Entscheidungsstichwort (Thema)

Ergänzungspflegschaft für …. Pflegschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach § 93 Abs. 1 KostO wird bei Pflegschaften für einzelne Rechtshandlungen die volle Gebühr nach dem Wert des Gegenstandes erhoben, auf den sich die Rechtshandlung bezieht (Satz 1). Ist der Fürsorgebedürftige an dem Gegenstand der Rechtshandlung nur mitberechtigt, so ist der Wert seines Anteils maßgebend; bei Gesamthandsverhältnissen ist der Anteil entsprechend Beteiligung an dem Gesamthandvermögen zu bemessen (Satz 2).

 

Normenkette

KostO § 93 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Weiden i.d.OPf. (Beschluss vom 26.07.1988; Aktenzeichen 2 T 494/88)

AG Weiden i.d. OPf. (Aktenzeichen VIII 209/84)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Weiden i.d.OPf. vom 26. Juli 1988 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

1. Mit Beschluß des Amtsgerichts vom 17.10.1984 wurde für die damals minderjährigen Beteiligten Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis „Vertretung der Minderjährigen bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach dem am 1.2.1984 in Krefeld verstorbenen E.” angeordnet.

2. Der Kostenbeamte des Amtsgerichts forderte in der Pflegschaftssache mit berichtigter Kostenrechnung vom 7.4.1986 (KSB 068607273) von dem Beteiligten zu 2) eine Gebühr von 150 DM sowie Schreibauslagen von 5 DM. Er ging dabei von einem Geschäftswert von 45.000 DM bis 50.000 DM aus, der den zusammengerechneten Werten der 1/12-Anteile der beiden Beteiligten an dem Nachlaß (Gesamtwert 285.946,91 DM) entsprach. Auf die Überprüfung des Bezirksrevisors hin wurde mit Kostenrechnung vom 15.3.1988 (KSB 058809380) ein Betrag von 795 DM nachberechnet; dieser Kostenrechnung war der zweifache Gesamtwert des Nachlasses (571.893 DM) als Geschäftswert zugrundegelegt.

3. Gegen den Kostenansatz vom 15.3.1988 legte die gesetzliche Vertreterin des Beteiligten zu 2) Erinnerungen ein, welchen der Rechtspfleger des Amtsgerichts mit Beschluß vom 25.5.1988 unter Berufung auf die Bestimmung des § 93 Abs. 1 Satz 2 KostO abhalf und den Kostenansatz aufhob.

Gegen die Entscheidung vom 25.5.1988 richteten sich die Erinnerungen der Staatskasse. Die Rechtshandlung des Pflegers bestehe bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft in der Willenserklärung über die Auseinandersetzung; ihr Gegenstand sei mithin das gesamte Rechtsverhältnis und nicht nur der Anteil des Pfleglings. Da eine Mitberechtigung nicht vorliege, finde § 93 Abs. 1 Satz 2 KostO keine Anwendung; es verbleibe bei der Regelung des § 93 Abs. 1 Satz 1 KostO.

Rechtspfleger und Richter halfen den Erinnerungen nicht ab. Das Landgericht wies die Beschwerde der Staatskasse mit Beschluß vom 26.7.1988 zurück und ließ die weitere Beschwerde zu. Zur Begründung wird ausgeführt, daß für die Festsetzung der Höhe der Gebühr nach § 93 Abs. 1 Satz 2 KostO die Höhe des Anteils der fürsorgebedürftigen Miterben an der Erbengemeinschaft maßgebend sei. Der Bezug zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft werde lediglich über den Miterbenanteil der Vertretenen hergestellt.

4. Gegen den Beschluß des Landgerichts richtet sich die weitere Beschwerde der Staatskasse.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 KostO zulässige weitere Beschwerde der Staatskasse ist sachlich nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 14 Abs. 3 Satz 3 KostO, § 550 ZPO) stand.

Nach § 93 Abs. 1 KostO wird bei Pflegschaften für einzelne Rechtshandlungen die volle Gebühr nach dem Wert des Gegenstandes erhoben, auf den sich die Rechtshandlung bezieht (Satz 1). Ist der Fürsorgebedürftige an dem Gegenstand der Rechtshandlung nur mitberechtigt, so ist der Wert seines Anteils maßgebend; bei Gesamthandverhältnissen ist der Anteil entsprechend der Beteiligung an dem Gesamthandvermögen zu bemessen (Satz 2).

Sonach ist vorliegend bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft für die Wertfestsetzung der Anteil der Fürsorgebedürftigen am Nachlaß maßgebend (Rohs/Wedewer KostO 3. Aufl. § 93 Rn. 10; Hartmann Kostengesetze 22. Aufl. § 93 KostO Anm. 2 B c; vgl. BayObLGZ 1968, 213/214). Die in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO 11. Aufl. (§ 93 Rn. 33 bis 35 und 40) vertretene Auffassung, daß sich die Willenserklärung des Mündels bei Abschluß des Auseinandersetzungsvertrages auf den gesamten Nachlaß beziehe und dieser deshalb den Wert der Pflegschaft bilde, widerspricht dem Gesetzeswortlaut. Es trifft zwar zu, daß sich die Willenserklärung des Fürsorgebedürftigen auf den gesamten Nachlaß bezieht; dies ist jedoch ersichtlich gerade Anlaß für den Gesetzgeber gewesen, bei Gesamthandsbeteiligungen eine Einschränkung der allgemeinen Regel des § 93 Abs. 1 Satz 1 KostO vorzusehen. Diese Ausnahme kann deshalb nicht unter Berufung auf die Regel ihrerseits eingeschränkt werden.

2. Der Geschäftswert der Pflegschaft für die beiden Beteiligten wurde in der Kostenrechnung vom 7.4.1986 zutreffend nach dem zusammengerechneten Wert der Erbanteile (§ 93 Abs. 1 Satz 3 KostO) bemessen; daraus wurde die Gebühr erhoben. Dag...

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