Entscheidungsstichwort (Thema)
Testament
Leitsatz (redaktionell)
Zur Vermeidung der Nichtigkeit eines Testaments kann eine Umdeutung der darin getroffenen Verfügungen in Betracht kommen. Dabei ist der Erblasserwille im Wege der Auslegung zu ermitteln.
Normenkette
BGB §§ 140, 2084, 2302
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 02.11.1993; Aktenzeichen 5 T 364/91) |
AG Regensburg (Aktenzeichen VI 1797/90) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 2. November 1993 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 1 hat die der Beteiligten zu 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 180 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der 1990 im Alter von 81 Jahren verstorbene Erblasser war verwitwet. Er hinterläßt eine Tochter (Beteiligte zu 1). Mit der Beteiligten zu 2 hatte er seit 1974 in nichtehelicher Gemeinschaft zusammengelebt. Zum Nachlaß gehören zwei Eigentumswohnungen sowie Bankguthaben und Wertpapiere im Gesamtwert von rund 360 000 DM.
In einem am 16./23.12.1972 vom Erblasser eigenhändig geschriebenen und unterzeichneten, von seiner vorverstorbenen Ehefrau mitunterzeichneten gemeinschaftlichen Testament haben die Ehegatten folgendes bestimmt:
1.) Wir Eheleute: … bekunden nachstehend unsere letztwillige Verfügung über unser Vermögen wie folgt.
2.) Wir setzen uns gegenseitig, der Zuerstversterbende den Überlebenden zum alleinigen Erben ein. Wir nehmen diese Erbeinsetzung hiermit gegenseitig an. Diese gegenseitige Erbeinsetzung erfolgt insbesondere deshalb, weil wir seit Jahrzehnten in allen Schicksalslagen zusammen unser Vermögen erarbeitet haben.
3.) Der überlebende Gatte übernimmt die Verpflichtung, daß nach seinem Ableben, unsere Tochter I. (Beteiligte zu 1), oder deren Nachkommen als Erbe für Haus- und Grundbesitz in R. und Haus- und Grundbesitz in P. eingesetzt werden.
4.) Eine Veräußerung oder Vererbung dieser beiden Objekte an eine andere Person ist dem überlebenden Gatten nicht möglich.
5.) Falls die Tochter I. vor dem Ableben des Letztversterbenden Ihren Pflichtteil fordern sollte, entfällt die Festlegung laut Absatz 3 und 4.
6.) Wir bestätigen durch unsere Unterschriften, daß diese Verfügung richtig u. von beiden Ehegatten erwünscht ist …
Der in Nr. 3 genannte Grundbesitz gehörte den Ehegatten je zur Hälfte.
Nach dem Tod seiner Ehefrau im Jahr 1973 hatte das Nachlaßgericht dem Erblasser einen Erbschein erteilt, der ihn als Alleinerben, die Beteiligte zu 1 als Nacherbin und deren Abkömmlinge als Ersatznacherben auswies. Dieser Erbschein wurde nach dem Tod des Erblassers wegen Eintritts des „Nacherbfalls” eingezogen.
Das im gemeinschaftlichen Testament genannte Reihenhaus in R. hatte der Erblasser im Jahr 1974 an die Beteiligte zu 1 übertragen.
Am 25.11.1983 hat der Erblasser ein notarielles Testament errichtet, in dem er die Beteiligte zu 2 zu seiner „alleinigen und ausschließlichen Erbin” einsetzte. Außerdem ordnete er an, daß die Beteiligte zu 1 die im gemeinschaftlichen Testament genannte Eigentumswohnung in P. als „Vermächtnis” erhalten solle mit der Verpflichtung, der Beteiligten zu 2 darin ein lebenslanges, unentgeltliches Wohnrecht einzuräumen.
Im Eingang dieser notariellen Urkunde hat der Erblasser erklärt, in dem gemeinschaftlichen Testament sei keine Vor- und Nacherbfolge gewollt gewesen, da noch weiteres wesentliches Vermögen seiner vorverstorbenen Ehefrau vorhanden gewesen sei, über das er habe frei verfügen sollen. Es habe nur sichergestellt werden sollen, daß die Beteiligte zu 1 die beiden im gemeinschaftlichen Testament genannten Grundstücke, die keineswegs das gesamte Vermögen ausgemacht hätten, erhalten solle. Es handele sich richtigerweise um ein Vermächtnis. Um einen möglichen Streit mit seiner Tochter um die Vor- und Nacherbfolge zu vermeiden, wolle er den ihm erteilten Erbschein nicht einziehen lassen.
Die Beteiligten haben beim Nachlaßgericht jeweils einen Alleinerbschein beantragt, die Beteiligte zu 2 unter Berufung auf das notarielle Testament des Erblassers vom 25.11.1983, die Beteiligte zu 1 gestützt auf das gemeinschaftliche Testament ihrer Eltern. Das Nachlaßgericht hat am 15.7.1991 einen Erbschein entsprechend dem Antrag der Beteiligten zu 2 angekündigt. Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt, die das Landgericht nach Durchführung von Ermittlungen mit Beschluß vom 2.11.1993 zurückgewiesen hat.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. Sie beantragt, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben und das Nachlaßgericht anzuweisen, den von ihr beantragten Erbschein zu erteilen hilfsweise, das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Die Beteiligte zu 2 beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig, aber unbegründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Erblasser sei aufgrund des notariellen Testament...