Leitsatz (amtlich)

Zur Beteiligung und zum Beschwerderecht von Stiefkindern im Verfahren zur Erteilung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung der Veräußerung eines Grundstücks, wenn diesen durch Vermächtnis des verstorbenen Ehemanns der Betreuten ein bedingter, durch eine Eigentumsvormerkung an dem Grundstück gesicherter Anspruch auf Übertragung eines früher dem Ehemann zustehenden Miteigentumsanteils am Grundstück zugewandt ist.

 

Normenkette

BGB § 1821; FGG § 20 Abs. 1, §§ 55, 62, 69 d Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 25.03.2003; Aktenzeichen 13 T 3292/03)

AG München (Aktenzeichen 707 XVII 05595/01)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München I vom 25.3.2003 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Betroffene und ihr verstorbener Ehemann waren Miteigentümer zu je 1/2 eines Hausgrundstücks in D. Die Betroffene hat ihren Ehemann allein beerbt. Dieser hat seinen Kindern aus früherer Ehe, den weiteren Beteiligten zu 1) mit 3), durch ein Vermächtnis, zu erfüllen bei Tod der Betroffenen, seinen Miteigentumsanteil an dem Grundstück zugewandt. Nach dem Vermächtnis ist die Betroffene jedoch berechtigt, das Grundstück insgesamt zu verkaufen, wobei den Kindern dann die Hälfte des Verkaufserlöses auszukehren ist. Der Betroffenen steht außerdem ein Ablösungsrecht hinsichtlich des Hälfteanteils zu. entspr. dem Testament ist der (künftige) Anspruch der Kinder auf Übertragung des Hälfteanteils durch Eigentumsvormerkungen gesichert.

Für die Betroffene wurde am 21.10.2001 eine Rechtsanwältin als berufsmäßige Betreuerin für zahlreiche Angelegenheiten, darunter die Vermögenssorge, bestellt.

Die Betreuerin veräußerte zu notarieller Urkunde vom 29.11.2002 das eingangs genannte Grundstück für 350.000 Euro. Der Kaufpreis entspricht dem Ergebnis eines zuvor eingeholten Wertgutachtens. Die weiteren Beteiligten sind mit dieser Veräußerung nicht einverstanden.

Das AG bestellte im Rahmen des Genehmigungsverfahrens einen Verfahrenspfleger für die Betroffene. Dieser stimmte der Veräußerung des Grundstücks zu. Das VormG genehmigte am 3.2.2003 die Veräußerung, nachdem es dies zunächst am 9.1.2003 durch Vorbescheid angekündigt hatte. Der Vorbescheid war den weiteren Beteiligten am 24.1.2003 auf Anfrage ihres Verfahrensbevollmächtigten mitgeteilt worden.

Die von den weiteren Beteiligten gegen die Genehmigung eingelegte Beschwerde hat das LG am 25.3.2003 als unzulässig verworfen, da die Genehmigung durch Mitteilung an den Erwerber unabänderbar geworden sei. Die weiteren Beteiligten seien durch die Genehmigung nicht in ihren Rechten betroffen, so dass sich für sie auch nach der Rspr. des BVerfG keine Beschwerdemöglichkeit ergebe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der weiteren Beteiligten.

II. Die nicht fristgebundene weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG) und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerdeberechtigung der weiteren Beteiligten ergibt sich für das Verfahren der weiteren Beschwerde bereits aus der Verwerfung ihrer Erstbeschwerde durch das LG (§ 20 Abs. 1, § 29 Abs. 4 FGG; vgl. BayObLGZ 1976, 281 [282] und BayObLG v. 15.4.1996 – 1Z BR 169/95, BayObLGZ 1996, 90 [91] = BayObLGReport 1996, 53 m.w.N.).

Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die rechtliche Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG, § 546 ZPO) ergibt, dass das LG die Beschwerde zu Recht als unzulässig verworfen hat.

1. Gem. § 55 Abs. 1 FGG, der bei einer Betreuung entspr. anzuwenden ist (§ 69e S. 1 FGG), kann eine Verfügung, durch welche die Genehmigung zu einem Rechtsgeschäft erteilt wird, vom VormG insoweit nicht mehr geändert werden, als die Genehmigung einem Dritten ggü. wirksam geworden ist. Ist die Genehmigung für das VormG nicht mehr abänderbar, kann auch das Beschwerdegericht sie nicht mehr ändern (§ 62, § 69e S. 1 FGG). Eine gegen die Genehmigung gleichwohl eingelegte Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen (vgl. BayObLG v. 28.5.1997 – 3Z BR 49/97, FamRZ 1997, 1426 m.w.N.).

So liegt der Fall hier.

a) Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Veräußerung des Hausgrundstücks der Betroffenen (§ 1821 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 BGB i.V.m. § 1908i Abs. 1 S. 1 BGB) vom 3.2.2003 wurde der Notarin mitgeteilt, die den Kaufvertrag und die Auflassung am 29.11.2002 beurkundet hatte. Die Notarin war in der Urkunde (Ziff. XI) von beiden Vertragsparteien wirksam ermächtigt und beauftragt worden, Erklärungen zur Durchführung des Rechtsgeschäfts abzugeben und entgegenzunehmen (sog. Doppelvollmacht; vgl. BayObLG v. 28.5.1997 – 3Z BR 49/97, FamRZ 1997, 1426 und 1998, 1325 [1326]). Danach konnte sie für die Betroffene die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung entgegennehmen, diese namens der Betroffenen dem Vertragspartner mitteilen und für diesen die Mitteilung in Empfang nehmen. Nach außen erkennbar gemacht hat die Notarin die Vornahme dieser zulässigen In-sich-Geschäfte durch Vermerk vom 7.2.2003. Zu diesem Zeitpunkt ist demnach die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung unabänderbar und damit unanfechtbar ge...

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