Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlaß. Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses. Testamentsvollstreckung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Grundsätzlich ist eine internationale Zuständigkeit des deutschen Nachlassgerichts nur gegeben, wenn deutsches materielles Erbrecht anwendbar ist.

2. Eine Durchbrechung dieses Gleichlaufgrundsatzes wird aber durch § 2368 Abs. 3 i.V.m. § 2369 BGB angeordnet, soweit sich Nachlaßgegenstände im Inland befinden. Zur Erteilung eines Fremdrechts-Testamentsvollstreckerzeugnisses unter Beschränkung auf die im Inland belegenen Nachlaßgegenstände ist das deutsche Nachlaßgericht daher gemäß § 2368 Abs. 3 i.V.m. § 2369 BGB international zuständig.

 

Normenkette

BGB § 2368 Abs. 3; BGB i.V.m. § 2369

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 18.11.1985; Aktenzeichen 16 T 807/85)

AG München (Aktenzeichen 96 VI 1310/82)

 

Tenor

I. Die weiteren Beschwerden gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 18. November 1985 werden zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert wird auf 10 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

1. Am 10.1.1982 verstarb im Alter von … Jahren in … der ehemalige Bauingenieur … (Erblasser). Er wurde in …/Jugoslawien geboren und besaß die jugoslawische Staatsangehörigkeit sowie die kroatische Republikzugehörigkeit. Sein letzter Wohnsitz war … in der Gemeinde …. Er hatte sich schon vor dem ersten Weltkrieg in Deutschland niedergelassen. Der Erblasser war verwitwet und ohne Abkömmlinge. Er hatte einen ledigen Bruder, der vor ihm verstorben ist.

Die Beteiligten zu 1 bis 4 und 6 bis 15 sind Abkömmlinge der Großeltern des Erblassers. Sie kommen als gesetzliche Erben in Betracht. Zum Nachlaß gehören Wertpapiere und Guthaben bei … Geldinstituten im Werte von ca. 100 000 DM.

2. Der Erblasser errichtete in den Jahren 1969 bis 1980 mehrere Testamente teils von ihm handschriftlich verfaßt und unterschrieben, teils zu notarieller Urkunde. Sie tragen entweder vom Erblasser auf der Testamentsurkunde handschriftlich angebrachte und unterschriebene Ungültigkeitsvermerke oder wurden in späteren Testamenten für ungültig erklärt.

Unter dem Datum vom 14.12.1976 errichtete der Erblasser in serbokroatischer Sprache auf einem beidseitig beschriebenem Blatt ein von ihm eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament. Darin erklärte er alle früheren Testamente für ungültig und bestimmte seine Haushälterin … (Beteiligte zu 5) zur Testamentsvollstreckerin. Für den Fall ihres Vorversterbens benannte er seinen Verwandten …

In Nr. III lautet das Testament wie folgt:

„Ich bevollmächtige und beauftrage Frau … Vollstreckerin dieses Testaments, daß sie den Betrag von 50 000,– DM … an die Stadtgemeinde … auszahlt …”

Weiter ordnete der Erblasser an, daß … und … je 25 000,– DM erhalten sollten. … 10 000,– DM und … eine lebenslange Unterstützung von monatlich 250,– DM.

Unter dem Datum vom 27.1.1977 verfaßte der Erblasser in deutscher Sprache zwei eigenhändig geschriebene und unterschriebene Briefe an einen Angestellten der Bayerischen Vereinsbank … und den Direktor der Kreissparkasse …, Filiale …. Diese Briefe sind nahezu wortgleich. Der an die Bayerische Vereinsbank gerichtete Brief hat auszugsweise folgenden Inhalt:

„Sollten Sie diesen Brief bekommen, dann hiesse es, daß ich und Fräulein … verunglückt sind. In diesem Falle mein Cousin Herr … würde bei Ihnen vorsprechen. Da er, mein Cousin, … … mein Erbe und Vollstrecker meines Testaments, wie ich letztwillig bestimmt habe, ist, so bitte ich Sie ihm mit Rat und Tat behilflich zu sein …

Diagonal über diesen Text steht folgender vom Erblasser mit rotem Schreibstoff eigenhändig geschriebener Vermerk

„Ungültig … ist am 22.4.1979 verstorben. Unter dem Datum vom 3./9.10.1979 errichtete der Erblasser in deutscher Sprache auf einem einseitig beschriebenen Blatt ein von ihm eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament. Es hat folgenden Wortlaut:

„…, 9. Oktober 1979

Mein letzter Wille Ich, der Unterzeichner … (auch genannt … erkläre alle vor dem oben genannten Datum ausgegebenen Testamente als ungültig und erkläre meinen Vetter: … … als meinen Erben und Verwalter meines Vermögens … … 3. Oktober 1979.

Dieser Text ist mit diagonal verlaufenden roten und blauen Linien durchgestrichen. Auf demselben Blatt steht unterhalb des mit Orts- und Datumsangabe abschließenden Textes folgender vor Erblasser eigenhändig geschriebener und unterschriebener Nachsatz:

„den obigen (Vertrag) Testament zu Gunsten an meinen Vetter: … … erkläre ich als ungültig. Mit meiner Hand 8. November 1980 …

3. Die Beteiligte zu 5 beantragte am 22.9.1983 beim Nachlaßgericht München die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses aufgrund des Testaments vom 14.12.1976, beschränkt auf den im Inland befindlichen Nachlaß in Anwendung kroatischen Rechts. Diesem Antrag traten die Beteiligten zu 3, 4, 6 und 7 entgegen. Die Beteiligten zu 6 und 7 beantragten mit Schreiben vom 25.10.1983 die Ernennung eines Notars zum Testamentsvollstrecker.

Die Beteiligten zu 1 und 2 vertraten die Auffassung, die Widerrufserkläru...

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