Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Erstbeschwerde gegen Geschäftswertfestsetzung durch Landgericht zur Werterhöhung

 

Verfahrensgang

LG München II (Entscheidung vom 30.04.1985; Aktenzeichen 8 T 1571/84)

 

Tenor

I. Der Beschluß des Landgerichts München II vom 30. April 1985 wird aufgehoben.

II. Der Geschäftswert für den ersten und zweiten Rechtszug wird je auf 205.000.– DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

1. Die Beteiligten sind – mit Ausnahme der Verwalterin – Wohnungseigentümer der Wohnanlage … in ….

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 9.3.1984 beschlossen die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit, daß die Dächer der Hauser … zu voraussichtlichen Kosten von ca. 510.000.– DM zu erneuern sind.

Die Beteiligten … und … beantragten durch ihre Verfahrensbevollmächtigten beim Amtsgericht, den Beschluß für ungültig zu erklären. Sie führten aus, die beschlossene Erneuerung des Daches beseitige nicht die Ursachen für Wasserschäden, die an ihrem Wohnungseigentum in der Vergangenheit aufgetreten seien; diese würden daher auch nach der Erneuerung voraussichtlich wieder auftreten. Die Erneuerung entspreche damit nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Da die Erneuerung demnächst durchgeführt werden solle, sei der Erlaß einer einstweiligen Anordnung dahin geboten, daß der Verwalterin untersagt werde, die erforderlichen Aufträge an die Handwerker zu erteilen.

Das Amtsgericht wies den Antrag zurück und erlegte den Beteiligten … und … samtverbindlich die Kosten auf; Kostenerstattung wurde nicht angeordnet. Der Geschäftswert wurde auf 8.000.– DM festgesetzt.

2. Die Beteiligten … und … legten durch ihre Verfahrensbevollmächtigten gegen die Entscheidung sofortige Beschwerde ein, mit der sie auch Einwendungen gegen den festgesetzten Geschäftswert erhoben. Sie trugen vor, in einem Verfahren über die Gültigkeit von Wohnungseigentümerbeschlüssen bestimme sich der Geschäftswert nach den Interessen aller Beteiligten; für diese seien die gesamten Kosten der Dacherneuerung maßgebend.

Nachdem das Landgericht ein Sachverständigengutachten erholt hatte, regten die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten … und … an, den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren festzusetzen. Dies sei erforderlich, weil ein Vergleichsabschluß beabsichtigt sei und hierfür die Höhe ihrer Kosten bekannt sein müsse; diese hänge vom Geschäftswert ab.

Das Landgericht setzte den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 25.000.– DM fest. Zur Begründung führte es aus, für die Höhe des Geschäftswertes sei maßgebend, daß die Beteiligten … und … lediglich eine besondere, den Schutz ihrer Wohnungen vor Nässe gewährleistende Dacherneuerung anstrebten, nicht aber diese als solche in Frage stellten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus eigenem Recht von den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten … und … eingelegte Beschwerde. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Dacherneuerung ist mittlerweile auf Grund eines Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 28.5.1985 in Anlehnung an das vom Landgericht erholte Gutachten und mit Zustimmung der Beteiligten … und … mit einem – voraussichtlichen – Kostenaufwand von ca. 700.000.– DM durchgeführt worden. Hierin ist ein Betrag von ca. 105.000.– DM enthalten, der auf Arbeiten entfällt, mit denen im wesentlichen den Anliegen der Beteiligten … und … entsprochen worden ist.

II.

1. a) Bei dem Rechtsmittel gegen die Geschäftswertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren handelt es sich um eine zulassungsfreie Erstbeschwerde nach § 31 Abs. 3, § 14 Abs. 3 KostO, da sie sich gegen eine erstinstanzielle Entscheidung des Landgerichts richtet (ständige Rechtsprechung des BayObLG; vgl. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann – nachfolgend Korintenberg KostO 10. Aufl. § 31 RdNr. 62).

b) Das Rechtsmittel ist auch im übrigen zulässig (§ 567 Abs. 2, § 571 ZPO; § 14 Abs. 4 KostO). Die Beschwerdeberechtigung ergibt sich aus § 9 Abs. 2 BRAGO.

2. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

a) Das Landgericht hat zu Recht für das Beschwerdeverfahren den Geschäftswert nach § 48 Abs. 2 WEG festgesetzt. In einem Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG, wie es hier vorliegt, ist der nach § 48 Abs. 2 WEG festgesetzte Geschäftswert auch für die Berechnung der Anwaltsgebühren maßgebend (§ 9 BRAGO). Eine selbständige Wertfestsetzung nach § 10 BRAGO kommt – regelmäßig – nicht in Betracht. Bei Anwendung der Vorschrift des § 48 Abs. 2 WEG ist keine Aufspaltung des Geschäftswerts in Bruchteile entsprechend der Zahl der Beteiligten vorzunehmen (BayObLG Rpfleger 1975, 98).

b) Der Geschäftswertfestsetzung stand hier nicht entgegen, daß das Beschwerdeverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Es mag zwar sein, daß die Höhe des Geschäftswertes eines gerichtlichen Verfahrens nach dem Wohnungseigentumsgesetz regelmäßig erst an dessen Ende zu bestimmen ist (§§ 7, 18 Abs. 1 KostO; § 48 Abs. 1 WEG; vgl. ferner OLG Frankfurt JurBüro 1982, 909; Augustin Sonderausgabe des BGB-RGRK 12. Aufl. WEG § 48 RdNr. 10). Jedoch ist eine frühere Festsetzung nicht ausgeschl...

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