Entscheidungsstichwort (Thema)
Fälschung technischer Aufzeichnungen
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Urteil vom 15.12.2000) |
Tenor
I. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 15. Dezember 2000 mit den Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Richter des Amtsgerichts Nürnberg zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Am 11.8.2000 fuhr der Angeklagte mit einem Sattelzug seiner Arbeitgeberfirma, amtliches Kennzeichen …/… von Wesel nach Bedheim. Die Zugmaschine war mit dem vorgeschriebenen EG Kontrollgerät ausgerüstet. Bei Fahrtantritt gegen 10.45 Uhr legte der Angeklagte eine mit seinem Namen ausgefüllte Diagrammscheibe in das Gerät und führte den Zug anschließend bis 15.30 Uhr. Sodann entnahm er die Diagrammscheibe und legte sie in das sog. Zweitfahrerfach des Kontrollgerätes ein. Gleichzeitig legte er in das Fahrerfach ein ebenfalls mit seinem Namen versehenes neues Schaublatt ein und setzte seine Fahrt ohne Ruhepause fort. Hierdurch wollte der Angeklagte den Eindruck erwecken, daß er selbst ab 15.30 Uhr nur noch Beifahrer war und ein anderer Fahrer die Zugmaschine führte, obwohl es während der gesamten Fahrt keine zweiten Fahrer gab. Wie von ihm beabsichtigt, zeichnete die im Zweitfahrerfach liegende erste Diagrammscheibe eine Ruhezeit auf, obwohl der Angeklagte das Fahrzeug tatsächlich führte. Durch sein Handeln wollte er die Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstlenkzeit vertuschen. Nach 15.30 Uhr legte der Angeklagte mit dem Fahrzeug weitere 126 km bis zum Zielort Bedheim zurück.
Die Staatsanwaltschaft hatte wegen dieses Sachverhalts einen Strafbefehl wegen Fälschung technischer Aufzeichnungen beantragt.
Das Amtsgericht Nürnberg lehnte durch Beschluß vom 16.11.2000 den Erlaß dieses Strafbefehls ab und beraumte Hauptverhandlung an.
Am 15.12.2000 verurteilte es den Angeklagten „wegen vier rechtlich zusammentreffender vorsätzlicher Zuwiderhandlungen gegen
Art. 13 der EWG-VO 3821/85 i.V.m. § 10 Nr. 1 b der Fahrpersonal-VO (Als Fahrer nicht für ordnungsgemäße Verwendung des Kontrollgeräts gesorgt),
Art. 15 Abs. 2, Unterabs. 1, Satz 2 EWG-VO 3821/85 i.V.m. § 10 Nr. 3 a Fahrpersonal-VO (Schaublatt vor Ende der täglichen Arbeitszeit entnommen),
Art. 15 Abs. 3 a der EWG-VO 3821/85 i.V.m. § 10 Nr. 3 c Fahrpersonal-VO (Als Fahrer die Schaltvorrichtung des Kontrollgeräts nicht so betätigt, daß Lenkzeiten ordnungsgemäß aufgezeichnet wurden),
Art. 7 Abs. 1 EWG-VO 3820/85 i.V.m. § 9 Nr. 1 c Fahrpersonal-VO (Unterbrechung oder Ruhezeit nicht eingelegt) nach § 8 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 FPersG zu einer Geldbuße von 500 DM.”
Hiergegen richtet sich die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts beanstandet und eine Verurteilung wegen Fälschung technischer Aufzeichnungen erstrebt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig (§ 335 Abs. 1, §§ 312, 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO), aber unbegründet, soweit sie zuungunsten des Angeklagten eingelegt ist, führt jedoch zugunsten des Angeklagten zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an die Vorinstanz.
1. Eine Verurteilung nach § 268 StGB ist aufgrund der vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen nicht möglich.
Eine störende Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang im Sinne des § 268 Abs. 3 StGB kann sich zum einen auf die Anzeigeeinrichtung, zum anderen aber auf den Gegenstand (Medium) der Darstellung beziehen. Da die technische Aufzeichnung in Abs. 2 der Vorschrift durch die Selbsttätigkeit des technischen Geräts gekennzeichnet ist, sind daher alle jene Eingriffe in diese Selbsttätigkeit als störende Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang zu qualifizieren. Fremdbetätigungen des technischen Geräts, die von seiner Funktionsweise her vorgesehen sind (wie z.B. Öffnen und Schließen des Geräts, Einlegen und Entnehmen von Schaublättern) fallen demnach nicht hierunter. Entscheidend ist somit, ob das Gerät seiner ordnungsgemäßen Funktionsweise entsprechend nicht so bedient werden kann, und nicht, ob es aufgrund von Umständen, die außerhalb seiner Funktionsweise liegen, nicht so bedient werden darf.
Dementsprechend sind in der Rechtsprechung als störende Einwirkung angesehen worden das Verbiegen des Geschwindigkeitsschreibers (BayObLGSt 1995, 46) und das Verstellen der Zeituhr des Kontrollgeräts (BayObLG MDR 1986, 688; OLG Hamm NJW 1984, 2173) oder das Verwenden gerätefremder Diagrammscheiben (BGHSt 40, 26). Hierher gehören auch das Einkleben eines Fremdkörpers in die Aussparung des Abdeckblechs auf der Rückseite des Fahrtschreibers und das Verändern des Zahnzahlenverhältnisses am Ausgleichsgetriebe (vgl. Gerlach/Mergenthaler Kraftverkehrskontrolle Band II – Stand Dezember 2000 – StGB § 268 Rn. 7).
Nicht als störende Einwirkung ist angesehen worden das Nichtaufziehen des Uhrwerks, Nichteiniegen eines Schaublatts (vgl. BayObLG bei Rüth DAR 1969, 225/231), das Abschalten des Geräts durch Öff...