Leitsatz (amtlich)
1. Ein generelles Verbot von Parabolantennen kann nicht durch Mehrheitsbeschluss angeordnet werden.
2. Ein Eigentümerbeschluss, der grundsätzlich ein generelles Verbot von Parabolantennen ausspricht, Ausnahmeregelungen aber aus "verfassungsrechtlichen Gründen" vorsieht, ist wegen fehlender Bestimmtheit auf Anfechtung für ungültig zu erklären.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 23.02.2004; Aktenzeichen 1 T 11486/03) |
AG München (Aktenzeichen 483 UR II 814/02) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG München I vom 23.2.2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Eigentümerbeschluss vom 25.6.2002 zu Tagesordnungspunkt 7 (Verbot der Aufstellung von Satellitenempfangsanlagen) für ungültig erklärt wird.
II. Von den Gerichtskosten des Verfahrens beim AG haben die Antragstellerin 1/10 und die Antragsgegner als Gesamtschuldner 9/10 zu tragen. Die Gerichtskosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind von der Antragstellerin und den Antragsgegnern, von diesen als Gesamtschuldnern jeweils zur Hälfte zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren beim AG wird auf 3.252 Euro, für das Beschwerdeverfahren auf 6.252 Euro und für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Am 25.6.2002 fand eine Eigentümerversammlung statt, auf der unter Tagesordnungspunkt (TOP) 4 die Jahresabrechnung 2001 genehmigt und zu TOP 7 folgender Beschluss gefasst wurde:
Die Gemeinschaft beschließt, angesichts des nunmehr vorhandenen Kabelanschlusses keine privaten Satellitenempfangsanlagen (Parabolspiegel) an der Fassade mehr zu dulden bzw. zuzulassen. Die Hausverwaltung wird beauftragt und bevollmächtigt, alle Eigentümer, die Parabolspiegel ohne Genehmigung der WEG angebracht haben, aufzufordern, diese bis spätestens 30.9.2002 zu entfernen. Bei Nichtbefolgung ist die Hausverwaltung beauftragt und bevollmächtigt, den Beseitigungsanspruch gerichtlich geltend zu machen; hierzu darf sie an einen Rechtsanwalt ihrer Wahl Mandat zur Vertretung der Wohnungseigentümer erteilen. Sollte ein vermietender Eigentümer aus verfassungsrechtlichen Gründen gezwungen sein, eine Parabolantenne seines Mieters zu dulden, so hat die Hausverwaltung in Absprache mit dem Beirat eine geeignete Stelle zur Anbringung anzuweisen (vorzugsweise auf dem Dach), wobei hierbei darauf zu achten ist, dass die Fassade und das optische Erscheinungsbild der Wohnanlage nicht beeinträchtigt werden. Sämtliche Installationsarbeiten sind fachgerecht durchzuführen und hierüber ist der Hausverwaltung ein schriftlicher Nachweis zu erbringen.
Die Antragstellerin hat beantragt, den Eigentümerbeschluss zu TOP 4 in einem bestimmten, näher bezeichneten Umfang und den Beschluss zu TOP 7 für ungültig zu erklären. Das AG hat am 27.5.2003 die Anträge abgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt; außerdem hat sie den Antrag gestellt, die Verwalterin aus wichtigem Grund abzuberufen. Das LG hat am 23.2.2004 den Eigentümerbeschluss zu TOP 4 im beantragten Umfang für ungültig erklärt, den Antrag auf Abberufung der Verwalterin als unzulässig abgewiesen und die sofortige Beschwerde hinsichtlich des Antrags auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 7 als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
II. Das Rechtsmittel hat zum Teil Erfolg.
1. Das LG hat, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, ausgeführt:
Der erst im Beschwerdeverfahren gestellte Antrag auf Abberufung der Verwalterin sei unzulässig.
Der Eigentümerbeschluss zu TOP 7 entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung; das generelle Verbot von Parabolantennen für Wohnungseigentümer mit deutscher Staatsangehörigkeit sei im Hinblick auf den vorhandenen Kabelanschluss verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nur zum Teil stand.
a) Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass die Beschwerdeentscheidung grundsätzlich nicht auf Verfahrensgegenstände ausgedehnt werden darf, die nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung gewesen sind (vgl. BayObLG v. 13.7.1995 - 2Z BR 15/95, BayObLGReport 1995, 74 = ZMR 1995, 495 f.; Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 45 Rz. 60). Der erst im Beschwerdeverfahren neu gestellte Antrag auf Abberufung der Verwalterin ist vom LG zu Recht als unzulässig abgewiesen worden. Die Antragserweiterung ist jedenfalls nicht sachdienlich (vgl. § 533 Nr. 1 ZPO), weil die Beurteilung der Voraussetzungen einer Abberufung aus wichtigem Grund eine umfassende Abwägung erfordert.
b) Der Eigentümerbeschluss zu TOP 7 ist für ungültig zu erklären.
Ein generelles Verbot von Parabolantennen kann nicht durch Mehrheitsbesc...