Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz und Schmerzensgeld. Bestimmung des zuständigen Gerichts

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Willkür, wenn das nur für einen von drei Gesamtschuldnern wegen dessen allgemeinen Gerichtsstands örtlich zuständige Gericht die Klage an das für alle Gesamtschuldner zuständige Gericht (§ 32 ZPO) verweist.

 

Normenkette

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 281 Abs. 2 S. 5

 

Tenor

Örtlich zuständig ist das Amtsgericht Schwabach, Zweigstelle Hilpoltstein.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller ließ am 9.12.1999 beim Amtsgericht Mühldorf a. Inn eine Klage einreichen, womit er gegen die drei Antragsgegner als Gesamtschuldner einen Betrag von 4 931,96 DM als Schadensersatz sowie gegen die Antragsgegner zu 1) und 2) ein angemessenes Schmerzensgeld jeweils nebst 4 % Zinsen aus den Beträgen geltend macht.

Anlaß der Klage sei ein Verkehrsunfall vom 28.6.1999 auf der Autobahn A 9 in Höhe von km 408 in Richtung München. Diesen Verkehrsunfall soll der Antragsgegner zu 1) als Fahrer eines Sattelschleppers überwiegend verschuldet haben, dessen Halterin die Antragsgegnerin zu 2) und dessen Haftpflichtversicherer die Antragsgegnerin zu 3) seien.

Mit Verfügung vom 13.12.1999 wies das angegangene Gericht den Antragstellervertreter darauf hin, daß eine örtliche Zuständigkeit für die Antragsgegner zu 1) und 3) nicht bestehe. Auch liege der Unfallort nicht im Bezirk des Gerichts. Auf Antrag des Antragstellervertreters vom 11.1.2000 verwies das Amtsgericht Mühldorf a. Inn mit Beschluß vom 31.1.2000 das Verfahren insgesamt an das Amtsgericht Schwabach, Zweigstelle Hilpoltstein.

Dieses Gericht lehnte mit Beschluß vom 25.2.2000 die Übernahme des Verfahrens ab und legte gleichzeitig das Verfahren dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vor.

Beide Beschlüsse wurden jeweils den Parteien mitgeteilt.

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung zuständig, weil die beteiligten Gerichte in Mühldorf a. Inn und Hilpoltstein zu den Bezirken unterschiedlicher bayerischer Oberlandesgerichte gehören (§ 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO).

2. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Beide Amtsgerichte haben sich rechtskräftig mit Beschlüssen vom 31.1.2000 und 25.2.2000 für unzuständig erklärt, die jeweils den Parteien bekanntgemacht worden sind.

3. Als zuständiges Gericht ist das Amtsgericht Schwabach, Zweigstelle Hilpoltstein, zu bestimmen.

a) Neben den allgemeinen prozessualen Zuständigkeitsvorschriften ist auch die verfahrensrechtliche Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses nach § 281 Abs. 2 Satz 5 ZPO zu beachten. Die Bindungswirkung hat zur Folge, daß im Rahmen der Entscheidung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO das Gericht als zuständig zu bestimmen ist, an welches bindend verwiesen worden ist (Zöller/Vollkommer ZPO 21. Aufl. § 36 Rn. 28 m. w. N.). Eine Bindung tritt nur dann nicht ein, wenn der grundsätzlich unanfechtbaren Verweisung jede rechtliche Grundlage fehlt, sie also auf Willkür beruht. Die Verbindlichkeit eines Verweisungsbeschlusses wird noch nicht dadurch in Frage gestellt, daß er auf einem Rechtsirrtum des Gerichts beruht oder sonst fehlerhaft ist (BGH NJW 1993, 1273).

b) Der Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts Mühldorf a. Inn vom 31.1.2000 entbehrt bezüglich der Antragsgegner zu 1) und 3) nicht der rechtlichen Grundlage. Er ist bezüglich der Antragsgegnerin zu 2) nicht willkürlich. Das Amtsgericht Schwabach, Zweigstelle Hilpoltstein, ist somit daran gebunden.

Zwischen den Antragsgegnern besteht, nach dem hierfür maßgeblichen Vorbringen des Antragstellers eine Streitgenossenschaft, weil sie als Fahrzeugführer, Fahrzeughalter und Haftpflichtversicherer Gesamtschuldner sind (§ 421 BGB, § 7 Abs. 1, § 18 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1 und 2 PflichtVG; BayObLG NJW 1985, 570 m. w. N.).

Die Antragsgegner zu 1) und 3) haben im Bezirk des Amtsgerichts Mühldorf keinen allgemeinen und keinen besonderen Gerichtsstand. Deshalb konnte die vom Antragsteller diesbezüglich getroffene Wahl (§ 35 ZPO) bezüglich dieses Gerichts eine Bindungswirkung nicht entfalten.

Als gemeinsamer besonderer Gerichtsstand kam für alle drei Antragsgegner nur der Gerichtsstand des Unfallortes (§ 32 ZPO, § 20 StVG) in Betracht, der nach dem insoweit maßgebenden Vortrag des Antragstellers im Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Schwabach, Zweigstelle Hilpoltstein, liegt. Dieser besondere Gerichtsstand gilt auch für den Direktanspruch des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer nach § 3 Nr. 1 PflichtVG (BGH VersR 1983, 586).

Die auf Antrag des Klägers erfolgte Verweisung bezüglich der Antragsgegner zu 1) und 3) entsprach somit der Gesetzeslage und entfaltete Bindungswirkung für das Amtsgericht Schwabach, Zweigstelle Hilpoltstein (§ 281 Abs. 2 Satz 5 ZPO).

c) Zwar hatte der Antragsteller mit der Einreichung der Klageschrift bei dem für den allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 17 ZPO) der Antragsgegnerin zu 2) zuständigen Gericht und der Zustellung der Klageschrift an d...

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