Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertretung in der Eigentümerversammlung
Verfahrensgang
LG Regensburg (Aktenzeichen 7 T 273/96) |
AG Regensburg (Aktenzeichen 13 UR II 15/96) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 23. September 1996 aufgehoben.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Regensburg vom 29. Mai 1996 wird zurückgewiesen.
III. Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus sechs Wohnungen bestehenden Wohnanlage. Die Antragstellerin ist nicht verheiratet. Sie lebt seit etwa 10 Jahren in ihrer Wohnung zusammen mit ihrem Lebensgefährten, der mit ihr nicht verwandt ist und auch nicht Wohnungseigentümer in der Wohnanlage ist.
In § 13 der als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung vom Jahr 1985 ist bestimmt, daß sich jeder Wohnungseigentümer in der Versammlung durch seinen Ehegatten, einen Verwandten in gerader Linie oder durch einen anderen Gemeinschafter vertreten lassen kann. Die Wohnungseigentümer duldeten es in der Vergangenheit wiederholt, daß die Antragstellerin von ihrem Lebensgefährten in Eigentümerversammlungen vertreten wurde. In der Versammlung vom 3.4.1996 wurde der Lebensgefährte der Antragstellerin jedoch unter Hinweis auf § 13 der Gemeinschaftsordnung nicht als Vertreter der Antragstellerin zugelassen.
Die Antragstellerin hat beantragt festzustellen, daß sie berechtigt ist, sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Vertreter, hilfsweise durch ihren Lebensgefährten, vertreten zu lassen. Außerdem hat sie beantragt, eine einstweilige Anordnung mit diesem Inhalt zu erlassen. Das Amtsgericht hat am 29.5.1996 die Anträge abgewiesen. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 23.9.1996 diese Entscheidung abgeändert und festgestellt, daß die Antragstellerin berechtigt ist, sich durch ihren Lebensgefährten in den Eigentümerversammlungen vertreten zu lassen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg; es führt zur Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung und damit zur Abweisung sämtlicher Feststellungsanträge.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Der Hauptantrag sei unbegründet, weil die Vertretungsregelung des § 13 der Gemeinschaftsordnung zulässig sei. Die Wohnungseigentümer sollten ihre Meinungsverschiedenheiten unter sich austragen. Eine Regelung, nach der sie sich nur durch bestimmte, dem eigenen Kreis nahestehende Personen vertreten lassen dürfen, sei daher nicht zu beanstanden. Der Hilfsantrag sei jedoch begründet. Zwar gehöre der Lebensgefährte der Antragstellerin nicht zu den in § 13 der Gemeinschaftsordnung genannten Personen. Er sei aber im Sinne dieser Bestimmung dem Ehegatten gleichzustellen. Sinn und Zweck der Vertretungsbeschränkung sei es, gemeinschaftsfremde Einwirkungen fernzuhalten. Durch das lange Zusammenleben der Antragstellerin mit ihrem Lebensgefährten in einem eheähnlichen Verhältnis habe dieser Einblick in die gemeinschaftsrechtlichen Zusammenhänge ähnlich einem Ehegatten. Hinzu komme, daß der Lebensgefährte schon zweimal als Vertreter zugelassen worden sei.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Angelegenheiten, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer diese durch Beschluß entscheiden können, werden durch Beschlußfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet (§ 23 Abs. 1 WEG). Eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung, die das Recht eines Wohnungseigentümers, sich in der Eigentümerversammlung vertreten zu lassen, auf bestimmte Personen beschränkt, insbesondere auf den Ehegatten, Verwandte, andere Wohnungseigentümer oder den Verwalter, wird in Rechtsprechung und Schrifttum ganz überwiegend als zulässig angesehen; sie ist weder gemäß §§ 134, 138 BGB nichtig, noch verstößt sie grundsätzlich gegen Treu und Glauben im Sinne von § 242 BGB (BGHZ 99, 90 = NJW 1987, 650 m.w.N.; ausdrücklich bestätigt in BGHZ 121, 236/238 = NJW 1993, 1329; ferner BayObLGZ 1981, 161/163; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 1294; Palandt/Bassenge BGB 55. Aufl. § 25 WEG Rn. 2; vgl. aber auch KG NJW-RR 1995, 147 f.). Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 11.11.1986 (BGHZ 99, 90/96) offengelassen, ob im Einzelfall Ausnahmen wegen Unzumutbarkeit nach Treu und Glauben geboten sein können, weil Anhaltspunkte hierfür in dem von ihm zu entscheidenden Fall nicht vorlagen. In seiner Entscheidung vom 29.1.1993 (BGHZ 121, 236/240) hat er die Möglichkeit bejaht, daß die Gemeinschaft unter Umständen nach Treu und Glauben gehalten sein könne, auf der Vertretungsbeschränkung der Gemeinschaftsordnung nicht zu bestehen, hat aber offen...