Leitsatz (amtlich)
1. Unzulässige Beschwerde gegen eine gerichtsinterne Zwischenverfügung.
2. Zur Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments, in dem die Ehegatten den einzigen männlichen Abkömmling zum „Hoferben” unter Enterbung der weiblichen Abkömmlinge eingesetzt haben, dieser jedoch bereits zu Lebzeiten den Hof übernimmt.
Verfahrensgang
LG Deggendorf (Beschluss vom 17.10.2002; Aktenzeichen 1 T 36/02) |
AG Deggendorf (Aktenzeichen VI 453/01) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des LG Deggendorf vom 17.10.2002 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen die Verfügung des AG Deggendorf – Nachlassgericht – vom 7.12.2001 als unzulässig verworfen wird.
II. Der Beteiligte zu 1) hat die den Beteiligten zu 2) bis 4) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 77.408 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die 2001 im 81. Lebensjahr verstorbene Erblasserin und ihr 1988 vorverstorbener Ehemann waren Landwirtseheleute und betrieben einen Bauernhof. Die Beteiligten sind die Kinder aus dieser Ehe.
Mit Ehe- und Erbvertrag vom 22.4.1949 haben die Eheleute den Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft vereinbart und sich gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt.
Unter dem Datum vom 17.6.1976 haben die Erblasserin und ihr Ehemann ein gemeinschaftliches Testament handschriftlich verfasst, das wie folgt lautet:
Nach unseren Ableben soll unser Sohn …(= Beteiligter zu 1) das gesamte Anwesen mit sämtlichen Grundstücken, lebenden und toten Inventar mit allen Rechten und Pflichten bekommen.
Als Gegenleistung hat unser Sohn an unsere drei Töchter d.h. an die drei Schwestern …(= Beteiligte zu 2), 3) und 4) je 5.000 DM innerhalb zwei Jahre nach unserem Ableben auszubezahlen.
Ferner hat der Hoferbe die Kosten einer standesgemäßen Beerdigung zu tragen. N.B. möchten wir bemerken, dass die drei Töchter von uns ausreichend mit Heiratsgut bedacht wurden also vom Hoferben keine weiteren Forderungen stellen können.
Unterschriften
Mit notarieller Urkunde vom 1.12.1980 haben die Eheleute dem Beteiligten zu 1) den Bauernhof mit dem gesamten zum Anwesen gehörenden Grundbesitz übergeben. Der Beteiligte zu 1) hat sich als Gegenleistung neben der Übernahme eines umfangreichen Leibgedings u.a. verpflichtet, den Beteiligten zu 2) bis 4) je 5.000 DM zu zahlen sowie für die Beerdigung und Grabpflege der Eheleute zu sorgen. Ausgenommen von der Übergabe waren das Grundstück Flst. 402, das die Erblasserin in die Ehe eingebracht hatte, und das Grundstück der Flst. 1142, das die Eheleute 1972 durch Erbschaft erworben hatten. Beide Grundstücke sind im Eigentum der Eheleute verblieben.
Nach dem Tod ihres Ehemanns hat die Erblasserin am 19.12.1989 ein notarielles Testament errichtet, in dem sie unter Aufhebung aller bisherigen letztwilligen Verfügungen die Beteiligten zu 2) bis 4) zu gleichen Teilen zu ihren Erben eingesetzt und eine Teilungsanordnung dahin gehend verfügt hat, dass die Beteiligten zu 2) und 3) gemeinsam das Grundstück Flst. 402 und die Beteiligte zu 4) das Grundstück Flst. 1142 erhalten. Außerdem hat sie ein Vermächtnis angeordnet, nach dem der Beteiligte zu 1) ihr gesamtes Mobiliar bekommt.
Nach dem Tod der Erblasserin und Eröffnung der Testamente von 1976 und 1989 hat das Nachlassgericht in einer Verfügung vom 7.12.2001 festgehalten, das Testament von 1976 beinhalte keine wechselbezügliche Verfügung i.S.d. § 2270 BGB; die Erblasserin sei deshalb nicht gehindert gewesen, 1989 ein neues Testament zugunsten der Beteiligten zu 2) bis 4) wirksam zu errichten. Diese Verfügung hat der Nachlassrichter an den zuständigen Rechtspfleger „zur Kenntnisnahme und weiteren Veranlassung” zugeleitet. Dieser hat eine Abschrift der Verfügung den Beteiligten mitgeteilt.
Gegen die Verfügung vom 7.12.2001 hat der Beteiligte zu 1) mit an das Nachlassgericht gerichtetem Schreiben Beschwerde eingelegt und beantragt, ihm einen Erbschein als Alleinerben aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments von 1976 zu erteilen. Das Nachlassgericht hat – ohne eine Abhilfeentscheidung zu treffen – die Beschwerde dem LG vorgelegt. Dieses hat mit Beschluss vom 17.10.2002 die Beschwerde des Beteiligten zu 1) als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte zu 1) weitere Beschwerde eingelegt.
II. Die nicht fristgebundene und formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist zulässig (§ 27 Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 1, 4, § 20 FGG). Sie ist in der Sache ohne Erfolg; das LG hätte die Beschwerde jedoch nicht als unbegründet zurückweisen dürfen, sondern als unzulässig verwerfen müssen.
1. Das LG hat die Beschwerde ohne nähere Begründung als zulässig angesehen und ausgeführt, die Erblasserin sei durch das gemeinschaftliche Testament von 1976 nicht gehindert gewesen, 1989 ein wirksames Testament zugunsten der Beteiligten zu 2) bis 4) zu errichten. Dabei könne dahinstehen, ob die Verfügungen im Testament von 1976 zugunsten des ...