Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Eigentümerbeschluß ist grundsätzlich nicht deswegen ungültig, weil die Versammlungsniederschrift lediglich festhält, daß er mit Mehrheit gefaßt wurde, ohne die Anzahl der Für- und Gegenstimmen anzugeben.

2. Der Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Aufnahme von Punkten in die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung ist gegen den Verwalter gerichtlich gelten zu machen. Zur Auslegung eines solchen Antrags, der sich gegen die übrigen Wohnungseigentümer richtet, als Antrag gegen den Verwalter.

3. Zum Rechtsmißbrauch bei der Geltendmachung des Anspruchs auf Aufnahme von Punkten in die Tagesordnung einer Eigentümerversammlung.

 

Normenkette

BGB § 242; WEG § 23 Abs. 2, § 24 Abs. 1, § 43 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Würzburg (Aktenzeichen 3 T 1770/00)

AG Würzburg (Aktenzeichen UR II 59/00)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Würzburg vom 16. November 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren in allen Rechtszügen wird auf 4.000 DM festgesetzt; die Wertfestsetzung der Vorinstanzen wird entsprechend abgeändert.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller (ein Ehepaar) und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus sechs Wohnungen bestehenden Anlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Die Verwalterin lud für den 12.4.2000 zu einer Eigentümerversammlung ein.

Am 5.4.2000 übergaben ihr die Antragsteller eine aus zwölf aneinandergeklebten Seiten im DIN A 3-Format bestehende Schriftrolle. Eingangs erklärte der Antragsteller: „Bitte planen Sie bei der Versammlung eine Dauer von 7–8 Stunden ein. Denn solange wird es dauern, Ihren Saustall aufzudröseln”. Die Seiten zwei bis neun enthielten Erklärungen und Anträge zu den einzelnen Punkten der Tagesordnung mit der abschließenden Bemerkung: „Wie Sie also sehen … wird es eine lange Nacht geben. Versuchen Sie ja nicht, die Punkte abzuwürgen. Da raste ich aus”. Unter der Überschrift: „Und nun zu meinem Lieblingsthema verschiedenes” beanstandete der Antragsteller anschließend zunächst das Verhalten einzelner Wohnungseigentümer und erklärte u. a.: „Ich … erkläre hiermit allen Betroffenen den totalen Parkkrieg.” … „Nachdem ich oder meine Frau von der Familie … und Frau … angezeigt wurde, schlagen wir natürlich mit voller Macht zurück”. Es folgten die als „Renovierungsvorschläge” bezeichneten Anträge:

  • Anbringung größerer Briefkästen
  • Einbau einer videoüberwachten Sprechanlage
  • Einbau einer behindertengerechten Ausfahrt von der Hofseite
  • Neubau eines Fahrradabstellplatzes
  • Einbau einer großvolumigen Regenwasserzisterne
  • Einbau einer Solaranlage auf dem Dach für Warmwasser
  • Einbau einer Photovoltaikanlage zur Stromgewinnung
  • Einbau eines Treppenlifts für die alten Miteigentümer
  • Einbau von 4 Einzimmereigentumswohnungen
  • Abriss der zwei Garagen und Bau eines Parkdoppeldecks
  • Abriss der Balkone im 1. und 2. Stock
  • Abriss der vorderen Treppe weil diese im Winter und bei Regen lebensgefährlich ist.

Abschließend erklärte der Antragsteller: „Nachdem ich jetzt viel Zeit habe, werde ich ununterbrochen gegen Sie vorgehen. Sie können für meine Briefe schon neue Ordner anlegen lassen. Weitere 100 Punkte werde ich noch bei der Versammlung ausführlich erläutern. Ich hoffe, daß Sie sich an diesen Punkten die Zähne ausbeißen. Ich habe mir geschworen, jeden einzelnen bis an den Rand der Verzweiflung zu treiben. Denn was die Hausgemeinschaft versucht mit uns zu treiben, dürfte einmalig sein …”.

In der Versammlung vom 12.4.2000 waren alle sechs Wohnungseigentümer mit 1000/1000 Miteigentumsanteilen anwesend. Die Schriftrolle wurde im Versammlungszimmer ausgelegt. Der als Versammlungsleiter tätige Vertreter der Verwalterin wies der Versammlungsniederschrift zufolge auf den Eingang der Schriftrolle der Antragsteller hin und erklärte, die darin enthaltenen Anträge und Vorwürfe sollten nicht zur Kenntnis genommen oder diskutiert werden, „nachdem die Form übliches Geschäftsgebaren entbehrt”. Die Mehrheit der Wohnungseigentümer erklärte sich mit diesem Vorgehen einverstanden.

Zu Punkt 6 der Tagesordnung (Schadensbehebung des nur provisorisch reparierten Rohrbruchs im Bereich Kellerdecke über Sauna) teilte der Versammlungsleiter mit, im Sommer letzten Jahres sei in diesem Bereich wieder ein „Rohrleck” aufgetreten. Eine fachgerechte Behebung sei nicht möglich gewesen, da die Rohrkrümmung in die Kellerdecke hinein nur provisorisch habe erneuert werden können. Es wäre teilweise notwendig gewesen, die Arbeiten vom Badezimmer der Antragsteller aus zu erledigen, diese verweigerten jedoch den Zutritt zur Wohnung. Eine Terminabsprache zur Ortsbesichtigung habe trotz mehrfacher Versuche der Verwalterin bisher nicht getroffen werden können. Der technische Mitarbeiter der Verwalterin habe ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?