Leitsatz (amtlich)
1. Zur Bemessung des Stundensatzes eines als Betreuer tätigen Rechtsanwalts (hier 200 DM einschließlich Mehrwertsteuer).
2. Der Tatrichter kann die vom Betreuer für die Erfüllung seiner Aufgaben aufgewendete Zeit unter Berücksichtigung der vom Betreuer angegebenen Tätigkeiten insbesondere dann schätzen, wenn der Betreuer keine ausreichenden konkreten Zeitangaben macht.
3. Das Rechtsbeschwerdegericht kann diese Schätzung nur dahin überprüfen, ob der Tatrichter von denkgesetzlich unrichtigen oder offenbar unsachlichen Erwägungen ausgegangen ist oder wesentliche Tatsachen außer acht gelassen hat.
Normenkette
BGB § 1836 Abs. 1; ZPO § 287 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Landshut (Beschluss vom 24.10.1995; Aktenzeichen 30 T 1196/95) |
AG Freising (Aktenzeichen XVII 361/94) |
Tenor
Die weiteren Beschwerden gegen den Beschluß des Landgerichts Landshut vom 24. Oktober 1995 werden zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Mit Beschluß vom 3.5.1991 ordnete das Amtsgericht für den Betroffenen eine Pflegschaft mit dem Wirkungskreis Vertretung bei der Vermögensverwaltung an. Am 16.7.1991 bestellte die Rechtspflegerin den Beteiligten, einen Rechtsanwalt, zum Pfleger. Am 15.7.1993 hob das Amtsgericht die in eine Betreuung übergegangene Pflegschaft auf. Inzwischen wurde dem Betroffenen eine Rechtsanwältin zur Betreuerin bestellt. Für seine Tätigkeit als Pfleger und Betreuer beantragte der Beteiligte eine Vergütung von 6.900 DM einschließlich Mehrwertsteuer; eine Aufschlüsselung dieses Betrages erfolgte nicht. Mit Beschluß vom 6.3.1995 bewilligte das Amtsgericht eine Vergütung in Höhe von 1.000 DM. Auf die Beschwerde des Beteiligten hob das Landgericht mit Beschluß vom 24.10.1995 den Beschluß des Amtsgerichts auf und bewilligte eine Vergütung von 3.000 DM einschließlich Mehrwertsteuer. Hiergegen richten sich die weiteren Beschwerden des Betroffenen, der eine Vergütung von 1.000 DM für angemessen hält, und des Beteiligten, der eine Vergütung von 6.900 DM fordert.
Entscheidungsgründe
II.
Die weiteren Beschwerden sind zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Bemessung der Vergütung sei eine Ermessensentscheidung. Für die Höhe der Vergütung seien das Vermögen, die Höhe der Einkünfte und die flüssigen Geldmittel zu berücksichtigen. Maßgebend sei aber vor allem der zeitliche Aufwand für die Pflegertätigkeit, die Bedeutung und die Schwierigkeit der Geschäfte mit dem daraus zu entnehmenden Grad der Verantwortung, unter Umständen auch der finanzielle Erfolg der Geschäfte. Aus den Akten lasse sich das Vermögen des Betroffenen (ein Anwesen mit einem Mietvertrag von 900 DM monatlich und Bankguthaben von etwa 380.000 DM) und auch die Tätigkeiten des Beteiligten entnehmen. Dieser habe einen Mietvertrag mit einer Familie abgeschlossen, die bereits im Anwesen gewohnt habe, zwei Firmen mit der Renovierung des Anwesens beauftragt, Geldanlagegeschäfte bei zwei verschiedenen, Banken getätigt und dafür gesorgt, daß der Sperrmüll aus dem Anwesen entfernt worden sei. Ferner habe er Schreiben an die Rentenrechnungsstelle, die Stadt und die Stadtwerke gerichtet und dafür gesorgt, daß die laufenden Kosten des Anwesens beglichen worden seien. Schließlich habe er am 23.8.1991, 30.12.1991 und 20.8.1993 an das Amtsgericht Schreiben von durchschnittlich ein bis eineinhalb Seiten gerichtet.
Die Tätigkeiten des Beteiligten seien weder besonders einfach noch besonders kompliziert gewesen. Nach Schätzung der Kammer gemäß § 287 ZPO seien hierfür 15 Stunden angefallen.
Auch für die Höhe des angemessenen Stundensatzes sei die Kammer auf eine Schätzung gemäß § 287 ZPO angewiesen. Für die Jahre 1991 bis 1993 halte die Kammer einen Stundensatz von 200 DM einschließlich Mehrwertsteuer für angemessen,
Der Einwand des Betroffenen, der Beteiligte habe seine Geschäfte oberflächlich, nachlässig und mangelhaft geführt, sei im Verfahren der Vergütungsbewilligung nicht zu berücksichtigen.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Vergütung des Beteiligten nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB zu bewilligen ist, da der Betroffene nicht mittellos ist. Diese Bestimmung gilt auch für die Tätigkeiten des Beschwerdeführers als Pfleger vor dem 1.1.1992, da sie durch das Betreuungsgesetz nicht geändert worden ist.
a) Über die Höhe der zu bewilligenden Vergütung entscheidet das Vormundschaftsgericht und das im Beschwerdeverfahren an dessen Stelle tretende Landgericht nach pflichtgemäßem Ermessen (BayObLGZ 1983, 96/98; 1986, 448/450; 1990, 184/186; BayObLG FamRZ 1994, 317/318; vgl. Palandt/Diederichsen BGB 55. Aufl. § 1836 Rn. 9). Dabei sind die Größe des Vermögens des Betroffenen, der zeitliche Aufwand für die Tätigkeit des Betreuers, die Bedeutung und die Schwierigkeit der ihm obliegenden Geschäfte und der sich hieraus ergebende Grad der Verantwortung und alle sonstigen Umstände des Falles zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung; vgl. BayObLGZ 1986, 448/450; 19...