Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Zwangsvollstreckung aus wohnugseigentumsgerichtlichen Vergleichen

 

Verfahrensgang

LG München II (Entscheidung vom 21.04.1988; Aktenzeichen 8 T 211/88)

AG Ebersberg (Entscheidung vom 25.01.1988; Aktenzeichen 2 UR II 30/87)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Vollstreckungsgläubiger gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 21. April 1988 wird zurückgewiesen.

II. Die Vollstreckungsgläubiger tragen die Kosten der sofortigen weiteren Beschwerde.

III. Der Wert der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 4 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Vollstreckungsgläubiger und die Vollstreckungsschuldner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Am 2.12.1986 schlossen sie einen gerichtlichen Vergleich, durch den Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Grundstücksbepflanzung beigelegt werden sollten. Am 2.2.1987 schlossen sie einen weiteren gerichtlichen Vergleich, in dem u. a. die Vollstreckungsschuldner erklärten, nicht mit Wasser zu den Vollstreckungsgläubigern zu spritzen, Pflanzen während des Aufenthalts der Vollstreckungsgläubiger im Garten nicht mit Chemikalien zu besprühen, Räucherstäbchen nur im Einvernehmen mit den Vollstreckungsgläubigern auf der Terrasse abzubrennen, nach 22 Uhr nicht Klavier zu spielen und das Radio nicht über Zimmerlautstärke einzustellen.

Nr. 4 dieses Vergleichs lautet:

Im Hinblick auf das nachbarschaftliche Verhältnis verzichten die Antragsteller (= Vollstreckungsgläubiger)für dieses Verfahren auf die Verhängung eines Zwangsmittels betreffend die Einhaltung obiger Erklärungen durch die Antragsgegner (= Vollstreckungsschuldner).

Die Vollstreckungsgläubiger haben beantragt, den Vollstreckungsschuldnern für jeden Fall der Zuwiderhandlung „gegen alle Punkte der gerichtlichen Vergleiche vom 2.12.1986 und 2.2.1987 ein angemessenes Zwangsgeld anzudrohen”. Durch Beschluß vom 25.1.1988 hat das Amtsgericht den Vollstreckungsschuldnern für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die beiden Vergleiche ein Zwangsgeld in Höhe von 50 000 DM ersatzweise Zwangshaft angedroht. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 21.4.1988 die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben, den Antrag der Vollstreckungsgläubiger „verworfen” und ihnen die Kosten des Verfahrens auferlegt. Hiergegen wenden sich diese mit der sofortigen weiteren Beschwerde insoweit, als es um die Vollstreckung aus dem Vergleich vom 2.2.1987 geht. Hilfsweise beantragen sie festzustellen, daß dieser Vergleich einen vollstreckbaren Inhalt hat, soweit die Vollstreckungsschuldner Erklärungen abgegeben haben.

II.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig.

Die Vollstreckungsgläubiger betreiben die Zwangsvollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich, der in einem Wohnungseigentumsverfahren geschlossen wurde. Sie findet gemäß § 45 Abs. 3 WEG nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung statt.

Gegenstand der sofortigen weiteren Beschwerde ist nur noch die Vollstreckung aus dem Vergleich vom 2.2.1987. Die von den Vollstreckungsschuldnern in diesem Vergleich abgegebenen Erklärungen stellen sich als Verpflichtung dar, bestimmte Handlungen zu unterlassen. Die Vollstreckung richtet sich insoweit nach § 890 ZPO. Die in dieser Bestimmung vorgesehenen Vollstreckungsmaßnahmen sind von dem Prozeßgericht des ersten Rechtszugs zu treffen; dies ist das Wohnungseigentumsgericht im Sinn des § 43 Abs. 1 WEG. Die Rechtsmittel und das Verfahren richten sich jedoch gemäß § 45 Abs. 3 WEG ausschließlich nach der Zivilprozeßordnung.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Androhung der Ordnungsmittel des § 890 Abs. 1 ZPO gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung. Das Amtsgericht hat die Androhung vorgenommen; das Landgericht hat diese Entscheidung aufgehoben. Die sofortige weitere Beschwerde hiergegen ist zulässig (§§ 793, 569, 577 ZPO). § 568 Abs. 2 ZPO steht der Zulässigkeit hier nicht entgegen. Über das Rechtsmittel entscheidet, weil Ausgangsgericht das für Wohnungseigentumssachen zuständige Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist, das Bayerische Oberste Landesgericht (vgl. zum Ganzen BayObLGZ 1983, 14/17 m.w.Nachw.).

2. Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.

a) Das Landgericht hat ausgeführt:

In dem Vergleich vom 2.2.1987 seien keine Verpflichtungen der Vollstreckungsschuldner enthalten, die vollstreckbar seien. Die Vollstreckungsschuldner hätten nur Absichtserklärungen abgegeben, die nicht vollstreckbar hätten sein sollen. Dies ergebe sich insbesondere aus Nr. 4 des Vergleichs in Verbindung mit dessen Eingangssätzen, nach denen der Vergleich die Grundlage zur Herbeiführung gutnachbarlicher Beziehungen habe sein sollen.

b) Zu Recht hat das Landgericht im Hinblick auf Nr. 4 des Vergleichs den Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln abgewiesen.

Ein gerichtlicher Vergleich ist als Vollstreckungstitel (§ 45 Abs. 3 WEG, § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) grundsätzlich einer Auslegung zugänglich. Dabei darf aber auf andere tatsächliche oder rechtliche Umstände als gesetzliche Vorschriften nicht zurückgegriffen werden (OLG Hamm OLGZ 1974, 5...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?