Leitsatz (amtlich)
1. Es ist regelmäßig ermessensfehlerfrei, wenn die Vergabekammer, um eine einheitliche Handhabung zu gewährleisten und Transparenz sicherzustellen, zur Ermittlung der von ihr zu erhebenden Gebühren mittels einer Gebührentabelle von Richtwerten ausgeht (wie BayObLG Beschl. v. 20.1.2004 Verg 21/03).
2. Der Umstand, dass eine Ausschreibung zu mehreren Nachprüfungsanträgen verschiedener Bieter führt, macht eine Gebührenbemessung der Vergabekammer nach den jeweils an der Auftragssumme bemessenen Richtwerten nicht schon deshalb ermessensfehlerhaft, weil keine Abschläge wegen geringeren personellen und sachlichen Aufwands im Hinblick auf die Einarbeitung in den Vorgang gemacht werden. Anderes kann gelten, wenn sich die Nachprüfungsanträge auf den jeweils gleichen Verfahrensverstoß beziehen.
Verfahrensgang
Vergabekammer Südbayern (Beschluss vom 17.02.2004; Aktenzeichen 120.3-3194.1-67-12/03) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen gegen die Gebührenfestsetzung im Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 17.2.2004 (Nr. 3 S. 1) wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerinnen haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 11.113 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Vergabestelle des Antragsgegners schrieb die Leistung "Verpflegung von Patienten und Mitarbeitern im Klinikum der Universität" Europaweit als Offenes Verfahren nach VOL/A aus. Die Leistung war in vier Lose unterteilt. Angebote konnten für alle Lose, mehrere Lose oder auch nur für ein Los eingereicht werden. Die Auftragsdauer war mit 48 Monaten angegeben; eine optionale Verlängerung um weitere 12 Monate war möglich. Die Antragstellerin zu 1) gab ein Angebot ab, das die Leistungen der Lose 1 bis 4 zum Inhalt hatte. Die Antragstellerin zu 2) gab kein eigenes Angebot ab, war aber im Angebot der Antragstellerin zu 1) ebenfalls als "Dienstleister" benannt. In der von der Vergabestelle erarbeiteten Bewertungsskala erreichte die Antragstellerin zu 1) unter den Bietern nur den achten Platz. Auf die Mitteilung, den Auftrag an einen anderen Bieter, nämlich die Beigeladene, vergeben zu wollen, erhob die Antragstellerin zu 1) am 22.12.2003 erfolglos Rüge. Mit Anwaltsschreiben vom 30.12.2003 haben beide Antragstellerinnen die vergaberechtliche Nachprüfung beantragt. Die Vergabekammer hat den Antrag dem Antragsgegner zugestellt, die Vergabeunterlagen angefordert und unter dem 21.1.2004 den erstplatzierten Bieter beigeladen. Sie hat am 12.2.2004 mündlich verhandelt und mit Beschluss vom 17.2.2004 den Nachprüfungsantrag verworfen und ausgesprochen, dass die Antragstellerinnen zu 1) und 2) die Kosten des Verfahrens zu tragen haben. Die Gebühr für das Verfahren hat die Kammer auf 17.580 Euro festgesetzt und sich hierbei an der Bruttoangebotssumme von rund 47 Mio. Euro unter Berücksichtigung der vierjährigen Vertragslaufzeit sowie der einjährigen Verlängerungsoption ausgerichtet.
Mit ihrem Rechtsmittel wenden sich die Antragstellerinnen gegen den Gebührenansatz im Beschluss der Vergabekammer. Sie machen geltend, die Vergabekammer sei von einem falschen Auftragswert ausgegangen. Dieser betrage richtig 27,3 Mio. Euro, woraus sich nach der angewandten Tabelle ein Kostenansatz von etwa 9.700 Euro ergebe. Schließlich hätte die Gebühr auch deshalb angemessen gemindert werden müssen, weil zur gegenständlichen Vergabe insgesamt drei Nachprüfungsverfahren anhängig gewesen seien. Es wäre geboten gewesen, die Verfahren zu verbinden, aber auch bei aufrechterhaltener Trennung sei die Bearbeitung wesentlich einfacher, als wenn es sich um völlig unterschiedliche Vergaben gehandelt hätte. Die Gebühr sei um mindestens 1/3 zu reduzieren.
Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten.
II. 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. BayObLG, Beschluss vom 20.1.2004 - Verg 21/03) ist die selbständige Anfechtung in Form der sofortigen Beschwerde nach §§ 116 ff. GWB gegen eine im Sachbeschluss der Vergabekammer enthaltene Kostenfestsetzungsentscheidung statthaft. Zuständig für die Entscheidung über das auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel ist das Bayerische Oberste Landesgericht. Eine mündliche Verhandlung muss nicht stattfinden.
2. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.
a) Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Kosten, nämlich Gebühren und Auslagen, zur Deckung des Verwaltungsaufwands erhoben (§ 128 Abs. 1 S. 1 GWB), deren Höhe sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens bestimmt (§ 128 Abs. 2 S. 1 GWB). Trotz des insoweit missverständlichen Wortlauts ist, entsprechend der vergleichbaren Rechtslage im Kartellverfahrensrecht (vgl. § 80 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 GWB), die wirtschaftliche Bedeutung des Gegenstands der gebührenpflichtigen Handlung Ausgangspunkt für die Gebührenbemessung (OLG Naumburg, Beschl. v. 23.4.2003 - 1 Verg 1/03, OLGReport Naumburg 2003, 485 = WuW/E ...