Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrug. Revision. Aufhebung. Zurückverweisung. Sachrüge. Berufung. Berufungsurteil. Ersturteil. Berufungsbeschränkung. Rechtsfolgenausspruch. Schuldspruch. Feststellungen. Schaden. Vermögensschaden. Vermögensnachteil. Betrugsschaden. unklar. lückenhaft. widersprüchlich. knapp. strafbar. Pkw. Gebrauchtwagen. Gebrauchtwagenkauf. Gebrauchtwagenhändler. Zusatzleistungen. Generalüberholung. Autoreifen. Kaufpreis. Kaufpreiszahlung. Täuschung. Irrtum. Vermögensverfügung. Leistungsfähigkeit. Leistungswilligkeit. Austauschverhältnis. Gesamtsaldierung. wirtschaftlich. Vermögenszuwachs. Vermögensminderung. Gesamtwert. Verkehrswert. Gegenanspruch. Kompensation. Übereignung. Strafzumessung. Qualifikation. Regelbeispiel. Strafrahmen. Gewerbsmäßigkeit. Bindungswirkung. Strafzumessungsregel. doppelrelevant
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ist unwirksam, wenn sich im Falle einer Verurteilung wegen Betrugs aus dem amtsgerichtlichen Urteil nicht ergibt, ob dem Getäuschten ein Schaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB entstanden ist.
2. Im Falle der wirksamen Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch besteht keine Bindung des Berufungsgerichts gemäß § 327 StPO an die amtsgerichtlichen Feststellungen zum gewerbsmäßigen Handeln im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 1. Alt. StGB. Vielmehr hat die Berufungskammer insoweit eigene Feststellungen zu treffen.
Normenkette
StGB § 263 Abs. 1, 3 S. 2 Nr. 1 Alt. 1; StPO § 318 S. 1, §§ 327, 333, 341 Abs. 1, §§ 344-345, 349 Abs. 4, §§ 353, 354 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Würzburg (Entscheidung vom 27.06.2023) |
Tenor
I.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 27.06.2023 mit den Feststellungen aufgehoben.
II.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Würzburg zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten am 21.06.2022 wegen Betrugs in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Auf die hiergegen gerichtete, auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht mit Urteil vom 27.06.2023 das Urteil des Amtsgerichts im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt wird. Mit seiner gegen das Berufungsurteil gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.
II.
Die statthafte (§ 333 StPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO) Revision des Angeklagten ist begründet und führt auf die Sachrüge hin zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils (§ 349 Abs. 4 StPO) und Zurückverweisung der Sache.
1. In den Fällen II. 1. und 3. des amtsgerichtlichen Urteils ist das Landgericht zu Unrecht von der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch gemäß § 318 Satz 1 StPO ausgegangen und hat deshalb keine eigenen Feststellungen zum Schuldspruch getroffen. Dies hat das Revisionsgericht aufgrund der Sachrüge von Amts wegen zu prüfen, weil das Fehlen erforderlicher Feststellungen durch die Berufungskammer einen sachlich-rechtlichen Mangel des Berufungsurteils darstellt.
a) Zwar ist die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch grundsätzlich zulässig. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die dem Schuldspruch im angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Feststellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art unklar, lückenhaft, widersprüchlich oder so knapp sind, dass sich Art und Umfang der Schuld nicht in dem zur Überprüfung des Strafausspruchs notwendigen Maße bestimmen lassen und die erstinstanzlichen Feststellungen deshalb keine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Berufungsgerichts sein können (vgl. nur BGH, Beschl. v. 27.04.2017 - 4 StR 547/16 = BGHSt 62, 155 = NJW 2017, 2482 = NZV 2017, 433 = StraFo 2017, 280; Urt. v. 02.12.2015 - 2 StR 258/15 = StV 2017, 314) oder unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat (vgl. etwa BGH, Urt. v. 06.08.2014 - 2 StR 60/14 = NStZ 2014, 635 und Urt. v. 19.03.2013 - 1 StR 318/12 = wistra 2013, 463; BayObLG, Beschl. v. 03.07.2023 - 202 StRR 34/23; 18.03.2021 - 202 StRR 19/21, jew. bei juris).
b) Derartige zur Unwirksamkeit der Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch führende Defizite haften dem erstinstanzlichen Urteil hinsichtlich des Schuldspruchs wegen Betruges in den Fällen II. 1. und 3. des amtsgerichtlichen Urteils an, weil unklar bleibt, ob der Angeklagte den Straftatbestand des Betrugs verwirklicht hat. Aus den Feststellungen des Amtsgerichts ergibt sich nämlich nicht, ob die Getäuschten jeweils einen Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB erlitten haben.
aa) Das Amtsgericht hat insoweit im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
(1) Fall II.1:
Der Angeklagte verkaufte am 13.02.2021 einen gebrauchten Pkw an den E. zum Preis von 2.750 Euro. Hierbei...