Leitsatz (amtlich)

1. Es ist regelmäßig ermessensfehlerfrei, wenn die Vergabekammer, um eine einheitliche Handhabung zu gewährleisten und Transparenz sicherzustellen, zur Ermittlung der von ihr zu erhebenden Gebühren mittels einer Gebührentabelle von Richtwerten ausgeht.

2. Jedenfalls bei nicht offensichtlich unzulässigen Anträgen stellt es keinen Ermessensverstoß dar, wenn die Vergabekammer, die über den Antrag mündlich verhandelt und sodann entschieden hat, die Gebühren nicht anders bemisst, wie wenn sie über die Begründetheit des Antrags entschieden hätte.

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Südbayern (Beschluss vom 12.11.2003; Aktenzeichen 120.3-3194.1-44-09/03)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Gebührenfestsetzung im Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 12.11.2003 (Nr. 3 S. 1) wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.455,10 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin, eine Eigengesellschaft der Gemeinde, schrieb die Vergabe des Auftrags für die Leistung Bohrplatzerstellung, Erstellung der Tiefbohrung und Pumptest zur Erschließung geothermischer Energie im Gemeindegebiet zunächst im Nichtoffenen Verfahren nach VOB/A Europaweit aus. Daran nahmen die Antragstellerin und die Beigeladene als Bieter teil. Das Angebot der Antragstellerin endete mit einer Bruttoangebotssumme von rund 3.85 Mio. Euro. Ende Februar 2003 hob die Antragsgegnerin die Ausschreibung auf, weil kein Angebot eingegangen war, das den Ausschreibungsbedingungen entsprach. Sie ging ins Verhandlungsverfahren über und beabsichtigte, den Zuschlag der Beigeladenen zu erteilen. Auf die Mitteilung der Antragsgegnerin vom 22.5.2003, dass die Antragstellerin im weiteren Verfahren wegen nicht nachgewiesener Eignung nicht berücksichtigt werden könne, rügte diese mit Schreiben vom 12.6.2003 die Aufhebung des Nichtoffenen Verfahrens und den Ausschluss ihres Angebots. Sie leitete sodann unter dem 18.9.2003 ein Nachprüfungsverfahren ein.

Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 13.10.2003 die Bietergemeinschaft beigeladen, auf deren Angebot der Zuschlag inzwischen erteilt ist. Zuletzt hat die Antragstellerin noch begehrt, festzustellen, dass die Auftragserteilung an die Beigeladene nichtig ist, sowie die Antragsgegnerin zu verpflichten, wieder in Verhandlungen über ihr Angebot einzutreten. Die Vergabekammer hat am 28.10.2003 mündlich verhandelt und mit Beschluss vom 12.11.2003 den Nachprüfungsantrag als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antragstellerin den vermeintlichen Vergabeverstoß nicht unverzüglich gerügt habe. Die Gebühr für das Verfahren hat die Vergabekammer auf 3.705,10 Euro festgesetzt und dazu ausgeführt, dass Gründe weder für eine Ermäßigung noch für eine Erhöhung erkennbar seien. Die wirtschaftliche Bedeutung des Gegenstands für die Antragstellerin sei an deren Bruttoangebotssumme ausgerichtet worden.

Mit ihrer am 27.11.2003 eingegangenen Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen die Gebührenfestsetzung in dem ihr am 13.11.2003 zugestellten Beschluss der Vergabekammer. Sie bringt im Wesentlichen vor, dass mit ungenügenden Argumenten nur über die Zulässigkeit, nicht aber über die Begründetheit des Nachprüfungsantrags befunden worden sei. Ferner verstoße die Festsetzung gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, wie eine Betrachtung anderer Vergabeverfahren belege. Es sei angemessen, hier die Gebühr auf die Hälfte der Mindestgebühr herabzusetzen.

II.1. Die sofortige Beschwerde nach § 116 Abs. 1 GWB ist statthaft. Der angegriffene Beschluss nach § 114 Abs. 1 GWB enthält neben der Sach- und der Kostenentscheidung in Form einer Kostengrundentscheidung auch eine Kostenfestsetzungsentscheidung, die den Anspruch des Kostengläubigers nach § 128 Abs. 1 S. 1 GWB betragsmäßig festlegt. Diese Entscheidung kann, wie aus § 14 Abs. 1, § 22 VwKostG (s. § 128 Abs. 1 S. 2 GWB) zu folgern ist, als Verwaltungsakt selbständig angefochten werden (Noelle in Byok/Jaeger, GWB, § 128 Rz. 1032). § 158 VwGO ist weder direkt noch entspr. anwendbar. Abweichend vom allgemeinen Verwaltungsrechtsweg nach § 40 VwGO ist unabhängig davon, gegen welchen Teil der regelmäßig aus mehreren Elementen bestehenden Kostenentscheidung sich die Anfechtung richtet, die sofortige Beschwerde nach §§ 116 ff. GWB zum BayObLG gegeben (st. Rspr.; z.B. BayObLG, Beschl. v. 6.6.2002 – Verg 12/02; NZBau 2000, 99). Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

2. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

a) Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Kosten, nämlich Gebühren und Auslagen, zur Deckung des Verwaltungsaufwands erhoben (§ 128 Abs. 1 S. 1 GWB), deren Höhe sich nach den personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens bestimmt (§ 128 Abs. 2 S. 1 GWB). Trotz des insoweit missverständlichen Wortl...

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