Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwiderhandlung gegen das Fahrpersonalgesetz nach Anhörung der Staatsanwaltschaft
Verfahrensgang
AG Kitzingen (Urteil vom 16.02.1984) |
Tenor
I. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Kitzingen vom 16. Februar 1984 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, daß er statt einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit nach § 57 a Abs. 1, § 69 a Abs. 3 Nr. 25 a StVZO in Verbindung mit § 24 StVG, einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit nach Art. 15 Satz 1 VO (EWG) Nr. 1463/70 in Verbindung mit § 7 c Abs. 1 Nr. 4 a Fahrpersonalgesetz schuldig ist.
II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Tatbestand
I.
Am 16.2.1984 verhängte das Amtsgericht Kitzingen gegen den Angeklagten wegen einer fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 57 a Abs. 1, § 69 a Abs. 3 Nr. 25 a StVZO, § 24 StVG eine Geldbuße von 100 DM.
Nach den Feststellungen des Urteils fuhr der Angeklagte am 1.9.1983 mit dem Kraftfahrzeugtransporter amtliches Kennzeichen … und … (Anhänger) auf der Bundesstraße 286, obwohl das EG-Kontrollgerät Mängel aufwies. Die Geschwindigkeitsaufzeichnung begann erst knapp unter der Marke 20 km/h. Diesen Mangel hätte der Angeklagte schon Tage vorher unschwer an den Schaublättern für die vorangegangenen Fahrten erkennen können.
Der Nachweis, daß er sich auch eines Vergehens der Fälschung technischer Aufzeichnungen nach § 268 StGB schuldig gemacht habe, konnte in der Hauptverhandlung nicht geführt werden.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
Die Auffassung des Angeklagten, das Verfahren hätte wegen Verfolgungsverjährung eingestellt werden müssen, trifft nicht zu. Die dreimonatige Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG gilt nur für Verkehrsordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG. Eine solche liegt, wie unten ausgeführt wird, hier nicht vor. Für Ordnungswidrigkeiten nach Art. 15 Satz 1 VO (EWG) Nr. 1463/70 i.V.m. § 7 c Abs. 1 Nr. 4 a Fahrpersonalgesetz (FPersG) gelten die Verjährungsfristen des § 31, OWiG (vgl. hierzu Lütkes/Meier/Wagner Straßenverkehr Leitzahl 19 FPersG § 7 Anm. 7). Bei einer Bußgeldandrohung wie hier bis zu 500 DM (§ 7 c Abs. 1 Nr. 4 a und Abs. 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 OWiG) beträgt gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 4 OWiG die Verjährungsfrist 6 Monate. Tatzeit war am 1.9.1983. Das Urteil vom 16.2.1984 erging vor Ablauf der Sechsmonatsfrist.
Der Schuldvorwurf, er habe ein Kraftfahrzeug trotz defekter Kontrollgeräts in Betrieb genommen, wird von dem Vorwurf des Strafbefehls, der Angeklagte habe das EG-Kontrollgerät so manipuliert, daß höhere Geschwindigkeiten aufgezeichnet wurden und dadurch bei Fahrten mit diesem Kraftfahrzeug u.a. am 1.9.1981 fehlerhafte Aufzeichnungen verursacht wurden, miterfaßt. Damit liegt auch hinsichtlich der vorliegenden Tat eine wirksame Anklageerhebung vor.
Zu Unrecht hat das Amtsgericht allerdings auf den angeführten Sachverhalt die Vorschriften der Straßenverkehrszulassungsordnung und des Straßenverkehrsgesetzes zur Anwendung gebracht.
Gemäß § 57 a Abs. 3 StVZO gelten nämlich die Vorschriften der Straßenverkehrszulassungsordnung über den Fahrtschreiber und das Kontrollgerät dann nicht, wenn das Fahrzeug mit einem Kontrollgerät im Sinn der Verordnung (EWG) Nr. 1463/70 ausgerüstet ist. Dies ist bei dem Kraftfahrzeugtransporter des Angeklagten der Fall (Art. 3 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1463/70). Auf den Betrieb des Kontrollgeräts finden gemäß § 57 a Abs. 3 StVZO die Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 1463/70 Anwendung. Nach Art. 15 dieser Verordnung haben u.a. auch die Mitglieder des Fahrpersonals für den ordnungsgemäßen Betrieb des Geräts zu sorgen. Sorge für den ordnungsgemäßen Betrieb des Geräts beinhaltet nicht nur die Wartung und Instandhaltung des Geräts, sondern insbesondere auch das Abstellen von Mängeln am Gerät und damit das Abstellen mangelhafter oder gar falscher Aufzeichnungen (vgl. hierzu Wolf Sozialvorschriften für den Straßenverkehr, Stand 1.11.1983 VO (EWG) Nr. 1463/70 Art. 15 Anm. 3). Diese Auslegung entspricht nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem Ziel des Verordnungsgebers, der mit dieser Regelung die jederzeitige Überprüfbarkeit und Einhaltung der Sozialvorschriften sicherstellen wollte (vgl. hierzu Begründung zur VO (EWG) Nr. 1463/70 vor Kapitel 1). Die Aufzeichnungen des EG-Kontrollgeräts ersetzen die Eintragungen im persönlichen Kontrollbuch nach Art. 14 VO (EWG) Nr. 543/69).
Als Mängel kommen nicht nur solche in Frage, die die Überprüfung der in Art. 17 VO (EWG) Nr. 1463/70 geforderten Eintragungen, also insbesondere der Lenk- und Ruhezeiten beeinträchtigen. Die EG-Sozialvorschriften für den Straßenverkehr stellen zwar in erster Linie Arbeitsschutzbestimmungen für das Fahrpersonal dar. Sie dienen aber auch dem Schutz des Straßenverkehrs vor den erheblichen Gefahren, die von übermüdeten Kraftfahrern ausgehen (vgl. hierzu BT-Drucks 7/4336; BayObLGSt 1982, 8 = MDR 1982, 603 Leitsatz)...