Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht
Leitsatz (redaktionell)
Die Eintragung des Todeszeitpunkts im Sterbebuch nimmt an der erhöhten Beweiskraft des § 60 Abs. 1 PStG teil und erbringt bis zum Nachweis der Unrichtigkeit oder Fälschung vollen Beweis der beurkundeten Tatsache (§§ 415, 418 ZPO). Zwar ist die Vermutung inhaltlicher Richtigkeit (§ 60 Abs. 1 PStG) widerlegbar (§ 60 Abs. 2 PStG). Läßt sich aber ein entstandener Zweifel über die Richtigkeit des Eintrags nicht mit Sicherheit beseitigen, so bleibt es bei der bestehenden Eintragung. Die Feststellungslast bei einem non liquet trägt derjenige, der die Berechtigung des Personenstandsbuchs beantragt.
Normenkette
ZPO §§ 415, 418; PStG § 60 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hof (Beschluss vom 09.07.1998; Aktenzeichen 2 T 42/98) |
AG Hof (Beschluss vom 06.12.1997; Aktenzeichen 1 UR III 34/97) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 werden die Beschlüsse des Landgerichts Hof vom 9. Juli 1998 und des Amtsgericht Hof (Saale) vom 6. Dezember 1997 aufgehoben.
II. Der Berichtigungsantrag des Beteiligten zu 1 wird zurückgewiesen.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Im Sterbebuch des Standesamts ist der Sterbefall des am 6.4.1997 im Alter von 13 Jahren verstorbenen kroatischen Staatsangehörigen S. beurkundet. Als Todeszeitpunkt ist eingetragen: 6.4.1997, 7.50 Uhr. Grundlage der Eintragung waren die Todesbescheinigung sowie die schriftliche Sterbefallanzeige der Polizei vom 6.4.1997, derzufolge S. und seine Eltern an den Folgen eines schweren Verkehrsunfalls gleichzeitig – jeweils um 7.50 Uhr – verstorben sind.
Der Beteiligte zu 1, Bruder des Verstorbenen, hat beantragt, den für S. eingetragenen Todeszeitpunkt zu berichtigen. Hierzu hat er vorgetragen, den polizeilichen Ermittlungsakten sei zu entnehmen, daß S. 5 Meter vom Unfallfahrzeug entfernt im angrenzenden Wald gelegen sei, noch gelebt habe und trotz Reanimation wenige Minuten nach seinen Eltern an der Unfallstelle verstorben sei.
Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 6.12.1997 die Beischreibung eines Randvermerks angeordnet, wonach der Tod des S. um 08 Uhr und 05 Minuten eingetreten ist.
Gegen diese Entscheidung erhob die Großmutter mütterlicherseits (Beteiligte zu 2) Beschwerde mit dem Ziel, den ursprünglichen Sterbebucheintrag wiederherzustellen.
Das Landgericht hat nach Durchführung von Ermittlungen den Beschluß des Amtsgerichts abgeändert und die Beischreibung eines Randvermerks des Inhalts angeordnet, daß der Tod zwischen 7.50 und 8.05 Uhr eingetreten ist. Die weitergehende Beschwerde und den weitergehenden Berichtigungsantrag hat es zurückgewiesen. Gegen diese, ihr am 22.7.1998 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 5.8.1998 eingegangene sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. Sie beantragt, als Todeszeitpunkt 07 Uhr 50 Minuten einzutragen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§ 49 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 2, Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG). Sie führt zur Aufhebung der Beschlüsse des Landgerichts und des Amtsgerichts, zur Zurückweisung des Berichtigungsantrags und damit zur Bestätigung des ursprünglich im Sterbebuch eingetragenen Todeszeitpunkts (7.50 Uhr).
2. Das Landgericht hat ausgeführt:
Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, daß der im Sterbebuch eingetragene Todeszeitpunkt (7.50 Uhr) unrichtig sei. Ein genauer Zeitpunkt nach Stunde und Minute lasse sich nicht sicher feststellen. Keiner der Zeugen, und zwar weder der zum Unfallort gerufene Notarzt noch die zufällig in der Nähe befindlichen Sanitäter oder die zur Unfallstelle gerufenen Polizeibeamten, hätten bei S. irgendwelche Lebenszeichen feststellen können. Gleichwohl sei eine Reanimation durchgeführt worden, ohne daß diese allerdings erfolgreich gewesen sei. Die Zeugen hätten keine verlässlichen Angaben über den Todeszeitpunkt machen können. Deshalb sei als frühestmöglicher Zeitpunkt derjenige des Unfalls um 7.50 Uhr einzutragen und als spätestmöglicher derjenige, zu dem der Notarzt um 8.05 Uhr den schon eingetretenen Tod festgestellt habe.
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. § 550 ZPO) nicht stand.
a) Allerdings hat das Beschwerdegericht die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 2 zutreffend bejaht. Im Berichtigungsverfahren über die Eintragung des Todeszeitpunkts ist die Großmutter des aufgrund desselben Verkehrsunfalls mit seinen Eltern verstorbenen Kindes als in Betracht kommende gesetzliche Erbin und Rechtsnachfolgerin beschwerdeberechtigt.
b) Zutreffend ist auch der sachlich-rechtliche Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts.
aa) In ein Sterbebuch (§ 2 Abs. 2, § 32 PStG) sind bei den Angaben über die Person des Verstorbenen (§ 37 Abs. 1 Nr. 1 PStG) der Tag und die Stunde des Todes einzutragen (§ 37 Abs. 1 Nr. 3 PStG), wobei der Todeszeitpunkt möglichst genau (gemäß § 61 Abs. 1 S. 1 DA nach Tag, Stunde und Minute)...