Leitsatz (amtlich)
1. Der Vergütung eines Rechtsanwalts für die Betreuung eines nicht mittellosen Betroffenen ist in der Regel ein Stundensatz von 200 DM einschließlich Mehrwertsteuer zugrunde zu legen.
2. Im Einzelfall kann gemäß den für die Betreuervergütung allgemein geltenden Grundsätzen ein höherer oder auch niedrigerer Stundensatz gerechtfertigt sein.
Normenkette
BGB § 1836 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 23.09.1996; Aktenzeichen 13 T 17665/96) |
AG München (Beschluss vom 26.07.1996; Aktenzeichen 701 XVII 112/92) |
Tenor
Der Beschluß des Landgerichts München I vom 23. September 1996 und der Beschluß des Amtsgerichts München vom 26. Juli 1996 werden dahin abgeändert, daß eine Vergütung von 8000 DM (einschließlich Mehrwertsteuer) bewilligt wird.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht bestellte am 31.3.1992 eine Rechtsanwältin zur Betreuerin der Betroffenen mit den Aufgabenkreisen Sorge für die Gesundheit der Betroffenen, Vermögens sorge, einschließlich der öffentlich-rechtlichen Vertretung bezüglich ihres PKW und gesetzliche Vertretung in allen postalischen Angelegenheiten. Am 26.10.1995 erweiterte das Amtsgericht den Aufgabenkreis auf die Aufenthaltsbestimmung. Am 21.2.1996 beantragte die Betreuerin, ihr für das Jahr 1995 eine Vergütung von 8000 DM einschließlich Mehrwertsteuer (40 Stunden zu je 200 DM) zu bewilligen. Das Amtsgericht bewilligte am 26.7.1996 nur eine Vergütung von 6000 DM. Es erkannte den geltend gemachten Zeitaufwand an, setzte aber einen Stundensatz von 150 DM fest. Die Beschwerde der Betreuerin hiergegen wies das Landgericht mit Beschluß vom 23.9.1996 zurück. Mit ihrer weiteren Beschwerde begehrt die Betreuerin die Bewilligung eines Stundensatzes von 200 DM einschließlich Mehrwertsteuer.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig und begründet.
A. Das Landgericht hat ausgeführt, der vom Amtsgericht zugebilligte Stundensatz sei angemessen. Es sehe keine Veranlassung, seine im Beschluß vom 31.5.1996 dargelegte Rechtsauffassung zu ändern, daß einem anwaltlichen Berufsbetreuer bei einem vermögenden Betreuten ein Regelstundensatz von 150 DM einschließlich Mehrwertsteuer zuzubilligen sei. Umstände, die eine Erhöhung des Stundensatzes rechtfertigen würden, lägen nicht vor, insbesondere sei das Vermögen der Betreuten von rund 90 000 DM kein Erhöhungsgrund.
Mit seinem Beschluß vom 31.5.1996 (BtPrax 1996, 192 ff.), auf welchen Bezug genommen wird, kommt das Landgericht zu folgendem Ergebnis:
Für die Ermittlung des angemessenen Stundensatzes sei eine durchschnittliche Jahresarbeitszeit von 1 340 Stunden zugrundezulegen, womit der bei einem Selbständigen notwendige Risikozuschlag ausreichend berücksichtigt sei.
Der Vergütungsanspruch eines Betreuers mit der Qualifikation eines Rechtsanwalts werde damit aufgrund folgender Schätzungsgrundlagen berechnet:
Honorar |
130 000,00 DM |
1/2 Verwaltungskraft BAT VI |
30 135,00 DM |
sonstige Bürounkosten |
14 900,00 DM |
Gesamtsumme: |
175 035,00 DM |
Stundensatz: 175.035: 1340 = |
130,62 DM |
Hinzuzurechnen sei die Mehrwertsteuer |
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in Höhe von 15 % (19,59 DM), so daß der |
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Stundensatz |
150,21 DM |
gerundet |
150,00 DM |
betrage.
B. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht stand.
1. Ist – wie hier – der Betreuer Berufsbetreuer und der Betroffene nicht mittellos, hat der Betreuer Anspruch auf die Bewilligung einer angemessenen Vergütung (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1836 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB).
a) Die Angemessenheit der dem Betreuer aus dem Vermögen des Betreuten zu bewilligenden Vergütung wird durch die Umstände des jeweiligen Falles, insbesondere durch die Größe des Vermögens bzw. des Nachlasses des Betreuten, die Erforderlichkeit besonderer Fachkenntnisse des Betreuers, die Bedeutung und die Schwierigkeit der dem Betreuer obliegenden Geschäfte, das sich hieraus ergebende Maß an Verantwortung und vor allem durch die vom Betreuer erbrachte Leistung bestimmt (vgl. BayObLGZ 1996, 37/38 f. m.w.N.; BayObLG FamRZ 1996, 1166/1167, 1173/1174; KG FamRZ 1996, 227/228).
b) Bei einem Berufsbetreuer bemißt sich die Vergütung nach dem Zeitaufwand und einem angemessenen Stundensatz (ständige Rechtsprechung; vgl. BayObLGZ 1995, 35/38; BayObLG FamRZ 1996, 1173/1174).
c) Bei der Schätzung des Stundensatzes (zur entsprechenden Anwendbarkeit von § 287 ZPO vgl. BayObLGZ 1995, 35/41; BayObLG JurBüro 1993, 49) kann sich das Gericht an die Honorare anlehnen, die allgemein in der Berufsgruppe, welcher der Betreuer angehört, bezahlt werden. Gibt es solche Vergleichsbeträge nicht, kann z.B. auf die Honorierung ähnlicher Berufsgruppen mit gleicher Ausbildung zurückgegriffen werden. Zu berücksichtigen sind auf jeden Fall auch die Bürokosten einschließlich Personalkosten und Mehrwertsteuer, wobei darauf abzustellen ist, welche Kosten Berufsbetreuer üblicherweise für ein Büro mittleren Zuschnitts aufwenden. Zu berücksichtigen ist ferner ein Risikozuschlag für freie Berufe. Im Ergebnis ist ein Stundensatz zuzubilligen, der gewährleistet, daß die Vergütung dem Beru...