Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenrecht. Anfechtung einer isolierten Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts in einer Nachlasssache
Leitsatz (redaktionell)
Im Erbscheinsverfahren bemißt sich der Geschäftswert eines Rechtsmittels nicht nach dem Interesse einer Mehrzahl von Beteiligten, sondern allein nach der Bedeutung des Rechtsmittels für den Rechtsmittelführer selbst und das von ihm verfolgte wirtschaftliche Interesse. Demgemäß kann der Geschäftswert als Anhaltspunkt für den Wert angesehen werden, den die staatliche Leistung für den Rechtsmittelführer hat. Sein Kostenrisiko steht auch nicht außer Verhältnis zu dem mit dem Verfahren angestrebten wirtschaftlichen Erfolg.
Normenkette
KostO §§ 30, 131 Abs. 2; FGG §§ 13a, 20 Abs. 1, § 20a Abs. 1, § 27 Abs. 2; KostO § 14 Abs. 3 S. 1, § 31 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 28.03.1995; Aktenzeichen 16 T 18438/94) |
AG München (Aktenzeichen 65 VI 15510/93) |
Tenor
I. Die sofortigen weiteren Beschwerden des Beteiligten zu 1 und der Beteiligten zu 2 gegen die Nr. 2 des Beschlusses des Landgerichts München I vom 28. März 1995 werden zurückgewiesen.
II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen die Nr. 1 des Beschlusses des Landgerichts München I vom 28. März 1995 wird verworfen.
III. Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 28. März 1995 in Nr. 1 abgeändert und der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 16 000 000 DM festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
IV. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben der Beteiligten zu 3 die im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
V. Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird für den Beteiligten zu 1 auf 45 000 DM und für die Beteiligte zu 2 auf 9 500 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Erblasser war verwitwet und hatte keine ehelichen Abkömmlinge. Der Beteiligte zu 1 ist sein Bruder. Die im Jahr 1951 geborene Beteiligte zu 3 ist die nichteheliche Tochter des Erblassers, mit der er im Jahr 1976 einen vorzeitigen Erbausgleich vereinbart hat. Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus Immobilienvermögen.
Der Erblasser hat mehrere letztwillige Verfügungen hinterlassen. In seinem letzten Testament vom 26.9.1993 hat er seinen Bruder, den Beteiligten zu 1, zum „Haupterben” bestimmt, der Beteiligten zu 2 ein Hausgrundstück „samt Inhalt” zugewendet sowie angeordnet, daß der Beteiligte zu 1 und die Beteiligte zu 2 Testamentsvollstrecker sein sollten. Aufgrund dieser letztwilligen Verfügung hat der Beteiligte zu 1 beim Nachlaßgericht einen Erbschein als Alleinerbe beantragt. Gleichzeitig hat er angegeben, der geschätzte Wert des Immobilienvermögens betrage 7 bis 8 Mio. DM.
Die zunächst nicht anwaltlich vertretene Beteiligte zu 3 hat die Anfechtung des Testaments vom 26.9.1993 erklärt und die Ansicht vertreten, der vorzeitige Erbausgleich sei nichtig. Sie hat einen Erbschein als Alleinerbin aufgrund gesetzlicher Erbfolge beantragt. Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 28.6.1994 den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3 zurückgewiesen und die Erteilung eines den Beteiligten zu 1 als Alleinerben ausweisenden Erbscheins sowie eines Testamentsvollstreckerzeugnisses für den Beteiligten zu 1 und die Beteiligte zu 2 angekündigt. Die Beteiligte zu 3 hat Beschwerde eingelegt, jedoch – nunmehr vertreten durch einen Rechtsanwalt – ihr Rechtsmittel am 24.1.1995 zurückgenommen. Mit Schriftsatz vom 15.3.1995 hat der Beteiligte zu 1 mitgeteilt, der Wert der Grundstücke betrage 21 950 000 DM, der Wert des Reinnachlasses 21 250 000 DM.
Das Landgericht hat mit Beschluß vom 28.3.1995 den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 5,5 Mio. DM festgesetzt (Nr. 1) und ausgesprochen, daß außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet würden (Nr. 2). Dieser Beschluß ist den Beteiligten jeweils am 11.4.1995 zugestellt worden. Der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1 hat am 24.4.1995 im Namen seines Mandanten sofortige weitere Beschwerde gegen die Kostenentscheidung und im eigenen Namen Beschwerde gegen die Festsetzung des Geschäftswerts eingelegt. Er hat beantragt, den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 21 500 000 DM festzusetzen. Die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 haben am 20.4.1995 „für die Beteiligte zu 2” sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung und Beschwerde gegen die Geschäftswertfestsetzung eingelegt. Die Beteiligte zu 3 ist den Rechtsmitteln entgegengetreten. Den Geschäftswertbeschwerden hat das Landgericht mit Beschluß vom 2.8.1995 nicht abgeholfen. Der Senat hat zum Geschäftswert des Erbscheinsverfahrens, insbesondere zum Verkehrswert der Grundstücke, eine Stellungnahme des Bezirksrevisors beim Landgericht eingeholt. Dieser hat beantragt, den Geschäftswert auf 21 250 000 DM festzusetzen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Rechtsmittel sind zulässig, soweit sie sich gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts wenden. Sowei...