Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung Erbeinsetzung und Vermächtnis
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnis, wenn 38 Personen mit den Nachlaß erschöpfenden Geldbeträgen bedacht werden.
2. Zur Frage, wann für die Beschwerdebefugnis nach § 20 Abs. 1 FGG die bloße Behauptung eines subjektiven Rechts, das durch die angefochtene Verfügung beeinträchtigt wäre, genügt.
3. Geschäftswert bei Beschwerdeeinlegung durch mehrere Miterben mit gleichem Verfahrensziel.
Normenkette
BGB §§ 133, 2084, 2087, 2258, 2353; FGG § 20 Abs. 1; KostO § 30
Verfahrensgang
LG Regensburg (Aktenzeichen 5 T 466/00) |
AG Straubing (Aktenzeichen VI 503/98) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 15. Januar 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß Nr. 1 dieses Beschlusses folgende Fassung erhält:
Die Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 werden, soweit sie sich gegen die Zurückweisung ihres Erbscheinsantrags richten, zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Nichteinziehung des Testamentsvollstreckerzeugnisses richten, verworfen.
II. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben dem Beteiligten zu 3 die diesem im Verfahren der weiteren Beschwerden entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 69.096 EUR (135.140 DM) festgesetzt.
Der vom Landgericht für das Beschwerdeverfahren festgesetzte Geschäftswert wird abgeändert auf 69.096 EUR (135.140 DM).
Tatbestand
I.
Die 1998 im Alter von 82 Jahren verstorbene Erblasserin war Landwirtin gewesen. Ihr Ehemann war bereits 1988 verstorben. Sie hatte keine Kinder. Seit einem stationären Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik vom 12.11.1993 bis 9.3.1994 war für sie ein Betreuer bestellt, zu dessen Aufgabenkreis auch die Vermögenssorge – mit Einwilligungsvorbehalt – gehörte. Der Reinnachlaß betrug rund 280.000 DM.
Die Erblasserin hatte am 17.6.1991 und am 6.4.1992 notariell beurkundete Testamente errichtet. Mit dem ersteren setzte sie ihren Großneffen G., dem sie bereits zu Lebzeiten ihr Anwesen und ein weiteres Grundstück übertragen hatte, zu ihrem alleinigen Erben ein. Sie belastete ihn mit Geldvermächtnissen im Gesamtbetrag von 296.000 DM zugunsten von 45 Personen aus ihrer Verwandtschaft und der Verwandtschaft ihres Ehemannes sowie einer Schwägerin. Falls die Mittel des Nachlasses nicht ausreichen sollten, war die anteilige Kürzung der Vermächtnisse angeordnet; für den Fall, daß die Geldmittel des Nachlasses nach Befriedigung aller Vermächtnisse nicht erschöpft sein sollten, ordnete die Erblasserin ein weiteres Vermächtnis zugunsten eines Bruders in Höhe von 10.000 DM an; falls auch damit der Nachlaß nicht erschöpft sein sollte, bestimmte sie, daß das restliche Vermögen zunächst – nach näherer Bestimmung des von ihr ernannten Testamentsvollstreckers – zu verwenden sei, um Messen für sie und ihren Ehemann lesen zu lassen; der Rest sei – wiederum nach dem Ermessen des Testamentsvollstreckers – kirchlichen Einrichtungen zuzuwenden, die der Erziehung oder der Pflege von Kindern gewidmet seien.
Mit dem weiteren notariell beurkundeten Testament vom 6.4.1992 bestimmte sie unter Aufhebung aller bisher errichteter Verfügungen von Todes wegen, daß 35 Personen aus ihrer Verwandtschaft und der Verwandtschaft ihres Ehemannes, ersatzweise deren Abkömmlinge, ferner eine Schwägerin und eine kirchliche Stiftung Beträge zwischen 2.000 und 10.000 DM im Gesamtbetrag von 206.000 DM erhalten sollten. Falls der Nachlaß nicht ausreiche, bleibe der dem „Neffen” G. zugewandte Betrag (von 4.000 DM) unberührt; die übrigen Beträge seien prozentual zu kürzen. „Sollte der Wert meines Nachlasses größer sein als die Summe der Beträge, dann sind alle Beträge im gleichen Verhältnis entsprechend zu erhöhen.” Ferner bestimmte sie:
„III.
Mein Neffe G. bzw. die etwa an seine Stelle getretenen Abkömmlinge sind verpflichtet, mein Grab auf die Dauer einer Umlegungsperiode zu pflegen und die Kosten der Beerdigung zu zahlen, soweit sie nicht von einer Versicherung gedeckt sind. Zu den Beerdigungskosten gehört auch die Aufstellung eines Grabsteines.
Der Neffe G., ersatzweise die an seine Stelle getretenen Abkömmlinge, und die … (kirchliche Stiftung) sind ferner verpflichtet, für mich und meinen verstorbenen Ehemann Messen lesen zu lassen.
IV.
Ich ordne Testamentsvollstreckung an. Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, meinen Nachlaß zu Geld zu machen und dieses sodann unter die Miterben zu verteilen. …”
Das Nachlaßgericht eröffnete neben diesen beiden notariell beurkundeten Testamenten drei eigenhändige Testamente der Erblasserin, die die Beteiligte zu 2 bzw. die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 und 2 abgeliefert hatten. Das eigenhändige Testament vom 11.3.1996 lautet:
„Testament
Hiermit erkläre ich … (Erblasserin)
wohnhaft im Marienstift S.
ohne Mitwirkung anderer
meinen letzten Willen was übrig bleibt
soll … (die Beteiligten zu 1 und 2)
und Rita K. …
und Christa W. …
nach meinen Tod zum Erben ...