Leitsatz (amtlich)
1. Der Betreuungsverein ist berechtigt, gegen die Entlassung des Vereinsbetreuers selbst Beschwerde einzulegen.
2. Ein Vereinsbetreuer, der entgegen fachärztlicher Stellungnahme und ohne vormundschaftsgerichtliche Genehmigung ggü. einer Einrichtung zur geschlossenen Unterbringung unter Verwendung richterlicher Diktion die Unterbringung des Betreuten "verfügt", kann deshalb als ungeeignet entlassen werden.
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 17.08.2004; Aktenzeichen 13 T 5502/04) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen XVII 1157/98) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth v. 17.8.2004 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Für die Betroffene, die an einer Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ leidet, ist seit 1998 ein Betreuer bestellt, in dessen Person seither mehrfacher Wechsel stattfand. Sein Aufgabenkreis umfasst derzeit Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung einschließlich der Entscheidung über eine Unterbringung, Wohnungsangelegenheiten, Vermögenssorge, Vertretung bei Ämtern und Behörden, Vertretung ggü. Sozialleistungs- und Versicherungsträgern sowie Entgegennahme und Öffnen der Post. Im Bereich Vermögenssorge ist Einwilligungsvorbehalt angeordnet.
Seit 28.5.2001 führte der diplomierte Sozialwirt A.H. die Betreuung, und zwar seit 21.1.2002 zusammen mit einer weiteren Betreuerin, mit der er am 18.7.2002 als Mitarbeiter des weiteren Beteiligten zu 2), eines Betreuungsvereins, dessen Vorsitzende gegenwärtig seine Ehefrau ist, zum Betreuer bestellt wurde. Am 3.6.2003 wurde A.H. zum alleinigen Berufsbetreuer bestellt, was durch das LG am 9.9.2003 dahin geändert wurde, dass er als Mitarbeiter des weiteren Beteiligten zu 2) bestellt sei.
Am 2.6.2004 wurde A.H. vom AG entlassen. Es wurde ein Rechtsanwalt als berufsmäßiger Betreuer bestellt. Die hiergegen u.a. von dem weiteren Beteiligten zu 2) eingelegte sofortige Beschwerde hat das LG am 17.8.2004 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Weiteren Beteiligten zu 2).
II. Die zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das LG hat zu Recht angenommen, dass der weitere Beteiligte zu 2) beschwerdeberechtigt ist. Die Entlassung des Vereinsbetreuers beeinträchtigt ein Recht des Betreuungsvereins (§ 20 Abs. 1 FGG). Das OLG Hamm hat überzeugend dargelegt, dass ein Betreuungsverein in dem Fall befugt ist, selbst Beschwerde einzulegen, in dem ausgesprochen wird, dass der Vereinsbetreuer die Betreuung künftig als Privatperson weiterführt (§ 1908b Abs. 4 S. 2 BGB; OLG Hamm v. 23.5.2000 - 15 W 86/00, OLGReport Hamm 2001, 49 = FamRZ 2001, 253). Die zugrunde liegende Überlegung, dem Verein werde durch diesen Ausspruch insb. der Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruch nach § 1908e Abs. 1 S. 1 BGB entzogen, trifft auch in der hier vorliegenden Fallgestaltung zu, bei der der Vereinsbetreuer entlassen und durch einen anderen berufsmäßigen Betreuer ersetzt wird.
2. In der Sache hat das LG ausgeführt, der bisherige Betreuer sei zu Recht entlassen worden, weil er sich eine schwerwiegende Pflichtverletzung habe zuschulden kommen lassen; die Weiterführung der Betreuung durch ihn würde dem Wohl der Betroffenen erheblich schaden. Der Betreuer habe ein mit "Unterbringungsbeschluss" überschriebenes Schreiben an das Bezirksklinikum A. geleitet, wo sich die Betroffene freiwillig stationär hatte behandeln lassen und auf ihren Wunsch entlassen werden sollte. Darin habe er in der Diktion einer richterlichen Anordnung bestimmt, dass die Betroffene weiterhin im Klinikum untergebracht bleibe und nicht entlassen werden dürfe. Der behandelnden Ärztin dort und der Vormundschaftsrichterin habe er jegliche Kompetenz bei der Beurteilung der Unterbringungsfrage abgesprochen und sein eigenmächtiges Vorbringen demgegenüber als Notgeschäftsführung im Interesse der Betroffenen bezeichnet. Bei seiner Anhörung habe sich der Betreuer uneinsichtig und unbelehrbar gezeigt.
3. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Das VormG hat einen Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt (§ 1908b Abs. 1 S. 1 BGB). Für die Entlassung genügt jeder Grund, der den Betreuer als nicht mehr geeignet i.S.v. § 1897 Abs. 1 BGB erscheinen lässt (BayObLG v. 23.10.2002 - 3 ZB 186/02, FamRZ 2003, 403, m.w.N.). Grundsätzlich ist jedenfalls Voraussetzung für die Entlassung eines Betreuers nach § 1908b Abs. 1 BGB, dass das Wohl des Betroffenen bei fortbestehender Betreuerstellung nicht oder erheblich schlechter gewahrt ist als bei einem Austausch des Betreuers (BayObLG v. 20.4.2000 - 3Z BR 60/00, BayObLGReport 2000, 53 = FamRZ 2000, 1457 [1458]). Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist die Entlassung des Betreuers erst als letzte Maßnahme zulässig, wenn also minder schwere Maßnahmen nicht ausreichen, um eine etwaige Gefährdung des Wohls...