Normenkette

§ 19 GBO, § 3 Abs. 2 WEG, § 7 Abs. 4 WEG

 

Kommentar

1. Der Leitsatz der Senatsentscheidung lautet:

Überträgt ein Wohnungseigentümer einen Teil seines Sondereigentums auf einen anderen, erfordert die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch nicht deswegen die Bewilligung der übrigen Wohnungseigentümer und dinglich Berechtigten, weil die Abgeschlossenheit des um den hinzuerworbenen Raum vergrößerten Wohnungseigentums nur durch einen Durchbruch der im Gemeinschaftseigentum stehenden Decke hergestellt werden kann.

2. Ein Dachgeschosswohnungseigentümer besaß auch über seiner und der Nachbarwohnung gelegene Speicher-Teileigentumsräume mit interner Treppenverbindung zu seinen Speicherräumen. Er veräußerte nun seinem Dachgeschoss-Wohnungsnachbarn einen Teil der Speicherräumlichkeiten, wobei dieser durch nachträglichen Deckendurchbruch und Treppeneinbau von seiner Wohnung aus eine Verbindung zu seinem erworbenen Speicherraum schaffen wollte. Miteigentumsanteile wurden nicht verändert. Die Freigabeerklärung der Grundpfandrechtsgläubigerin zum veräußerten Wohnungseigentum wurde zum Grundbuchvollzug vorgelegt, ebenso Änderungsbescheinigung der Landeshauptstadt zur ursprünglichen Abgeschlossenheitsbescheinigung.

Das Grundbuchamt forderte mit Zwischenverfügung die Vorlage der Zustimmungserklärungen sämtlicher Eigentümer und dinglich Berechtigter, da durch den Einbau der Treppe durch den Käufer aufgrund des Deckendurchbruchs Gemeinschaftseigentum betroffen sei. Das LG bestätigte die Erinnerung/Beschwerde. Auf weitere Beschwerde hob der Senat die Entscheidung des LG und die Zwischenverfügung des Grundbuchamts auf.

3. Die Übertragung eines Teils eines Sondereigentums von einem Eigentümer auf einen anderen ohne gleichzeitige Veränderung der Miteigentumsanteile ist ungeachtet der Bestimmung des § 6 Abs. 1 WEG möglich und bedarf grundsätzlich nicht der Mitwirkung der übrigen Eigentümer. Erforderlich ist materiell-rechtlich gem. § 4 Abs. 1 und 2 WEG die Einigung der beteiligten Wohnungseigentümer in der Form der Auflassung ( § 925 Abs. 1 BGB) und wegen § 6 Abs. 2 WEG, §§ 877, 876 BGB die Zustimmung der an demjenigen Wohnungseigentum dinglich Berechtigten, dessen Sondereigentum verkleinert oder sonst nachteilig beeinträchtigt wird. Für die Eintragung im Grundbuch ist gem. § 19 GBO die Bewilligung des Eigentümers dieser Wohnung und der daran dinglich Berechtigten erforderlich. Wenn ein Sondereigentumsraum von einer abgeschlossenen Wohnung abgetrennt und einer anderen zugeordnet wird, ist außerdem wegen § 3 Abs. 2, § 7 Abs. 4 WEGgrundsätzlich für beide betroffenen Wohnungen eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung und regelmäßig ein neuer Aufteilungsplan vorzulegen.

Vorliegend sollte die Abgeschlossenheit der um den Speicherraum vergrößerten Wohnung durch einen Deckendurchbruch mit Verbindungstreppe hergestellt werden. Diese Maßnahme stellt einen Eingriff in das Gemeinschaftseigentum dar, da Geschossdecken zwingend in gemeinschaftlichem Eigentum stehen (h.R.M.). Allerdings heißt dies noch nicht, dass stets einer solchen Veränderung alle restlichen Eigentümer zustimmen müssten. Vorliegend waren die restlichen Eigentümer zwar tatsächlich, nicht aber rechtlich nachteilig betroffen. Der Durchbruch der Geschossdecke innerhalb eines Sondereigentumsbereichs berührt hier weder die Abgrenzung zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum, noch wird dadurch das Gemeinschaftseigentum in seiner rechtlichen Ausgestaltung inhaltlich verändert. Die übrigen Wohnungseigentümer werden daher durch die Grundbucheintragung nicht im Sinne von § 19 GBO in ihrer dinglichen Rechtstellung als Mitberechtigte am Gemeinschaftseigentum betroffen. Die fehlende Zustimmung der restlichen Eigentümer und dinglich Berechtigten steht damit der beantragten Grundbucheintragung grundsätzlich nicht entgegen. An einer Eintragung wäre das Grundbuchamt nur gehindert, wenn feststünde, dass dadurch das Grundbuch unrichtig würde; daran dürfte das Grundbuchamt nicht mitwirken (vgl. Demharter, GBO 22. Auflage, Anhang § 13 Rn. 29 m.w.N.). Hiervon war in vorliegendem Fall nicht auszugehen. Das Grundbuchamt hat nicht zu überprüfen, ob die zur Herstellung der Abgeschlossenheit erforderlichen Baumaßnahmen tatsächlich durchgeführt worden sind oder werden. Kann z.B. eine zur Verbindung der Sondereigentumsräume hergestellte bauliche Veränderung nicht durchgeführt oder muss sie nachträglich rückgängig gemacht werden, wird dadurch die rechtliche Zuordnung des Speicherraums zum Sondereigentum der Wohnung des Käufers nicht berührt, weil das Abgeschlossenheitsgebot des § 3 Abs. 2 WEG nur eine Soll-Vorschrift ist.

Die Rechtslage ist hier vergleichbar der in dem häufig vorkommenden Fall, dass Wohnungseigentum durch Grundbucheintragung vor Errichtung des Gebäudes begründet wird; das Gesetz lässt dies ausdrücklich zu ( § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 WEG). Auch in diesem Fall besteht die Möglichkeit, dass abweichend von den Plänen gebaut wird; in vielen Fällen geschieht dies auch. Dies berührt ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?