Leitsatz (amtlich)
Die Tatsache, daß eine Betreuerin die mit Schachteln und Plastiksäcken vollgestellte Wohnung der Betreuten nicht räumt ist nicht in jedem Fall pflichtwidrig und rechtfertigt nicht ohne weiteres die Abberufung der Betreuerin.
Normenkette
BGB § 1908b
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 05.02.1997; Aktenzeichen 13 T 1063/97) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen XVII 888/93) |
Tenor
I. Die Rechtsmittel der Betroffenen gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 5. Februar 1997 werden verworfen.
II. Auf die Rechtsmittel der Beteiligten wird der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 5. Februar 1997 aufgehoben.
III. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht führt für die Betroffene eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, soweit sie zur Durchführung der Instandsetzung der Wohnung der Betroffenen erforderlich ist sowie Regelung der Wohnungsangelegenheiten (Entrümpelung und evtl. Renovierung). Am 30.3.1994 bestellte es die Schwester der Betroffenen, die Beteiligte, zu deren Betreuerin. Mit Beschluß vom 29.11.1996 hat das Amtsgericht die Beteiligte als Betreuerin entlassen und eine Diplom-Sozialwirtin zur neuen Betreuerin bestellt. Gegen diese Entscheidung haben die Betroffene und die Beteiligte als ehemalige Betreuerin und als Schwester der Betroffenen sofortige Beschwerde gegen die Entlassung und unbefristete Beschwerde gegen die Bestellung der Betreuerin eingelegt. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 30.1.1997 die Rechtsmittel als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richten sich die Rechtsbeschwerden der Betroffenen und der Beteiligten.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Rechtsmittel der Betroffenen sind unzulässig, weil sie entgegen den gesetzlichen Formvorschriften weder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines der zuständigen Gerichte noch mittels einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift eingelegt wurden (§§ 21, 29 FGG).
2. Die sofortige weitere Beschwerde und weitere Beschwerde der Beteiligten sind zulässig. Als entlassene Betreuerin ist sie gemäß § 20 Abs. 1 FGG beschwerdeberechtigt (BayObLG BtPrax 1995, 65). Soweit die Neubestellung angefochten ist, ist sie als Schwester beschwerdeberechtigt (§ 69g Abs. 1 FGG).
Die Rechtsmittel führen zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
a) Das Landgericht hat ausgeführt, das Amtsgericht habe zu Recht die Beteiligte als Betreuerin entlassen, weil es ihr nicht gelungen sei, die Wohnung der Betreuten zu entrümpeln und die betreffenden Angelegenheiten zu regeln. Geringere Maßnahmen als die Entlassung der Beteiligten als Betreuerin versprächen keinen Erfolg. Diese vertrete die Auffassung, in der Wohnung der Betreuten würde nur deshalb so viel herumstehen, weil zu wenige Schränke vorhanden seien. Hinzu komme, daß die Beteiligte in Berlin lebe und wegen der großen räumlichen Entfernung ihre Aufgaben nur unzulänglich habe erfüllen können.
Auch die andere Schwester der Betroffenen, Frau G., komme als Betreuerin nicht in Betracht. Diese lebe ebenfalls in Berlin, sie habe zudem den Sinn einer Betreuung nicht verstanden,
b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG; § 550 ZPO) nicht stand.
aa) Das Vormundschaftsgericht hat einen Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt (§ 1908b Abs. 1 BGB). Die mangelnde Eignung ist ein vom Gesetz besonders hervorgehobener wichtiger Grund für die Entlassung. Es genügt zur Entlassung jeder Grund, der den Betreuer als nicht mehr geeignet im Sinne des § 1897 Abs. 1 BGB erscheinen läßt (BayObLG BtPrax 1996, 67/68). In der Regel liegt die Ursache für die Nichteignung in der Person oder in den Verhältnissen des Betreuers, etwa wenn er den ihm zugewiesenen Aufgabenkreis nur unzulänglich und unter Gefährdung der Interessen des Betreuten bewältigen kann (BT-Drucks. 11/4528 S. 152 f.) oder wenn er den nötigen Einsatz vermissen läßt (vgl. Damrau/Zimmermann Betreuung und Vormundschaft 2.Aufl. § 1908b BGB Rn. 3). Die Beurteilung des Tatrichters, daß die Eignung des Betreuers nicht mehr gegeben ist oder ein anderer wichtiger Grund für dessen Entlassung vorliegt, darf vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler überprüft werden (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG; BayObLG FamRZ 1996, 1105/1106; BtPrax 1996, 67/68).
Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist die Entlassung des Betreuers als letzte Maßnahme anzusehen, wenn nicht minder schwere Maßnahmen nach § 1837 BGB ausreichen, um eine etwaige Gefährdung des Wohls des Betreuten zu beseitigen (BayObLG FamRZ 1994, 324/325); das Vormundschaftsgericht hat zuerst die Mittel der Aufsicht und des Weisungsrechts einzusetzen (BayObLG BtPrax 1996, 67/68; HK-BUR/Rink § 1908b Rn. 11; Soergel/Damrau BGB 12.Aufl. § 1908b Rn. 6).
bb) Danach kann die...