Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch des nichtehelichen Vaters über die persönlichen Verhältnisse des Kindes
Leitsatz (amtlich)
Zum berechtigten Interesse des nichtehelichen Vaters an der Erteilung von Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes und zu den Grenzen der Auskunfterteilung (Fortführung von BayObLGZ 1992, 361).
Normenkette
BGB § 1634 Abs. 3, § 1711 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 19.09.1995; Aktenzeichen 5 T 2708/95) |
AG Dillingen a.d. Donau (Beschluss vom 23.05.1995; Aktenzeichen X 217/94) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 werden der Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 19. September 1995 und der Beschluß des Amtsgerichts Dillingen vom 23. Mai 1995 teilweise abgeändert.
Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, dem Beteiligten zu 1 einmal jährlich, erstmals zum 1. April 1996, über die persönlichen Verhältnisse, die Entwicklung und das Befinden des Kindes Auskunft zu geben sowie jeweils ein zeitnahes farbiges Lichtbild des Kindes zu übersenden.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 500 DM festgesetzt. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird ebenfalls auf 500 DM festgesetzt; insoweit wird der Beschluß des Landgerichts in Nr. 2 abgeändert.
Tatbestand
I.
Die Beteiligte zu 2 ist die Mutter, der Beteiligte zu 1 (ein Rechtsanwalt) der nichteheliche Vater des im Jahr 1991 geborenen Kindes. Die Eltern haben nach der Geburt des Kindes für einige Monate zusammengelebt, sich dann jedoch getrennt. Das Recht zum persönlichen Umgang mit dem Kind steht dem Vater derzeit nicht zu. Er hat im Mai 1994 beantragt, die Mutter zu verpflichten, künftig halbjährlich durch schriftliche Berichte und die Übergabe eines zeitnahen „Ganzkörper” Farbfotos über die persönlichen Verhältnisse des Kindes Auskunft zu geben. Die Beteiligte zu 2 hat erklärt, sie sei grundsätzlich bereit, in angemessener Weise Auskunft zu erteilen, fühle sich dazu aber nicht verpflichtet, so lange der Beteiligte zu 1 absichtlich keinen Unterhalt zahle und die geschuldeten Beträge im Weg der Zwangsvollstreckung beigetrieben werden müßten.
Mit Beschluß vom 23.5.1995 hat der Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichts die Mutter verpflichtet, dem Vater halbjährlich über die persönlichen Verhältnisse, die Entwicklung und das Befinden des Kindes Auskunft zu geben und jeweils ein zeitnahes farbiges Foto des Kindes zu übersenden. Die Beteiligte zu 2 hat Erinnerung eingelegt, der der Rechtspfleger und der Vormundschaftsrichter nicht abgeholfen haben. Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluß vom 19.9.1995 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2, der der Beteiligte zu 1 entgegentritt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die weitere Beschwerde ist statthaft und zulässig (vgl. BayObLGZ 1992, 361/362; BayObLG FamRZ 1983, 1169/1170). Sie hat teilweise Erfolg.
2. Das Landgericht hat ausgeführt, dem Beteiligten zu 1 stehe ein Anspruch auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse seines nichtehelichen Kindes zu, der die Übersendung eines Lichtbilds umfasse und als Ausgleich für den Ausschluß oder die Beschränkung des persönlichen Umgangsrechts mit dem Kind dienen solle. Ein berechtigtes Interesse sei in derartigen Fällen regelmäßig gegeben. Dafür, daß die Erfüllung des Auskunftsverlangens das Kindeswohl beeinträchtige, müßten konkrete Umstände sprechen. Ausreichend sichere Anhaltspunkte lägen insoweit jedoch noch nicht vor.
3. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht in vollem Umfang stand.
a) Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, daß der nichteheliche Vater gemäß § 1711 Abs. 3 BGB nach Maßgabe des § 1634 Abs. 3 BGB Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen kann. § 1634 Abs. 3 Satz 1 BGB verpflichtet die personensorgeberechtigte Mutter zu einer solchen Auskunft, wenn ein berechtigtes Interesse des Vaters besteht und die Erteilung der Auskunft mit dem Wohl des Kindes vereinbar ist. Dieses Auskunftsrecht soll zum Ausgleich dafür dienen, daß der persönliche Umgang des nichtsorgeberechtigten Vaters aus Gründen des Kindeswohls eingeschränkt oder ausgeschlossen werden kann (vgl. BayObLGZ 1992, 361/363 m.w.N.).
b) Ein berechtigtes Interesse des nichtehelichen Vaters an der Erteilung der begehrten Auskunft liegt regelmäßig vor, wenn er keine andere Möglichkeit hat, sich über die Entwicklung des Kindes zu unterrichten. Es fehlt allerdings, wenn der Auskunftbegehrende mit der Auskunft dem Wohl des Kindes abträgliche Zwecke verfolgt oder das Auskunftsrecht mißbrauchen will (vgl. BayObLGZ 1992, 361/364 f. m.w.N.). Für den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung konnte das Landgericht ohne Rechtsfehler annehmen, daß ein berechtigtes Interesse des Beteiligten zu 1 nicht verneint werden muß.
aa) Der Einwand des Rechtsmißbrauchs gegenüber dem Auskunftsverlangen kann nur durchgreifen, wenn er von Tatsachen getragen wird, die über das bloße Geltendmachen ...