Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Gehört ein Gesellschaftsanteil zum Nachlaß, so ist sein Wert nach der eindeutigen Regelung des § 107 Abs. 2 Satz 1 KostO auch Bestandteil des Reinnachlasses, aus dem die Gebühr für die Erteilung des Erbscheins zu berechnen ist.

 

Normenkette

HöfeO § 18; KostO § 107 Abs. 2 S. 1; BGB §§ 2353, 2365

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 30.07.1986; Aktenzeichen 16 T 19321/85)

AG München (Aktenzeichen 96 VI 4913/79)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 30. Juli 1986 – soweit er die Festsetzung des Geschäftswerts für die Erteilung des Erbscheins vom 20. Juli 1981 betrifft – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

1. … 1979 verstarb in K. der Verleger Dr. h. c. H. E. A. U.. Er hatte mit Erbvertrag vom 8.6.1970 seine Kinder M. – den Beteiligten zu 2) –, A. und Ch. U. sowie D. S., geb. U., zu seinen Erben zu gleichen Anteilen eingesetzt und für die Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Erben Anordnungen getroffen. Der Beteiligte zu 2) sollte dabei u. a. den Geschäftsanteil des Erblassers an der damaligen offenen Handelsgesellschaft „U. & Sch.” oder ihrer Rechtsnachfolgerin erhalten und als Nachfolger des Erblassers gemäß § 8 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages vom 9.12.1968 in dessen gesellschaftsrechtliche Stellung eintreten. Testamentsvollstreckung war angeordnet worden; der Beteiligte zu 1) wurde testamentarisch zum Testamentsvollstrecker bestimmt.

Auf Antrag des Beteiligten zu 2) erteilte das Amtsgericht am 20.7.1981 einen gemeinschaftlichen Erbschein des Inhalts, daß der Erblasser von seinen oben genannten Kindern zu je 1/4 beerbt worden und Testamentsvollstreckung angeordnet sei.

2. Mit Beschluß vom 3.10.1983 setzte die Rechtspflegerin des Amtsgerichts u. a. den Geschäftswert für die Erbscheinserteilung auf 5.827.701 DM fest. Den Erinnerungen des Beteiligten zu 1), der hinsichtlich der Erbscheinskosten gegenüber dem Nachlaßgericht die Kostenübernahme erklärt hatte, half das Nachlaßgericht (Rechtspflegerin) am 13.6.1985 insoweit ab, als es den Wert des für die Berechnung der Erbscheinskosten maßgeblichen Reinnachlasses auf 4.465.419 DM herabsetzte. In diesem Betrag war u. a. der Wert des Gesellschaftsanteils des Erblassers an der Firma U. & Sch. KG, den das Nachlaßgericht mit 2.176.000 DM annahm, enthalten. Soweit die Rechtspflegerin den Erinnerungen nicht abhalf, legte sie der Nachlaßrichter dem Landgericht vor.

In einer ergänzenden Rechtsmittelbegründung wies der Beteiligte zu 1) u. a. darauf hin, daß der Wert des Gesellschaftsanteils des Erblassers beim Geschäftswert für die Erteilung des Erbscheins auf der Aktivseite nicht hätte berücksichtigt werden dürfen, weil dieser Anteil nicht der allgemeinen Erbfolge unterliege, wie sie der Erbschein ausweise, sondern einer Sondererbfolge. Der Erbschein beziehe sich deshalb auf diesen Vermögensgegenstand nicht; es handle sich der Sache nach um einen gegenständlich beschränkten Erbschein, für den § 107 Abs. 2 Satz 3 KostO zumindest entsprechend anzuwenden sei. Maßgebend könne daher nicht der Wert des Gesamtnachlasses, sondern nur der des vom Erbschein betroffenen Nachlasses sein.

Das Landgericht änderte mit Beschluß vom 30.7.1986 den Beschluß des Amtsgerichts vom 13.6.1985 u. a. dahin ab, daß es den Geschäftswert für die Erteilung des Erbscheins auf 1.803.000 DM festsetzte; die weitere Beschwerde wurde zugelassen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß der Wert des Gesellschaftsanteils bei der Ermittlung des Geschäftswerts für die Erteilung des Erbscheins zu berücksichtigen sei. Da diese Beteiligung in den Nachlaß falle, führe die Tatsache, daß insoweit eine Sondererbfolge eingetreten sei, zu keiner kostenrechtlichen Sonderbehandlung. Der Gesetzgeber habe in § 107 Abs. 2 Satz 1 KostO allein auf den Wert des reinen Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalles abgestellt. Zutreffend habe der Beschwerdeführer jedoch beanstandet, daß Nachlaßverbindlichkeiten bei der Wertermittlung unberücksichtigt geblieben seien.

3. Mit seiner weiteren Beschwerde beantragt der Beteiligte zu 1), den Geschäftswert für die Erteilung des Erbscheins auf 517.000 DM zu ermäßigen. Das Rechtsmittel stelle nur die Frage zur Überprüfung, ob bei der Wertermittlung Nachlaßgegenstände herangezogen werden dürften, die einer im Erbschein nicht ausgewiesenen Sondererbfolge unterlägen. Die Theorie, daß Anteile einer Personengesellschaft Gegenstand einer Sondererbfolge seien, sei von der Rechtsprechung im Wege der Rechtsfortbildung entwickelt worden. Wenn dadurch der gegenständliche Anwendungsbereich eines Inlandserbscheins eingeschränkt worden sei, müsse auch eine parallellaufende Rechtsfortbildung im Kostenrecht vorgenommen werden. Der Kostengesetzgeber gehe in § 107 KostO davon aus, daß der Erbschein die Erbfolge in Bezug auf den vollen Nachlaß bezeuge. Soweit der Bundesgerichtshof (NJW 1986, 2431) die Auffassung vertrete, daß auch der Sondererbfolge unterliegende Anteile an Personengesellschaften zum Nachlaß geh...

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