Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung. Bestimmung des zuständigen Gerichts

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 10 O 19531/90)

AG Fürth (Bayern) (Aktenzeichen 1 F 229/91)

 

Tenor

Zuständig ist das Amtsgericht Fürth.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Die in Fürth wohnende Klägerin hat gegen den nach München verzogenen Beklagten beim Landgericht München I Klage erhoben, mit der sie Zahlung von DM 12.640,– verlangt. Zur Begründung hat sie, gestützt auf ungerechtfertigte Bereicherung und unerlaubte Handlung, im wesentlichen vorgetragen, der Beklagte habe ein für die gemeinschaftliche Lebensführung bestimmtes Girokonto mit einem Schuldsaldo von DM 12.640,– überzogen und den erlangten Betrag zur Finanzierung eigener Bedürfnisse verwendet.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht München I am 1.3.1991 hat sich die Zivilkammer auf Antrag der Klägerin, dem sich der Beklagte angeschlossen hat, für örtlich und sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das „Amtsgericht Fürth – Familiengericht” verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach dem Sachvortrag im Termin komme ein Schadensersatzanspruch nicht mehr in Betracht; als Anspruchsgrundlage verbleibe nur der Zugewinnausgleich.

Der Familienrichter des Amtsgerichts Fürth vertrat hingegen die Auffassung, der Verweisungsbeschluß sei „in jeder Hinsicht grob falsch”. Nachdem der Vorsitzende der Zivilkammer des Landgerichts München I die Rückübernahme des Verfahrens abgelehnt hatte, beraumte der Familienrichter Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 4.7.1991 an. Die Prozeßbevollmächtigte der Klägerin regte an, das Gericht möge sich für unzuständig erklären und die Zuständigkeit überprüfen lassen. Der Familienrichter hat am 23.8.1981 beschlossen:

Das Amtsgericht – Familiengericht – Fürth ist zur Entscheidung des Rechtsstreits weder örtlich noch sachlich zuständig.

Zur Begründung ist ausgeführt, es handele sich nicht um eine Familiensache, sondern um eine zivilrechtliche Streitigkeit; ein Zugewinnausgleichsanspruch komme im Hinblick auf das durch Schulden negative Endvermögen des Beklagten nicht in Betracht.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 2.9.1991 beim Bayerischen Obersten Landesgericht beantragt, das Landgericht München I als zuständiges Gericht gemäß § 36 Nr. 6 ZPO zu bestimmen. Der Beklagte trägt vor, das Amtsgericht Fürth – Familiengericht – sei aufgrund des bindenden Verweisungsbeschlusses vom 1.3.1991 zuständig.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist als das zunächst höhere gemeinsame Gericht zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreits berufen (§ 36 Nr. 6 ZPO i.V.m. §§ 8, 10 Abs. 2 EGGVG, § 139 Abs. 1 GVG, § 7 EGZPO, Art. 11 Abs. 1 AGGVG; vgl. BGH NJW 1979, 2249 und BayObLGZ 1988, 305 m.w.Nachw.); denn das Landgericht München I und das Amtsgericht Fürth, die ihre Zuständigkeit verneinen, gehören zu verschiedenen bayerischen Oberlandesgerichtsbezirken.

2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Nr. 6 ZPO liegen vor. Diese Vorschrift ist für den hier gegebenen Zuständigkeitsstreit zwischen einer Zivilkammer des Landgerichts und einem Familiengericht entsprechend anwendbar (vgl. BGH NJW 1983, 1913; Zöller/Vollkommer ZPO 17. Aufl. Rn. 29, Thomas/Putzo ZPO 17. Aufl. Anm. 2 f dd ≪3≫, jeweils zu § 36).

a) Die Klägerin hat die Bestimmung der Zuständigkeit beantragt. Gemäß § 37 ZPO ist sie antragsberechtigt.

b) Die beiden beteiligten Gerichte haben sich „rechtskräftig” im Sinn des § 36 Nr. 6 ZPO für unzuständig erklärt.

Der Beschluß des Landgerichts München I vom 1.3.1991 ist gemäß § 281 Abs. 2 Satz 1 ZPO a.F. unanfechtbar.

Auch der Beschluß des Amtsgerichts Fürth vom 23.8.1991 erfüllt die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung in entsprechender Anwendung des § 36 Nr. 6 ZPO. Er enthält zwar keine Verweisung des Rechtsstreits und ist nicht auf § 281 ZPO gestützt, sondern beschränkt sich auf den Ausspruch der örtlichen und sachlichen Unzuständigkeit. Er enthält aber eine als verbindlich gewollte Feststellung der Unzuständigkeit, auf die es in diesem Zusammenhang entscheidend ankommt (vgl. BGH NJW 1989, 461). Diese genügt (Zöller/Vollkommer Rn. 25, Thomas/Putzo Anm. 2 f bb ≪2≫ jeweils zu § 36), wenn sie, wie hier, den Parteien bekannt gemacht wurde (vgl. BayObLG FamRZ 1985, 800).

Daß die Unzuständigkeit nur von der Abteilung für Familiensachen des Amtsgerichts Fürth, nicht auch von der Prozeßabteilung desselben Gerichts festgestellt wurde, hindert die Zuständigkeitsbestimmung nicht. Der gegenteiligen Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt (FamRZ 1989, 75/76; ablehnend Patzina FamRZ 1989, 293 ff.) schließt sich der Senat nicht an. Im Sinne des § 36 Nr. 6 ZPO hat sich ein Gericht dann für unzuständig erklärt, wenn der befaßte Spruchkörper die Zuständigkeit des Gerichts verneint hat. Schon mit Rücksicht auf den Zweck des Verfahrens nach § 36 Nr. 6 ZPO, einen Zuständigkeitsstreit möglichst schnell und einfach zu beenden (vgl. BGHZ 71, 15/18; 102, 338/340), ist es nicht erforde...

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