Entscheidungsstichwort (Thema)
Testament
Leitsatz (redaktionell)
Ist der Erklärungsgegner im Zeitpunkt des Zugangs der Widerrufserklärung geschäftsunfähig, kann ein gemeinschaftliches Testament nicht wirksam widerrufen werden.
Normenkette
BGB § 104 Nr. 2, § 2271 Abs. 1 S. 1, § 2296 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Beschluss vom 10.01.2002; Aktenzeichen 24 T 144/97) |
AG Bad Kissingen (Aktenzeichen VI 645/96) |
Tenor
Der Antrag der Beteiligten auf Prozeßkostenhilfe für das Verfahren der von ihr eingelegten weiteren Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Schweinfurt vom 10. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligte begehrt einen Erbschein als Alleinerbin des Erblassers. Dieser war in kinderloser Ehe mit Anna T. verheiratet. Am 17.3.1976 verfaßten die Eheleute ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten, ohne einen Schlußerben zu bestimmen. Am 16.8.1996 schloß der Erblasser mit der Beteiligten, die die Ehefrau bereits seit zwei Jahren gepflegt hatte, einen Erbvertrag, in dem er seine Ehefrau als befreite Vorerbin und die Beteiligte als Nacherbin einsetzte und in dem diese sich verpflichtete, nach seinem Tod die Ehefrau bei sich aufzunehmen und weiterhin zu pflegen. Ebenfalls am 16.8.1996 erklärte der Erblasser zu notarieller Urkunde den Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments vom 17.3.1976. Am 19.8.1996 händigte der Erblasser seiner Ehefrau eine Ausfertigung der Widerrufserklärung aus. Die Ehefrau setzte auf dem Schlußblatt der notariellen Urkunde ihre Unterschrift unter das in fremder Schrift eingetragene Wort „einverstanden:”.
Am 1.9.1996 verstarb der Erblasser. Seine Ehefrau Anna T. wurde am 10.9.1996 wegen einer Lungenentzündung in das Krankenhaus eingewiesen und verstarb dort am 21.9.1996 im Alter von 89 Jahren, ohne eine weitere letztwillige Verfügung hinterlassen zu haben. Sie wurde kraft Gesetzes beerbt.
Das Nachlaßgericht lehnte den Erbscheinsantrag der Beteiligten mit Beschluß vom 13.5.1997 ab. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde der Beteiligten wies das Landgericht nach Beweisaufnahme über die Geschäftsfähigkeit der Ehefrau des Erblassers Anna T. am 19.8.1996 mit Beschluß vom 23.4.1999 zurück. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten hob der Senat mit Beschluß vom 8.2.2000 die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verwies die Sache zu neuer Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück. Dieses wies nach erneuter Beweisaufnahme mit Beschluß vom 10.1.2002 den Antrag der Beteiligten auf Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin des Erblassers aufgrund Nacherbfolge gemäß Erbvertrag vom 16.8.1996 zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten. Zugleich hat sie Prozeßkostenhilfe für das Verfahren der weiteren Beschwerde beantragt und erklärt, daß die weitere Beschwerde nur für den Fall der Gewährung von Prozeßkostenhilfe eingelegt werde.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag auf Prozeßkostenhilfe war zurückzuweisen, da die weitere Beschwerde der Beteiligten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 14 FGG i.V.m. §§ 114, 119 Abs. 1 Satz 1, § 127 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
1. Die weitere Beschwerde ist unzulässig, weil sie unter der Bedingung der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe eingelegt worden ist. Die bedingte Einlegung eines Rechtsmittels ist nicht zulässig. Verfahrenshandlungen, die unmittelbare Rechtswirkungen erzeugen, indem sie das Verfahren oder einen Rechtszug einleiten, aufrechterhalten, ausschließen oder beenden, sind einer Bedingung nicht zugänglich (vgl. BGH RR 1990, 67/68; Jansen FGG 2. Aufl. § 21 Rn. 14; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 19 Rn. 51). Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten ist bereits mit gerichtlichem Schreiben vom 4.8.1999 darauf hingewiesen worden, daß gegen die Zulässigkeit eines unter einer Bedingung eingelegten Rechtsmittels Bedenken bestehen.
2. Die weitere Beschwerde der Beteiligten hätte allerdings auch in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO). Zur Frage der Geschäftsfähigkeit der Anna T. am 19.8.1996 bei Empfangnahme der Widerrufserklärung des Erblassers betreffend das gemeinschaftliche Testament vom 17.3.1976 hat das Landgericht ein neues Sachverständigengutachten eingeholt, das von dem Leiter einer Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie verfaßt wurde, der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ist. Es hat, um die für die Begutachtung noch erforderlichen Anknüpfungstatsachen zu gewinnen, die mit Anna T. in den letzten Jahren befaßten Ärzte Dr. R., Dr. D., Dr. S. und Prof. Dr. K. in Anwesenheit des Sachverständigen einvernommen. Das Landgericht hat damit die Aufklärungsmöglichkeiten ausgeschöpft, die eine Beurteilung der Geschäftsfähigkeit der Anna T. am 19.8.1996 ermöglichen.
Auch die Beweiswürdigung des Landgerichts ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Es ist wie der von ihm nunmehr bestellte Sachverständige von einem zutreffe...