Entscheidungsstichwort (Thema)

Duldung einer Funkantenne

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Gefahr, daß die Duldung der von einem Wohnungseigentümer vorgenommenen baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums zu weiteren, das Erscheinungsbild der Wohnanlage stärker umgestaltenden Maßnahmen anderer Wohnungseigentümer führen könnte, kann für sich allein die Feststellung nicht ersetzen, daß eine bauliche Veränderung zu einer nicht ganz unerheblichen nachteiligen Veränderung des optischen Erscheinungsbilds der Wohnanlage geführt hat. Es kann aber im Rahmen einer etwa vorzunehmenden Interessenabwägung als zusätzliches Argument Bedeutung haben.

2. Entscheidet das Gericht ohne Zuziehung eines Sachverständigen darüber, ob eine bauliche Maßnahme (hier Belastung des Flachdachs mit Steinen zur Sicherung einer dort aufgestellten Funkantenne) nachteilige Auswirkungen auf das gemeinschaftliche Eigentum hat, so muß es in nachvollziehbarer Weise seine Sachkunde darlegen.

 

Normenkette

FGG § 12; WEG § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 08.02.1999; Aktenzeichen 14 T 10693/98)

AG Erlangen (Urteil vom 19.10.1998; Aktenzeichen 7 UR II 51/98)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. Februar 1999 mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 4.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Der Ehemann der Antragstellerin stellte mit deren Zustimmung auf dem Flachdach unmittelbar über der im obersten Stockwerk gelegenen Wohnung der Antragstellerin eine 2,20 m hohe Funkantenne auf; er verband sie mit dem Blitzableiter und mit einem dunklen Kabel über die Attika und durch ein Bohrloch in der Außenwand mit der Wohnung. Die Antenne ist an einem eisernen Gestell montiert, dessen vier Arme auf dem Boden mit Steinplatten beschwert sind. Eine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer oder des Verwalters lag nicht vor. Bei Bauarbeiten an der Fassade wurde das Kabel durchgetrennt und entfernt. Auf die Aufforderung, dem Ehemann der Antragsteller in die Wiederherstellung des Kabels zu ermöglichen, in Zukunft Eingriffe in die Funkantenne und in das Kabel zu unterlassen und eine Schadensersatzpflicht wegen Entfernung des ursprünglichen Kabels dem Grunde nach anzuerkennen, forderte der Verwalter seinerseits mit Schreiben vom 31.7.1998 den Ehemann der Antragstellerin auf, die Antenne bis zum 30.08.1998 zu entfernen.

Mit dem Antrag vom 14.8.1998 sollen die Antragsgegner verpflichtet werden, die von der Antragstellerin und deren Ehemann angebrachte Funkantenne nebst zugehörigem Kabel zu dulden. Das Amtsgericht hat den Antrag am 29.10.1998 abgewiesen, das Landgericht die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde mit Beschluß vom 8.2.1999 zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Das zulässige Rechtsmittel der Antragstellerin führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Antragstellerin habe keinen Anspruch gegen die Gemeinschaft darauf, daß die Antenne geduldet werde. Deren Aufstellung sei eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Antragstellerin und ihr Ehemann hätten durch das Anbringen der Antenne das Erscheinungsbild der Wohnanlage umgestaltet; die Umgestaltung sei auch auf Dauer angelegt.

Eine solche bauliche Veränderung bedürfe grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Ein Ausnahmefall gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG liege nicht vor. Die Antragstellerin sei die erste Eigentümerin, die eine Antenne auf dem Dach errichtet habe. Zwar möge es sein, daß der optische Gesamteindruck noch nicht erheblich beeinträchtigt sei. Nach § 14 Nr. 1 WEG sei aber darauf abzustellen, ob durch die bauliche Veränderung den anderen Wohnungseigentümern ein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil entstehe. Unter einem Nachteil sei dabei jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen. Darunter falle auch eine Beeinträchtigung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage. Es sei dabei auch zu berücksichtigen, daß dann, wenn der Antragstellerin die Anbringung der Funkantenne erlaubt würde, dies anderen Wohnungseigentümern schwerlich versagt werden könnte. Die Aufstellung mehrerer Funkantennen auf dem Flachdach würde den Gesamteindruck aber erheblich nachteilig verändern.

Eine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG liege aber auch darin, daß die Antenne einerseits nicht sicher verankert sei, andererseits mit erheblichem Gewicht das im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Flachdach belaste, wodurch nachteilige Auswirkungen auf das gemeinschaftl...

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