Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses
Verfahrensgang
LG München II (Aktenzeichen 6 T 58/98) |
AG Starnberg (Aktenzeichen UR II 28/97) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1 wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 1. Juli 1998 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die weitere Beteiligte ist Verwalterin. Die Antragsgegnerin zu 1 beabsichtigt, in eine tragende Wand ihrer Dreizimmerwohnung eine Schiebetür von 1,7 m Breite und 2,1 m Höhe einzubauen und dazu die Wand zu durchbrechen; bisher befindet sich in der Wand eine Tür von 0,85 m Breite. In der Eigentümerversammlung vom 21.8.1997 stand der Antrag der Antragsgegnerin zu 1 zum Einbau einer Schiebetür innerhalb ihrer Wohnung auf der Tagesordnung (Tagesordnungspunkt 7). Einige Wohnungseigentümer wandten sich dagegen; der Aufschub der Entscheidung bis zur Vorlage einer gesicherten Statik wurde abgelehnt. Anschließend wurde der Antrag unter folgenden, in der Versammlungsniederschrift niedergelegten Voraussetzungen mit Stimmenmehrheit gebilligt:
Die geplante Baumaßnahme betrifft eine tragende Wand und somit das Gemeinschaftseigentum. Es muß daher die Statik sichergestellt sein. Es dürfen keine Nachteile am Miteigentum anläßlich dieser Baumaßnahme entstehen, es dürfen anderen keine Kosten entstehen, es dürfen anderen keine nachträglichen Kosten entstehen, auch keine Kosten wegen nachfolgender eintretender Schäden, es dürfen auch dem/den eventuellen Rechtsnachfolger/ern keine Kosten entstehen.
Eine nachprüfbare Statik ist den Eigentümern bis zum 31.08.1997 schriftlich vorzulegen.
Die Versammlungsniederschrift enthält ferner folgenden „Hinweis der Verwaltung”:
Die genehmigte Maßnahme ist eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum und bedarf daher der Allstimmigkeit. Es besteht daher die Möglichkeit für Miteigentümer, diesen Beschluß vor dem Amtsgericht anzufechten, und den Beschluß durch einen Richter prüfen zu lassen. Sollte kein Einspruch erfolgen, gilt nach der sogenannten Monatsfrist dieser Antrag als angenommen …
Der Antragsteller hat beantragt, den Eigentümerbeschluß zu TOP 7 für ungültig zu erklären. Er meint, daß die beabsichtigte Maßnahme wegen der Eingriffe in die Statik des Gebäudes und der sonstigen Nachteile für ihn und die übrigen Wohnungseigentümer der Zustimmung aller Eigentümer bedürfe.
Das Amtsgericht hat den Eigentümerbeschluß am 9.12.1997 für ungültig erklärt, das Landgericht das dagegen gerichtete Rechtsmittel der Antragsgegnerin zu 1 mit Beschluß vom 1.7.1998 zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin zu 1 hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
II.
Das zulässige Rechtsmittel der Antragsgegnerin zu 1 führt zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Das Amtsgericht habe den Eigentümerbeschluß zu Recht für ungültig erklärt. Die Wand, in der die Schiebetür angebracht werden solle, sei gemeinschaftliches Eigentum. Der Einbau der Schiebetür, zu dem der Eigentümerbeschluß die Antragsgegnerin zu 1 ermächtige und der von den übrigen Wohnungseigentümern aufgrund des Beschlusses zu dulden wäre, sei eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, die mit dessen Instandsetzung oder Instandhaltung nichts zu tun habe. Die Zustimmung des Antragstellers dazu sei nicht entbehrlich, da ihn die Maßnahme über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtige.
Der Durchbruch durch eine tragende Wand greife in erheblichem Maße in die Statik des Gebäudes und in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums ein. Er werde deshalb, wenn wie hier Sicherungsmaßnahmen (Unterfangungsarbeiten) erforderlich seien, in aller Regel als zustimmungsbedürftige bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums angesehen. Entgegen dem Vortrag der Antragsgegnerin zu 1 handle es sich bei der vorgesehenen Doppeltür von 1,70 m Breite und 2,10 m Höhe auch nicht um eine kleine Öffnung. Bei dieser Größe seien Sicherungs- und Ausgleichsmaßnahmen (Stahlträger) erforderlich, so daß nicht von einer kleinen, unbedeutenden Öffnung gesprochen werden könne. Nicht vermeidbare und damit nicht hinzunehmende Nachteile für den Antragsteller seien hier nicht auszuschließen.
Soweit aufgrund des Mauerdurchbruchs die Feststellung, Zuordnung oder Behebung von Schäden am gemeinschaftlichen Eigentum und am Sondereigentum anderer Wohnungseigentümer erschwert würde und damit für diese ein weiterer Nachteil entstünde, könne dies nicht durch eine Haftungserklärung der Antragsgegnerin zu 1 ausgeschlossen werden. Denn eine solche greife nur ein, wenn später eintretende Schäden tatsächlich auf diesen Mauerdur...