Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentsauslegung
Leitsatz (amtlich)
1. Treffen Eheleute in einem gemeinschaftlichen Testament für den Fall ihres „plötzlichen Todes” letztwillige Verfügungen, so kann dies dahin ausgelegt werden, daß diese Verfügungen auch für den Fall gelten sollen, daß die Eheleute nacheinander im Abstand von mehreren Jahren auf gewöhnliche Weise versterben.
2. Bestimmen die Eheleute in dem Testament, daß ihr Sohn ihr bäuerliches Anwesen erbt, die Tochter einen Bauplatz und 20.000 DM erhalten soll, so kann dies als Alleinerbeneinsetzung des Sohnes nach dem letztversterbenden Ehegatten ausgelegt werden.
Normenkette
BGB §§ 133, 2087, 2074
Verfahrensgang
LG Traunstein (Gerichtsbescheid vom 24.02.1999; Aktenzeichen 4 T 4316/98) |
AG Laufen (Gerichtsbescheid vom 30.10.1998; Aktenzeichen VI 795/94) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 24. Februar 1999 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß der Wert des Beschwerdeverfahrens auf 52.000 DM festgesetzt wird.
II. Die Beteiligte zu 2 hat dem Beteiligten zu 1 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 52.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Erblasser ist 1994 im Alter von 70 Jahren verstorben. Aus der Ehe mit seiner 1992 vorverstorbenen Ehefrau stammen zwei Kinder, der 1951 geborene Sohn Anton (Beteiligter zu 1) und die 1955 geborene Tochter Maria (Beteiligte zu 2). Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus einem landwirtschaftlichen Anwesen mit einer Fläche von 12,82 ha und einem Ertragswert von 140.000 DM, ferner aus Geldvermögen in Höhe von ca. 72.000 DM. Der Erblasser hatte den Hof ab November 1988 an seinen Sohn verpachtet.
In einem privatschriftlichen gemeinschaftlichen Testament vom 10.11.1978 haben die Eheleute folgendes bestimmt:
Im Falle eines plötzlichen Todes der Eheleute … ist unser Sohn Anton … der Erbe des landwirtschaftlichen Anwesens. Die Tochter Maria … soll einen Bauplatz 100.000 qm (durchgestrichen und durch 1.000 qm ersetzt) und 20.000 DM in bar erhalten. Sollte es zu einem Verkauf des landwirtschaftlichen Anwesens kommen müssen die Geschwister teilen.
Ferner liegt eine handschriftliche, auf den 31.1.1990 datierte und unterschriebene Notiz des Erblassers mit folgendem Wortlaut vor:
Bestätigung: Mein geschriebenes Testament hat noch immer Gültigkeit.
In einem mit „Testament” überschriebenen, auf den 8.10.1992 datierten Schriftstück hat der Erblasser folgendes bestimmt:
Sollte mir plötzlich etwas zustoßen, so ist mein Sohn Anton … Alleinerbe des landwirtschaftlichen Anwesens. Er muß allerdings seiner Schwester … eine Wohnung ca. 70 qm im Rohbau erstellen (Bau einer Garage mit Wohnung oben). DM 120.000,– stehen dazu zur Verfügung. Den Ausbau muß Maria … selbst übernehmen. Der Rest meines Geldes sollte aufgeteilt werden.
Das Nachlaßgericht hat am 31.1.1995 dem Beteiligten zu 1 einen Erbschein erteilt, der ihn auf der Grundlage des gemeinschaftlichen Testaments als Alleinerben ausweist. Die Beteiligte zu 2, die dem zunächst nicht widersprochen hatte, hat, nachdem sie sich hinsichtlich von Pflichtteilsforderungen nicht mit dem Beteiligten zu 1 hatte einigen können, am 5.8.1998 die Einziehung dieses Erbscheins beantragt. Sie ist der Auffassung, daß das gemeinschaftliche Testament nur für den Fall eines „plötzlichen gemeinsamen Todes” beider Eheleute habe gelten sollen. Dieser Fall sei nicht eingetreten. Außerdem habe der Erblasser die Zahl 100.000 nachträglich durchgestrichen und durch die Zahl 1.000 ersetzt, ohne daß dies durch den Willen der Ehefrau gedeckt gewesen sei. Ihr sei daher nach diesem gemeinschaftlichen Testament wie nach dem späteren Testament des Erblassers ein ganz erheblicher Teil des Vermögens zugewiesen worden, so daß, selbst wenn die Testamente wirksam sein sollten, nicht von einer Alleinerbeneinsetzung des Beteiligten zu 1 ausgegangen werden könne.
Der Beteiligte zu 1 hat der Einziehung widersprochen. Nach seiner Auffassung wollten die Eheleute in dem gemeinschaftlichen Testament die Erbfolge für den Fall regeln, daß sie beide verstorben seien, gleichgültig ob zeitlich in engem Zusammenhang oder in einem weiteren Abstand. Bei der Zahl 100.000 handle es sich um ein offensichtliches Schreibversehen, das der Erblasser im beiderseitigen Einverständnis der Eheleute korrigiert habe.
Das Nachlaßgericht hat die Einziehung des Erbscheins mit Beschluß vom 30.10.1998 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 2 hat das Landgericht mit Beschluß vom 24.2.1999 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte zu 2 nach Einholung eines Schriftsachverständigengutachtens am 8.2.2000 weitere Beschwerde eingelegt.
II.
Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt, die Klausel „im Falle eines plötzlichen Todes der Eheleute” in dem gemeinschaftlichen Testament sei nicht dahin auszulegen, daß die Eh...