Entscheidungsstichwort (Thema)

Testamentsauslegung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist der letzte Wille des Erblassers in mehreren wirksamen Testamenten enthalten, die sich nach seiner Vorstellung ergänzen, so bilden diese Testamente in ihrer Gesamtheit die Erklärung des Erblasserwillens, soweit nicht Verfügungen in einem früheren Testament mit solchen in einem späteren Testament in Widerspruch stehen. Die Frage, ob und welche Rechte bestimmten Personen am Nachlaß zustehen, läßt sich dann nur aufgrund des Inhalts sämtlicher Testamente beurteilen.

 

Normenkette

BGB § 133

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Beschluss vom 21.06.1995; Aktenzeichen 3 T 37/95)

AG Bamberg (Aktenzeichen VI 236/93)

 

Tenor

I. Auf die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 3, 4 und 12 wird der Beschluß des Landgerichts Bamberg vom 21. Juni 1995 in Nr. 2 bis Nr. 4 aufgehoben.

II. Im Verfahren der weiteren Beschwerde und im Beschwerdeverfahren sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 288 000 DM festgesetzt.

IV. Für das Beschwerdeverfahren wird der Geschäftswert der Beschwerden der Beteiligten zu 3, 4 und 12 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Bamberg vom 16. Mai 1994 auf 288 000 DM und der Geschäftswert der Beschwerden der Beteiligten zu 5, 6 und 7 gegen diesen Beschluß auf 350 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die am 1.2.1993 im Alter von 83 Jahren verstorbene Erblasserin war verwitwet und kinderlos. Sie hatte gemeinsam mit ihrem Ehemann mehrere letztwillige Verfügungen errichtet, die auf ein und demselben Papierbogen jeweils von ihrem Ehemann eigenhändig niedergeschrieben, datiert sowie unterzeichnet und anschließend von der Erblasserin mit Ortsangabe und Datum versehen sowie unterzeichnet worden waren. Die Vorderseite trägt den Text:

Gemeinschaftliches Testament!

Wir leben in kinderloser Ehe, haben keine Eltern mehr und setzen uns gegenseitig als Alleinerben ein.

B., den achtundzwanzigsten Juli eintausendneunhunderteinundsechzig.

In Ergänzung unseres vorstehenden gemeinsamen Testamentes bestimmen wir schon heute, daß unser Schwager und Bruder R. …, nach unserem Ableben Erbe des Anwesens O. sein soll. Im Falle seines Todes treten seine Erben in die Erbfolge ein.

B. den siebzehnten Mai eintausendneunhundertsiebzig

Auf der Rückseite des Blattes folgt:

Das in der Ehe, in der der Ehemann berufstätig war und die Ehefrau den Haushalt versorgte, geschaffene Vermögen

  1. Wochenendgrundstück Z. …
  2. Geldvermögen, Wertpapiere, Sparbücher etc. aus der Vermögensteuererklärung zu entnehmen und bei der Sparkasse zu erfahren, bei der sämtliche Wertpapiere und Sparbücher angelegt sind.

vererben nach unserem Ableben, wie folgt:

… (Bet. zu 10, Neffe des Ehemanns)

1 Teil

… (Bet. zu 11, Nichte des Ehemanns)

2 Teil

… (Bet. zu 9, Nichte des Ehemanns)

2 Teil

… (Bet. zu 8, Nichte des Ehemanns)

1 Teil

… (Bet. zu 1, Neffe der Erblasserin)

1 Teil

… (Bet. zu 6, Nichte der Erblasserin)

1 Teil

… (Bet. zu 5, Neffe der Erblasserin)

1 Teil

Es wird fernerhin bestimmt, daß diejenige Person, verwandt oder nicht verwandt, die mir u. meiner Frau im Alter notwendige Hilfe u. Aufmerksamkeit angedeihen lassen vorab leistungsgerecht vorab abgefunden werden, also ohne Rücksicht auf ein bestehendes Erbrecht.

Nach Rückkunft von der Kur erfolgt Festlegung des Testamentes mit einem Notar oder Rechtsberater B. den zehnten September eintausendneunhundertsiebenundsiebzig.

Der Ehemann der Erblasserin ist am 17.2.1979 verstorben. Mit notariellem Vertrag vom 17.8.1979 hat die Erblasserin das Grundstück in Z. dem Beteiligten zu 5 und der Beteiligten zu 6 überlassen; die anderen in der letztwilligen Verfügung vom 10.9.1977 genannten Beteiligten haben insoweit auf die ihnen gemachte Zuwendung verzichtet.

Der in der letztwilligen Verfügung vom 17.5.1970 genannte R. ist im Jahr 1989 verstorben und von seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 7, sowie seinen Kindern, den Beteiligten zu 5 und 6 beerbt worden. Anfangs 1992 hat die Erblasserin das Anwesen O. gegen eine Eigentumswohnung vertauscht.

In den Jahren 1989 und 1992 hat die Erblasserin mehrere letztwillige Verfügungen eigenhändig geschrieben und unterzeichnet. Ein auf den 14.5.1989 datiertes Schriftstück trägt die Überschrift „Verfügung über den Todesfall”. Darin trifft die Erblasserin Bestimmungen hinsichtlich eines Wertpapierdepots, für das sie auf den Zeitpunkt ihres Todes durch Vertrag mit der verwahrenden Bank zugunsten des Beteiligten zu 5 einen Anspruch auf Übereignung begründet hat. Ein weiteres, mit der Überschrift „Testament” versehenes Schriftstück vom 20.4.1992 enthält Verfügungen über Möbel, Hausrat und Schmuck. Zwei inhaltsgleiche Schriftstücke vom 14.5.1992 tragen wiederum die Überschrift „Verfügung über den Todesfall” und enthalten neue Anordnungen der Erblasserin hinsichtlich des Wertpapierdepots. In einem Schreiben vom 16.9.1992 hat die Erblasserin unter der Überschrift „mein letzter Wille” vier Personen „zur Auflösung meines Haushalts und den Formalitäten nach meinem Ableben” bestimmt. Ein ...

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