverteilungsschlüssel vor, ist ein Beschluß der Wohnungseigentümer, nach dem künftig nur noch eine Instandhaltungsrücklage unter Anwendung des für das Gebäude geltenden Kostenverteilungsschlüssels angesammelt wird, wegen Verstoßes gegen die Gemeinschaftsordnung nichtig.
2. Es bleibt offen, ob die Befristung der Anschlußrechtsbeschwerde durch die ZPO-Reform Auswirkungen auf das Wohnungseigentumsverfahren hat.
Normenkette
WEG § 16 Abs. 2, § 21 Abs. 3, 5 Nr. 4; ZPO n.F. § 574 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 24.01.2002; Aktenzeichen 7 T 647/01) |
AG Augsburg (Aktenzeichen 3 UR II 259/99) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner und die Anschlußrechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 24. Januar 2002 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Nichtigkeit des Eigentümerbeschlusses vom 18. November 1999 über die Ansammlung einer Instandhaltungsrücklage festgestellt wird.
II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und die dem Antragsteller in diesem Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.270 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die zum Zeitpunkt der maßgeblichen Beschlußfassung von der weiteren Beteiligten zu 2 verwaltet wurde und nunmehr von der weiteren Beteiligten zu 1 verwaltet wird. Nach der Teilungserklärung vom 25.1.1968 besteht die Wohnanlage aus zwei Wohngebäuden mit insgesamt 52 Wohnungen und einem Geschäft sowie einer versetzt zu den Wohngebäuden errichteten Tiefgarage mit 30 Pkw-Abstellplätzen. Die Tiefgarage steht mit Ausnahme eines Stellplatzes, an dem Teileigentum begründet ist, im Gemeinschaftseigentum. An 29 Abstellplätzen wurden Sondernutzungsrechte begründet und einzelnen Wohnungseigentümern zugewiesen. Die Oberfläche der Tiefgarage ist teilweise begrünt; auf ihr befinden sich elf oberirdische Abstellplätze. Nach der Teilungserklärung besteht für diese keine Nutzungsregelung; vielmehr müssen die jeweiligen Benutzer an die Gemeinschaft eine monatliche Entschädigung entrichten, über deren Höhe die Eigentümer entscheiden.
§ 6 (Lasten und Kosten) der Gemeinschaftsordnung (GO) lautet wie folgt:
(1) Die Sondereigentümer sind im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zur Ansammlung einer Instandsetzungsrücklage für das gemeinschaftliche Eigentum verpflichtet.
(2) Die Sondereigentümer sind im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile verpflichtet, alle Unkosten aufzubringen, die für das Gesamtobjekt anfallen.
Hierzu gehören insbesondere
- die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des Gebäudes und des Grundstücks, wozu auch alle Reinigungskosten gehören,
- die öffentlichen Abgaben und Lasten,
- die Kanalgebühren,
- …
- …
- …
- …
- die Kosten der Beleuchtung der gemeinschaftlichen Teile des Gebäudes.
(2a) Sämtliche Kosten und Lasten für die Tiefgarage und soweit solche unmittelbar durch die Benützung der Tiefgarage entstehen, haben die 30 Benützer zu gleichen Teilen zu tragen.
Bis in das Jahr 1993 wurde eine einheitliche Instandhaltungsrücklage gebildet, die die Tiefgarage nicht berücksichtigte. Am 19.10.1993 beschlossen die Wohnungseigentümer, für die Tiefgarage eine eigene Rücklage anzusammeln. Den Antrag von Wohnungseigentümern, diesen Beschluß für ungültig zu erklären, wies das Amtsgericht am 30.3.1994 rechtskräftig ab. Demgemäß wurden in der Folgezeit für Wohngebäude und Tiefgarage gesonderte Rücklagen gebildet.
Am 18.11.1999 faßten die Wohnungseigentümer folgenden Beschluß:
Künftig wird nur noch eine Instandhaltungsrücklage für Haus und Garage angespart. Diese Rücklage wird gleichmäßig von allen 1000/1000stel Anteilen angesammelt.
Die derzeit vorhandene Instandhaltungsrücklage wird als Grundlage in diese gemeinsame Instandhaltungsrücklage eingebracht.
Der Antragsteller hat unter anderem diesen Beschluß fristgerecht angefochten. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 18.1.2001 dem Antrag auf Ungültigerklärung stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht mit Beschluß vom 24.1.2002 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner, der der Antragsteller entgegengetreten ist und Anschlußrechtsbeschwerde mit dem Ziel eingelegt hat, daß zu seinen Gunsten eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens angeordnet wird.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsmittel des Antragstellers und der Antragsgegner haben keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der angegriffene Beschluß der Wohnungseigentümer sei nicht nichtig. Er befasse sich mit einer Änderung oder Neufassung der Regelung über die Instandhaltungsrücklage. Hierbei handle es sich um eine Verwaltungs...