Verfahrensgang
Vergabekammer München (Aktenzeichen 3194.Z3-3_01-21-51) |
Tenor
1. Der Antrag der Antragstellerin vom 27. April 2022 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin erhält Gelegenheit, bis 1. Juli 2022 mitzuteilen, ob sie die sofortige Beschwerde aufrechterhält.
3. Die Beteiligten erhalten die Möglichkeit, sich bis zum 1. Juli 2022 zum Wert des Beschwerdeverfahrens zu äußern.
Gründe
I. Mit Auftragsbekanntmachung vom ... 2021, veröffentlicht im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am ... 2021 unter Nr. ..., schrieb die Antragsgegnerin einen Dienstleistungsauftrag über Generalplanerleistungen für den Neubau eines Hallenbads im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb aus.
Die Antragstellerin rügte die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens als vergabefehlerhaft. Nachdem die Antragsgegnerin nicht allen Rügen abgeholfen hatte, stellte die Antragstellerin mit Schreiben vom 8. September 2021 einen Nachprüfungsantrag gemäß § 160 Abs. 1 GWB, der nur zum Teil Erfolg hatte. In Ziffer 1 des Tenors des Beschlusses vom 21. März 2022, der der Antragstellerin am 28. Mai 2022 zugestellt wurde, hat die Vergabekammer Südbayern ausgesprochen, dass der Antragsgegnerin untersagt wird, den Zuschlag zu erteilen, dass das Verfahren in den Stand vor Abgabe der Teilnahmeanträge zurückversetzt wird und dass die Antragsgegnerin bei fortbestehender Beschaffungsabsicht erneut über eine in Relation zu den geforderten Lösungsvorschlägen angemessene Vergütung zu entscheiden hat.
Der Beschluss enthält folgende Rechtsmittelbelehrung:
"Gegen die Entscheidung der Vergabekammer kann binnen einer Notfrist von zwei Wochen (§ 172 GWB), die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, die sofortige Beschwerde (§ 171 GWB) schriftlich beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingelegt werden. Die Briefanschrift lautet:
Bayerisches Oberstes Landesgericht Schleißheimer Str. 141 80797 München
..."
Mit an das Oberlandesgericht München adressiertem Schriftsatz vom 6. April 2022 hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, das Vergabeverfahren vollumfänglich, also nicht nur hinsichtlich einer angemessenen Vergütung für die geforderten Lösungsvorschläge, in den Stand vor Auftragsbekanntmachung zurückzuversetzen.
Die sofortige Beschwerde ist von dem Oberlandesgericht München an das Bayerische Oberste Landesgericht weitergeleitet worden und hier am 12. April 2022 eingegangen.
Auf den richterlichen Hinweis vom 19. April 2022, dass die sofortige Beschwerde erst nach Fristablauf (§ 172 GWB) bei dem zuständigen Gericht eingegangen ist, hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 27. April 2022 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat ihr Verfahrensbevollmächtigter insbesondere ausgeführt, die sofortige Beschwerde sei - allerdings adressiert an das Oberlandesgericht München - am 11. April 2022 eingelegt worden, die Fristversäumung sei von der Antragstellerin nicht verschuldet. Denn die Fristversäumung habe allein auf einem Versehen des bis dahin stets zuverlässigen Kanzleiangestellten Rechtsanwalt ... und der Rechtsanwaltsfachangestellten ... beruht. Die Kanzleiangestellten seien ausdrücklich dauerhaft angewiesen, jeden gerichtlichen oder sonst förmlichen Posteingang auf Rechtsbehelfsbelehrungen und sonstige Hinweise zu prüfen, sowie diese umzusetzen, das heißt insbesondere, das zuständige Gericht als Beteiligte in der Akte anzulegen. Frau ... habe beim Anlegen der elektronischen Akte versehentlich statt des in der Rechtsbehelfsbelehrung genannten Bayerischen Obersten Landesgerichts das Oberlandesgericht München eingetragen, sodass dessen Adresse in den Schriftsatz übernommen worden sei. Daneben sei auch dem in der Kanzlei angestellten Rechtsanwalt ... ein Fehler unterlaufen, der die Eingaben aus dem Beteiligtenfeld der e-Akte in den Schriftsatz übernommen und diese anschließend überprüft habe. Die übernommenen Eingaben würden regelmäßig durch ihn, den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, und gegebenenfalls durch einen weiteren Rechtsanwalt überprüft. Wahrscheinlich aufgrund früherer Vergabenachprüfungsverfahren, in denen das Oberlandesgericht München noch zuständiges Beschwerdegericht gewesen sei, habe Rechtsanwalt ... die fehlerhafte Adressierung an das Oberlandesgericht München nicht bemerkt. Die Angestellten des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin - insbesondere auch die angestellten Rechtsanwälte - seien dauerhaft dazu angewiesen, die übernommenen Angaben aus der e-Akte in "Rechtsbehelfsangelegenheiten" anhand der ergangenen Rechtsbehelfsbelehrungen zu überprüfen. Fehler bei dem Prüfen und Einpflegen der formellen Anforderungen seien dem stets zuverlässigen Rechtsanwalt Baumhaus hierbei bislang noch nicht unterlaufen.
Rechtsanwalt ... sei nur in untergeordneter Funktion tätig gewesen und angewiesen worden, ihm, dem Verfahrensbevollmächtigen der Antragstellerin zuzuarbeiten, da er...