Leitsatz (amtlich)

Mit der Veräußerung eines Wohnungserbbaurechts entfällt das Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung eines Beschlusses der Wohnungserbbauberechtigten, wenn der Beschluss für den Antragsteller keine Rechtsfolgen mehr auslösen kann und sein Rechtsnachfolger erklärt, dass er an der Fortführung des Verfahrens kein Interesse hat.

 

Normenkette

WEG § 30 Abs. 3, § 43 Abs. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 1 T 23970/00)

AG München (Aktenzeichen 481 UR II 307/00)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG München I vom 8.10.2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG München vom 10.11.2000 als unzulässig verworfen wird.

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens in allen Rechtszügen wird auf 34.000 Euro festgesetzt. Die Geschäftswertfestsetzungen durch die Vorinstanzen werden entsprechend abgeändert.

 

Gründe

I. Der Antragsteller war und die Antragsgegner sind Wohnungserbbauberechtigte einer aus mehreren Gebäuden bestehenden Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In einer Versammlung am 28.3.2000, in der zunächst alle Wohnungserbbauberechtigten anwesend oder vertreten waren, wurden zahlreiche Beschlüsse, teils einstimmig, teils mit Mehrheit gefasst.

Der Antragsteller hat beim AG beantragt, die Beschlüsse zu Tagesordnungspunkt (TOP) 12, 16, 18 (mehrere Teilbeschlüsse) und 19 für ungültig zu erklären. Er hat vor allem gerügt, von vertretenen Wohnungserbbauberechtigten seien keine schriftlichen Vollmachten vorgelegt worden, der Beschluss zu TOP 12 sei nicht von der Einladung gedeckt, zu TOP 16 und 19 sei zu Unrecht schriftlich und damit geheim abgestimmt worden und bei den Beschlüssen zu TOP 18 sei die Ankündigung in der Einladung zu unklar gewesen.

Das AG hat mit Beschluss vom 10.11.2000 die Anträge zurückgewiesen. Der Antragsteller hat dagegen sofortige Beschwerde eingelegt. Während des Beschwerdeverfahrens veräußerte der Antragsteller seine Wohnung; seit 9.7.2001 sind neue Wohnungserbbauberechtigte im Grundbuch eingetragen. Diese haben auf Anfrage des LG mitgeteilt, sie hätten kein Interesse an der Fortführung des Verfahrens. Der Antragsteller hat dennoch an seinen Anträgen auf Ungültigerklärung der Beschlüsse zu TOP 12, 16, 18 und 19 festgehalten.

Mit Beschluss vom 8.10.2001 hat das LG die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat dagegen sofortige weitere Beschwerde eingelegt, die er nicht näher begründet hat.

II. Das zulässige Rechtsmittel des Antragstellers ist im Ergebnis ohne Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt: Der Eigentümerwechsel während des Beschwerdeverfahrens habe zwar grundsätzlich auf das Verfahren keinen Einfluss. So bleibe es in entsprechender Anwendung von § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO bei der Verfahrenszuständigkeit der Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Der Antragsteller bleibe auch weiterhin Verfahrensbeteiligter. Doch könne die Veräußerung des Wohnungserbbaurechts zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses an der Fortführung des Verfahrens führen. Insbesondere könne das Rechtsschutzinteresse an der Ungültigerklärung von Beschlüssen der Wohnungserbbauberechtigten entfallen, wenn die Ungültigerklärung für den Antragsteller keinerlei Rechtsfolgen mehr auslöse und sein Rechtsnachfolger an der Fortführung des Verfahrens kein Interesse habe.

So liege es im vorliegenden Fall hinsichtlich aller angefochtenen Beschlüsse. Bei dem Beschluss zu TOP 12 könne sich der Antragsteller ohnehin nicht auf die fehlende Ankündigung des Beschlussgegenstands in der Einladung berufen, weil alle Erbbauberechtigten anwesend oder vertreten gewesen seien und trotz Kenntnis des Einberufungsmangels den Beschluss ohne Widerspruch gefasst hätten. Die angefochtenen Beschlüsse hätten auch keinerlei finanzielle Auswirkungen für den Antragsteller.

2. Die Entscheidung des LG hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

Nach der Rechtsprechung des Senats (z.B. BayObLG WuM 1998, 511 m.w.N.), der sich die Literatur weitgehend angeschlossen hat (Niedenführ/Schulze/WEG, 5. Aufl., vor §§ 43 ff. Rz. 105; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 3. Aufl., Rz. 569; Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 43 Rz. 103; Staudinger/Wenzel, WEG, Vorbem. zu §§ 43 ff. Rz. 64 und § 43 Rz. 43), entfällt das Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses mit der Veräußerung des Wohnungseigentums unbeschadet des Fortbestands der Verfahrensführungsbefugnis entsprechend § 265 ZPO, wenn der Beschluss für den Antragsteller keinerlei Rechtsfolgen mehr auslösen kann und sein Rechtsnachfolger erklärt, dass er an der Fortführung des Verfahrens kein Interesse hat. Dass dieser Grundsatz auch für das Wohnungserbbaurecht gilt, ergibt sich aus § 30 Abs. 3 S. 2 WEG.

Das LG hat mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat Bezug nimmt, den Wegfall de...

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