Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbenermittlung. Ablehnung der Rechtshilfe
Leitsatz (amtlich)
Hat der Rechtspfleger ein Ersuchen um Rechtshilfe abgelehnt, so setzt ein zulässiger Antrag gemäß § 159 Abs. 2 GVG voraus, daß die Ablehnung des Ersuchens im Wege der Erinnerung in entsprechender Anwendung des § 11 Abs. 2 RPflG vom Richter des ersuchten Gerichts überprüft und vorgelegt worden ist.
Normenkette
GVG § 159; RPflG § 11 Abs. 2
Tenor
Hat der Rechtspfleger ein Ersuchen um Rechtshilfe abgelehnt, so setzt ein zulässiger Antrag gemäß § 159 Abs. 2 GVG voraus, daß die Ablehnung des Ersuchens im Wege der Erinnerung in entsprechender Anwendung des § 11 Abs. 2 RPflG vom Richter des ersuchten Gerichts überprüft und vorgelegt worden ist.
Tatbestand
I.
In einem Nachlaßverfahren vor dem Amtsgericht S. hat der mit der Sache befaßte Rechtspfleger das Amtsgericht R. im Wege der Rechtshilfe um „sachdienliche Einvernahme” von zwei als Erben in Betracht kommenden Personen gebeten. Der Rechtspfleger des Amtsgerichts R. hat das Ersuchen abgelehnt. Daraufhin hat der Rechtspfleger die Sache dem Richter des Ausgangsgerichts vorgelegt, der die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung über die Ablehnung der Rechtshilfe vorgelegt hat. Eine Überprüfung der das Ersuchen ablehnenden Entscheidung des Rechtspflegers durch den Richter des ersuchten Gerichts wurde nicht herbeigeführt.
Der 1. Zivilsenat, der zuletzt die Auffassung vertreten hat, daß im Rahmen einer Entscheidung gemäß § 159 GVG die Vorschriften über die Erinnerung nach § 11 RPflG nicht anwendbar seien (Beschluß vom 17.9.1993, FamRZ 1994, 639), hat dem Großen Senat für Zivilsachen folgende Rechtsfrage vorgelegt:
Setzt die Entscheidung eines Rechtshilfestreits gemäß § 159 GVG voraus, daß, wenn die Ausführung des Ersuchens in den Aufgabenkreis des Rechtspflegers fällt, die das Ersuchen ablehnende Entscheidung des Rechtspflegers des ersuchten Gerichts durch den Richter dieses Gerichts im Rahmen eines Erinnerungsverfahrens gemäß § 11 RPflG überprüft worden ist?
In der Vorlage ist unter anderem ausgeführt:
Seit der 3. Zivilsenat – entgegen der früher in Bayern vertretenen Praxis – die Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts zur Entscheidung des Rechtshilfestreits in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bejaht (BayObLGZ 1992, 271) und der 1. Zivilsenat (FamRZ 1994, 639) sich dem angeschlossen hat, sei davon auszugehen, daß alle Zivilsenate des Gerichts mit Anträgen gemäß § 159 Abs. 2 GVG befaßt werden können. Es sei daher geboten, eine einheitliche Rechtsprechung des Gerichts zu der Frage sicherzustellen, ob dann, wenn die Ausführung des Ersuchens in den Aufgabenkreis des Rechtspflegers fällt, ein Antrag gemäß § 159 Abs. 2 GVG voraussetzt, daß die ablehnende Entscheidung des Rechtspflegers durch den Richter des ersuchten Gerichts gemäß § 11 RPflG überprüft worden ist. Aus den vom 1. Zivilsenat erholten Stellungnahmen der anderen Zivilsenate gehe hervor, daß die vom 1. Zivilsenat zu dieser Frage zuletzt vertretene Auffassung nicht geteilt wird.
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage ist gemäß § 10 Abs. 1 EGGVG, § 132 Abs. 4 GVG zulässig. Der Große Senat für Zivilsachen ist auch in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und auch außerhalb eines Rechtsbeschwerdeverfahrens zur Entscheidung berufen (vgl. BayObLGZ 1991, 414/415).
Der Große Senat für Zivilsachen beantwortet die ihm vorgelegte Frage so, wie er sich aus dem Entscheidungssatz ergibt.
1. Die Frage, ob die Entscheidung eines Rechtshilfestreits gemäß § 159 Abs. 1 Satz 1 GVG voraussetzt, daß die das Ersuchen ablehnende Entscheidung eines Rechtspflegers durch den Richter des ersuchten Gerichts gemäß § 11 RPflG überprüft wurde, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (gegen die Durchführung eines Erinnerungsverfahrens für den Fall des Antrags durch das ersuchte Gericht OLG München Rpfleger 1973, 19 und OLG Karlsruhe Rpfleger 1994, 225 sowie allgemein für Anträge gemäß § 159 Abs. 2 GVG Bassenge/Herbst FGG/RPflG 6. Aufl. § 2 FGG Anm. 3 c und § 4 RPflG Anm. 2 a; Arnold/Meyer-Stolte RPflG 4. Aufl. § 4 Rn. 2 Buchst. n; Riedel RPflG 5. Aufl. § 4 Anm. 5 bed; Kissel GVG 2. Aufl. § 159 Rn. 3; Keidel/Kahl FGG 13. Aufl. § 2 Rn. 31; Kreppel Rpfleger 1990, 357; a.A. OLG Frankfurt OLGZ 1993, 471; Stöber Rpfleger 1967, 129/132 und 1973, 83/85; Demharter GBO 21. Aufl. § 1 Rn. 63; MünchKomm/Wolf ZPO Rn. 8 – vgl. aber auch Rn. 2 –, Zöller/Gummer ZPO 19. Aufl. Rn. 3, Baumbach/Albers ZPO 53. Aufl. Rn. 3, Wieczorek ZPO 2. Aufl. Rn. D II, jeweils zu § 159 GVG; in einem obiter dictum auch OLG Köln NJW 1972, 2000/2001; zur Frage der Zulässigkeit der Antragstellung durch den Rechtspfleger gemäß § 159 Abs. 2 GVG s. ferner OLG Karlsruhe FamRZ 1994, 638).
2. Der Große Senat für Zivilsachen teilt die auch vom vorlegenden Senat im Beschluß vom 17.9.1993 (FamRZ 1994, 639) vertretene Auffassung, daß der Rechtspfleger des ersuchenden Gerichts im Rahmen des ihm übertragenen Aufgabenbereichs selbständig eine Entscheidu...