Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausspähen von Daten

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Urteil vom 05.03.1998)

 

Tenor

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 5. März 1998 aufgehoben.

II. Gegen den Angeklagten werden wegen drei sachlich zusammentreffender Ordnungswidrigkeiten des unbefugten Datenabrufs Geldbußen von je 1 000 DM (insgesamt 3 000 DM) festgesetzt.

Der Angeklagte hat diese Beträge bis spätestens 15. Oktober 1998 zu bezahlen.

III. Seine weitergehende Revision wird verworfen.

IV. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen in erster Instanz.

Die Gerichtsgebühr für das Revisionsverfahren wird um die Hälfte ermäßigt. Von den im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen und den dem Angeklagten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen tragen die Staatskasse und der Angeklagte je die Hälfte.

Angewendete Vorschriften:

Art. 37 Abs. 1 Nr. 3 BayDSG, § 20 OWiG.

 

Tatbestand

I.

Das Amtsgericht Nürnberg verurteilte den Angeklagten am 5.3.1998 wegen Ausspähens von Daten in drei Fällen (§§ 202 a, 53 StGB) zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 100 DM.

Nach den Feststellungen war der Angeklagte in den Jahren 1996 und 1997 als Polizeiobermeister bei der VPI-VU N eingesetzt und ausschließlich mit der Bearbeitung von Verkehrsdelikten befaßt. Am 17.6.1996, 12.12.1996 und 2.3.1997 führte er dreimal unter seiner ihm ausschließlich für dienstliche Zwecke erteilten Benutzerkennung private Anfragen aus der Vorgangsdatei des Polizeipräsidiums Mittelfranken über einen gewissen V V durch. Dabei war ihm bekannt, daß es ihm verboten war, ohne dienstlichen Anlaß Abfragen aus dem genannten Dateiensystem vorzunehmen. Am 6.6.1997 hat das Polizeipräsidium Mittelfranken Strafantrag wegen Ausspähens von Daten gegen den Angeklagten gestellt.

Zur Strafzumessung führte das Amtsgericht aus: Zugunsten des Angeklagten konnte berücksichtigt werden, daß er den äußeren Sachverhalt einräumte. Auch ist er nicht vorbestraft. Weiterhin ging das Gericht zugunsten des Angeklagten davon aus, daß durch sein Verhalten keinerlei Schaden entstanden ist. Sämtliche Taten konnten daher noch durch Geldstrafen geahndet werden. Angemessen erschien für jede Tat eine solche von 20 Tagessätzen.

Bei der Festsetzung des Tagessatzes legte das Amtsgericht einen monatlichen Nettoverdienst von 3 200 DM zugrunde.

Mit der Revision rügt der Angeklagte die Verletzung des materiellen Rechts. Er beantragt Aufhebung des Ersturteils und Freispruch, hilfsweise Zurückverweisung.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige, als Sprungrevision zu behandelnde Rechtsmittel hat nur einen Teilerfolg.

1. Das Ersturteil ist aufzuheben, da seine Feststellungen für eine Verurteilung nach § 202 a StGB nicht ausreichen. Das vom Angeklagten benutzte Dateiensystem des Polizeipräsidiums Mittelfranken war für ihn generell zugänglich, da er es im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit benutzen durfte und wohl häufig auch mußte. Der Angeklagte hat sich lediglich ungetreu verhalten, weil er die drei Abrufe von Daten ohne dienstlichen Anlaß tätigte. Dies ändert jedoch nichts daran, daß diese Daten „für ihn bestimmt” waren (LK StGB 10. Aufl. § 202 a Rn. 9 und 10; Tröndle StGB 48. Aufl. Rn. 7, 8; Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. Rn. 6).

2. Auch § 203 Abs. 2 StGB ist nicht erfüllt. Dahinstehen kann dabei, ob die vom Angeklagten abgerufenen Daten der Vorgangsdatei des Polizeipräsidiums Mittelfranken Geheimnisse im Sinn dieser Vorschrift sind (s. hierzu unten 3). Das Amtsgericht konnte jedoch nicht feststellen, daß der Angeklagte die von ihm abgerufenen Daten an andere Personen weitergegeben, also offenbart hat, so daß eine Bestrafung nach § 203 StGB schon deswegen ausscheidet.

3. In Frage kommen jedoch Vergehen nach § 43 Abs. 1 Nr. 3 BDSG (vom 20.12.1990) oder Ordnungswidrigkeiten nach Art. 37 Abs. 1 Nr. 3 BayDSG vom 23.7.1993. Nach beiden Vorschriften wird bestraft, wer unbefugt vom jeweiligen „diesem”) Gesetz geschützte personenbezogene Daten, die nicht offenkundig sind, … abruft.

Letztere Voraussetzungen sind nach den Feststellungen erfüllt. Die Daten der genannten Vorgangskartei sind – im Gegensatz zu den von den zuständigen Behörden gespeicherten Kfz- und Halterdaten (s. hierzu OLG Hamburg DAR 1998, 149) – nicht offenkundig. Es handelt sich insoweit vielmehr um die Speicherung von Vorgängen, die eine polizeiliche Tätigkeit veranlaßt haben. Die betreffenden Daten bestehen somit aus weit über die Personalien der beteiligten Personen hinausgehenden Feststellungen, die auch der Kontrolle und Rechtfertigung polizeilichen Einschreitens, der Beweissicherung und als Hintergrundwissen für zukünftige polizeiliche Maßnahmen dienen. Es liegt auf der Hand, daß diese Daten in der Regel nur der Polizei selbst, allenfalls noch Behörden, keinesfalls aber einer unbestimmten Anzahl von anderen Personen zugänglich sein sollen.

Der Angeklagte hat auch unbefugt Daten abgerufen. Das Abrufen derartiger Daten ist nämlich nur zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllun...

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