Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Erforderlichkeit der Zustimmung aller Eigentümer für Zuerwerb eines Speicherraumes mit Deckendurchbruch für Innentreppenverbindung
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 09.12.1996; Aktenzeichen 1 T 10734/96) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluß des Landgerichts München I vom 9. Dezember 1996 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – München vom 26. März 1996 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer zweier Dachgeschoßwohnungen in einer Wohnanlage, die aus zwei Häusern mit insgesamt 24 Wohnungen besteht. Der Beteiligten zu 1 gehört die Wohnung Nr. 10. Zu dieser gehört auch das Sondereigentum an dem gesamten über dem Dachgeschoß liegenden Speicherraum des Hauses. Der Speicherraum ist nur vom Sondereigentum der Wohnung Nr. 10 über eine Treppe zu erreichen. Den Beteiligten zu 2 gehört die im selben Haus gelegenen Wohnung Nr. 12. Mit notariellem Kaufvertrag vom 22.9.1994 erwarben sie von der Beteiligten zu 1 einen im beigefügten Lageplan rot eingezeichneten Teil des zum Wohnungseigentum Nr. 10 gehörenden Speicherraums mit der Absicht, diesen durch eine Wendeltreppe mit ihrer darunterliegenden Wohnung Nr. 12 zu verbinden. Die Beteiligten zu 2 verbanden das Sondereigentum an dem erworbenen Teil des Speicherraums mit ihrem Miteigentumsanteil an der Wohnung Nr. 12. Die Miteigentumsanteile wurden nicht verändert. Die Beteiligten einigten sich über den Eigentumsübergang und erteilten dem Urkundsnotar Vollmacht zur Abgabe der Eintragungsbewilligung. Am 13.3.1996 erklärte der Urkundsnotar gegenüber dem Grundbuchamt, aufgrund der ihm erteilten Vollmacht bewillige er die Eintragung des Eigentumsübergangs und beantrage den gesamten Vollzug seiner Urkunde einschließlich der Pfandfreigabe. Er legte die Freigabeerklärung der Grundpfandrechtsgläubigerin des Wohnungseigentums Nr. 10 vor sowie die Änderungsbescheinigung der Landeshauptstadt München vom 25.1.1996 zu den Bescheinigungen vom 20.7.1978 und 10.5.1990, mit der die Wohnung Nr. 12 gemäß dem beiliegenden Aufteilungsplan als in sich abgeschlossen bescheinigt wurde. In diesem Aufteilungsplan ist der veräußerte Speicheranteil mit der Nr. 12 bezeichnet und rot umrandet; innerhalb des umrandeten Bereichs ist eine nach unten führende Treppe eingezeichnet. Im Aufteilungsplan für das Dachgeschoß ist in einem Zimmer der Wohnung Nr. 12 eine zum Speicher führende Treppe eingezeichnet.
Mit Zwischenverfügung vom 26.3.1996 hat das Grundbuchamt die Vorlage von Zustimmungserklärungen sämtlicher Wohnungseigentümer und dinglich Berechtigter an den Wohnungen verlangt, weil vom Einbau einer Treppe in der Wohnung Nr. 12 Gemeinschaftseigentum betroffen sei. Das Landgericht hat die Erinnerung/Beschwerde der Beteiligten durch Beschluß vom 9.12.1996 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und der Zwischenverfügung des Grundbuchamts.
1. Das Landgericht hat teilweise unter Bezugnahme auf die Nichtabhilfeentscheidung des Grundbuchrichters ausgeführt:
Die Änderung der Teilungserklärung mache einen Deckendurchbruch notwendig; dies stelle stets einen unzulässigen Eingriff in das Gemeinschaftseigentum dar. Zwar seien derartige Eingriffe grundsätzlich im Verfahren nach § 43 WEG auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Dies könne jedoch das Grundbuchamt nicht an einer Prüfung hindern, denn es dürfe nicht daran mitwirken, durch eine Grundbucheintragung mit ihrer Gutglaubenswirkung in die geschützten Rechte der übrigen Wohnungseigentümer einzugreifen. Zwar sei grundsätzlich die Veräußerung eines Teils des Sondereigentums und dessen Zuschreibung zu einem anderen Sondereigentum ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer möglich; dies setze aber Abgeschlossenheit voraus. Die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer sei gemäß § 19 GBO erforderlich, wenn die beabsichtigte Änderung des bisherigen Sondereigentums eine Inanspruchnahme des Gemeinschaftseigentums als naheliegend erscheinen lasse. Dies sei bei einem Deckendurchbruch der Fall. Ob das Gemeinschaftseigentum tatsächlich betroffen sei, könne das Grundbuchamt nicht feststellen. Diese tatsächliche Unsicherheit könne aber nicht dazu führen, daß das Grundbuchamt die Eintragung ohne Rücksicht auf eine mögliche Rechtsbeeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer vornehmen und Sondereigentum in den neuen Grenzen zur Entstehung bringen müsse. Denn auch ein nur möglicherweise Betroffener müsse gemäß § 19 GBO die Bewilligung erklären. Die übrigen Wohnungseigentümer seien nicht auf das Verfahren nach § 43 WEG zu verweisen. Wenn das abgeänderte Sondereigentum in den neuen Grenzen durch Eintragung im Grundbuch einmal entstanden sei, hätten sie auch in einem Verfahren nach § 43 WEG keine Möglichkeit mehr, sich gegen etwaige Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums oder ihrer sonstigen Rechte zur Wehr zu setzen, sondern müßte...