Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Schätzung des Geschäftswertes kann auch das Interesse des Erben herangezogen werden, nicht durch einen Nacherbenvermerk an der freien Verfügbarkeit über den ihm als alleinigen Vorerben zufallenden Nachlass gehindert zu sein.

 

Normenkette

KostO § 30

 

Verfahrensgang

AG Aichach (Aktenzeichen VI 265/88)

LG Augsburg (Aktenzeichen 5 T 1187/89)

 

Tenor

Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 120.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Das Landgericht hat auf die Beschwerden der Beteiligten zu 4 und 5 einen Vorbescheid des Nachlaßgerichts aufgehoben, mit dem dieses einen Erbschein angekündigt hatte, demzufolge die Erblasserin aufgrund gesetzlicher Erbfolge von ihrem Ehemann, dem Beteiligten zu 10, zu 3/4 und von den Beteiligten 4 bis 9 sowie 11 zu insgesamt 1/4 beerbt worden sei. Es vertrat die Auffassung, der Vorbescheid sei unzutreffend, denn der Beteiligte zu 10 sei aufgrund Testaments alleiniger Vorerbe. Nacherben seien im Fall des Todes oder der Wiederverheiratung des Beteiligten zu 10 die Beteiligten zu 1 bis 3. Die gegen diese Entscheidung eingelegte weitere Beschwerde des Beteiligten zu 10 hat der Senat mit Beschluß vom 26.10.1990 zurückgewiesen; ein Geschäftswert wurde nicht festgesetzt, weil es nach Meinung des Senats an zureichenden Anhaltspunkten für eine Schätzung des Nachlaßwerts gefehlt habe.

Nachdem das Nachlaßgericht den vom Landgericht und vom Senat für richtig gehaltenen Erbschein erteilt und mit Beschluß vom 26.2.1991 den „Streitwert” des Erbscheinsverteilungsverfahrens auf 400.000 DM festgesetzt hat, beantragen die Beteiligten zu 4 und 5, den für sie maßgeblichen „Gegenstandswert” des Verfahrens der weiteren Beschwerde auf 300.000 DM festzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Der Antrag der Beteiligten zu 4 und 5, den Gegenstandswert festzusetzen, ist als Antrag aufzufassen, gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 KostO den Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens festzusetzen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13.8.1990 – BReg. 1 a Z 49/90 und vom 6.9.1990 – BReg. 1 a Z 54/89; BayObLGZ 1960, 10/12 f. und 1964, 64/67), denn die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Gegenstandswerts gemäß § 10 Abs. 1 BRAGO liegen nicht vor. Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit (§ 7 Abs. 1 BRAGO) für das Verfahren der weiteren Beschwerde bestimmt sich nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO). Es bestehen auch keine besonderen Wertvorschriften, welche der Maßgeblichkeit des Geschäftswerts für die Berechnung der Anwaltsgebühren ausschließen würden (vgl. BayObLGZ 1964, 64/67).

2. Der Senat hält es für angemessen, den Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde auf 120.000 DM festzusetzen.

a) Der Geschäftswert des Rechtsmittelverfahrens ist gemäß § 131 Abs. 2 KostO in allen Fällen nach § 30 KostO zu bestimmen. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten, zu denen Nachlaß Sachen gehören, ist der Geschäftswert gemäß § 30 Abs. 2 KostO nach dem Regelwert anzunehmen, wenn es an tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung fehlt. Maßgebend für die Schätzung ist insbesondere das mit dem Rechtsmittel verfolgte wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers.

b) Für das Interesse eines Erben, daß der Erbschein keinen Nacherbenvermerk enthält, gibt es in der Kostenordnung keine Vorschriften. Maßgebend ist entgegen der Meinung der Beteiligten zu 4 und 5 nicht der vom Beteiligten zu 10 als Rechtsbeschwerdeführer erstrebte Anteil am Reinnachlaß (vgl. BayObLG FamRZ 1991, 463 und 1990, 1164 m.w.Nachw.), sondern sein Interesse, nicht durch einen Nacherbenvermerk (§ 2363 Abs. 1 Satz 1 BGB) an der freien Verfügbarkeit über den ihm als alleinigen Vorerben zufallenden Nachlaß gehindert zu sein (vgl. Senatsbeschluß vom 5.3.1991 – BReg. 1 a Z 13/90 sowie für die Beseitigung eines Nacherbenvermerks BayObLG Rpfleger 1983, 12 LS). Der Senat bewertet dieses in der Regel mit einem Prozentsatz des Reinnachlasses (vgl. Senatsbeschluß vom 5.3.1991 m.w.Nachw.). Da hier die Erbenstellung des Beteiligten zu 10 durch die Wiederverheiratungsklausel zeitlich beschränkt ist und der wesentliche Teil des Nachlasses aus einem der Beschränkung des § 2113 Abs. 1 BGB unterliegenden Grundstück besteht, erscheint es im vorliegenden Fall angemessen, von 30 % des Reinnachlasses auszugehen. Diesen (vgl. § 107 Abs. 2 Satz 1 KostO) schätzt der Senat im Hinblick auf die Angaben in den Nachlaßverzeichnissen vom 17.8.1988, 30.1.1988 und 5.3.1991 sowie die Wertberechnung des Kostenbeamten vom 27.2.1991 auf rund 400.000 DM. Der Geschäftswert beträgt daher 120.000 DM.

 

Unterschriften

Dr. Nappenbach, Schneider, Werdich

 

Fundstellen

Dokument-Index HI978218

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?