Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassung
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen UR II 898/94) |
LG München I (Aktenzeichen 1 T 16961/95) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 25. März 1996 insoweit aufgehoben, als die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Amtsgerichts München vom 11. August 1995 hinsichtlich des Antrags zurückgewiesen worden ist, den Antragsgegnern bei Meidung von Ordnungsmitteln zu untersagen, einen Windfang/Wintergarten aus Glas mit bewehrtem Unterbeton im Eingangsbereich ihres Hauses zu errichten und die Antragsgegner zu verpflichten, insoweit bereits angebrachte Bauteile zu beseitigen. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller und auf die Anschlußrechtsbeschwerde der Antragsgegner wird auch die Kostenentscheidung des Landgerichts aufgehoben.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an das Landgericht München I zurückverwiesen.
III. Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 30 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus zwei Wohnhäusern mit jeweils zwei Doppelhaushälften besteht. Den Antragstellern und den Antragsgegnern gehört je eine Doppelhaushälfte, die einander gegenüberliegen. Mit dem Wohnungseigentum der Antragsteller und dem der Antragsgegner ist jeweils ein Sondernutzungsrecht an einer Grundstücksfläche verbunden. Die Grundstücksflächen grenzen aneinander.
Die Antragsgegner ließen auf ihrer Sondernutzungsfläche Baumaßnahmen durchführen. Es handelt sich dabei um Vorarbeiten für die Errichtung eines Zaunes und einer Gartentür in Stahl mit elektrischem Türöffner in einer Höhe von 1,50 m einschließlich eines 20 cm hohen Betonsockels sowie um Vorarbeiten für einen Windfang/Wintergarten aus Glas im Eingangsbereich des Hauses. Für die Errichtung des Windfangs/Wintergartens wurde den Antragsgegnern eine Baugenehmigung erteilt. Die Baumaßnahmen sind noch nicht abgeschlossen; die Antragsgegner beabsichtigen aber, sie zu Ende zu führen.
Nach der Gemeinschaftsordnung kann jeder Wohnungseigentümer seine Sondernutzungsfläche wie ein Alleineigentümer nutzen; die Zustimmung eines anderen Wohnungseigentümers zu baulichen Maßnahmen ist nur erforderlich, wenn sie auch bei einer durchgeführten Realteilung erforderlich wäre.
Die Antragsteller haben, insbesondere wegen Verstoßes gegen die öffentlich-rechtlichen Abstandsflächenvorschriften, die Beseitigung der bereits durchgeführten und die Untersagung der geplanten Baumaßnahmen beantragt. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 11.8.1995 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat am 25.3.1996 die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen, die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens den Antragstellern auferlegt und angeordnet, daß außergerichtliche Kosten, die im Beschwerdeverfahren entstanden sind, nicht zu erstatten sind. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller. Die Antragsgegner haben Anschlußrechtsbeschwerde eingelegt und beantragt, die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren den Antragstellern aufzuerlegen.
II.
Das Rechtsmittel der Antragsteller ist zum Teil begründet. Erfolg hat auch die Anschlußrechtsbeschwerde der Antragsgegner.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der geltend gemachte Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch sei nicht begründet. Die Antragsteller müßten den baulichen Veränderungen, die von den Antragsgegnern bereits durchgeführt und noch geplant seien, nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG zustimmen. Diese Vorschrift sei durch die Gemeinschaftsordnung wirksam abbedungen worden. Aus öffentlich-rechtlichen Abstandsflächenvorschriften könnten die Antragsteller kein Recht herleiten, die Baumaßnahmen der Antragsgegner zu verhindern. Sei wie hier durch Vereinbarung die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG abbedungen, dann dürften nach der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG WuM 1989, 451 f.) bauliche Veränderungen im Rahmen des öffentlich-rechtlich Zulässigen durchgeführt werden; einen Rechtsmißbrauch müßten die Wohnungseigentümer allerdings nicht hinnehmen. Hier könne offenbleiben, ob die Abstandsflächenvorschriften nach Art. 6 BayBO eingehalten seien. Der Windfang/Wintergarten sei nämlich öffentlich-rechtlich genehmigt worden. Ob die Genehmigung zu Recht erteilt worden sei, hätten die Zivilgerichte nicht zu prüfen. Ein Rechtsmißbrauch seitens der Antragsgegner sei weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Antragsteller könnten auch aus den nachbarrechtlichen Vorschriften der §§ 906 ff. BGB und Art. 43 ff. AGBGB kein Recht herleiten, die Baumaßnahmen der Antragsgegner zu verhindern. Die genannten Vorschriften seien hier allerdings entsprechend anwendbar, weil die Grenzen zwischen den Sondern...