Verfahrensgang
AG Aschaffenburg (Aktenzeichen 16 C 151/20) |
AG Hamburg (Aktenzeichen 19 C 153/20) |
Tenor
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht Hamburg.
Gründe
I. Beide Parteien betreiben Speditionsunternehmen. Der im Bezirk des Amtsgerichts Hamburg-Bergedorf geschäftsansässige Beklagte beauftragte die im Bezirk des Amtsgerichts Aschaffenburg ansässige Klägerin mit einem Transport von einer ersten Ladestelle ...straße ... in Hamburg über eine weitere Ladestelle in Neu-Wulmstorf nach Mahlberg. Das Auftragsschreiben enthielt unter anderem folgende Regelung: "Erfüllungsort und Gerichtsstand für beide Teile ist Hamburg".
Nachdem der Beklagte eine Rechnung der Klägerin wegen dieses Auftrags über 1.142,00 EUR nicht beglichen hatte, hat die Klägerin einen entsprechenden Mahnbescheid erwirkt, gegen den der Beklagte Widerspruch eingelegt hat. Das Amtsgericht Aschaffenburg, an welches das Verfahren abgegeben worden war, hat mit Verfügung vom 21. Februar 2020 gemäß § 504 ZPO darauf hingewiesen, dass es örtlich unzuständig sei. Daraufhin hat die Klägerin am 3. März 2020 beantragt, den Rechtsstreit an das "örtlich und sachlich zuständige Amtsgericht Hamburg" zu verweisen. Der Schriftsatz ist dem Beklagten am 6. März 2020 unter Setzung einer Stellungnahmefrist von zwei Wochen zugestellt worden, die er nicht genutzt hat.
Mit - beiden Parteien mitgeteiltem - Beschluss vom 24. März 2020 hat das Amtsgericht Aschaffenburg sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Hamburg verwiesen. Zur Begründung hat es - wie bereits in seiner Verfügung vom 21. Februar 2020 - ausgeführt, dass gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Transportauftrag des Beklagten und §§ 17, 19 [sic] ZPO das Amtsgericht Hamburg zuständig sei; auch § 30 ZPO eröffne keinen Gerichtsstand in Aschaffenburg.
Das Amtsgericht Hamburg hat mit - den Parteien nicht mitgeteilter - Verfügung vom 17. April 2020 die Akten zur weiteren Veranlassung an das Amtsgericht Aschaffenburg zurückgeleitet. Es hat die Auffassung vertreten, dass die Gerichtsstandsbestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten den Anforderungen des § 38 Abs. 1 ZPO nicht genüge. Das als zuständig vereinbarte Gericht müsse hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar sein; das sei im Hinblick auf die amtsgerichtliche Zuständigkeit in Hamburg nicht der Fall, da es neben dem Amtsgericht Hamburg, vielfach auch als "Amtsgericht Hamburg-Mitte" bezeichnet, noch sieben weitere, sogenannte Stadtteilgerichte gebe. Andere Bezüge zum Amtsgericht Hamburg seien nicht vorgetragen oder ersichtlich. Insbesondere lägen die Lade- und Entladestellen nicht in seinem Bezirk; die ...straße liege im Bezirk des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg, die anderen Orte lägen nicht im Bezirk irgendeines Hamburger Amtsgerichts.
Das Amtsgericht Aschaffenburg hat mit - den Parteien mitgeteilter - Verfügung vom 29. April 2020 die Akten an das Amtsgericht Hamburg zurückgeleitet und die Auffassung vertreten, es sei an seinen Verweisungsbeschluss gebunden, selbst wenn die Gerichtsstandsvereinbarung als unwirksam anzusehen wäre. In diesem Fall wäre zwar in der Tat an das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf oder das Amtsgericht Hamburg-St. Georg zu verweisen gewesen; die spezielle Hamburger Problematik sei indes nicht bekannt gewesen. Sollte das Amtsgericht Hamburg meinen, der Verweisungsbeschluss entfalte ausnahmsweise wegen Willkür keine Wirkung, möge ein Antrag zur gerichtlichen Bestimmung der Zuständigkeit gestellt werden.
Mit Beschluss vom 11. Juni 2020 hat das Amtsgericht Hamburg ohne Anhörung der Parteien sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit dem Oberlandesgericht Bamberg zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Zur Begründung hat es seine Argumente aus seiner Verfügung vom 17. April 2020 wiederholt. Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Aschaffenburg sei entgegen § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO nicht bindend, weil er als willkürlich betrachtet werden müsse. In Hamburg existierten acht Amtsgerichte; der Einwand des Amtsgerichts Aschaffenburg, die spezielle Hamburger Problematik sei dort nicht bekannt gewesen, deute auf Willkür. Einerseits seien die Regelungen der Hamburger Amtsgerichte zur örtlichen Zuständigkeit Ausfluss des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und andererseits lasse der Einwand des Amtsgerichts Aschaffenburg darauf schließen, dass es die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Hamburg nicht (sorgfältig) geprüft habe.
Nach Hinweis des Oberlandesgerichts Bamberg auf die Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts für das Bestimmungsverfahren hat sich das Amtsgericht Hamburg mit Beschluss vom 8. Juli 2020 erneut für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit dem Bayerischen Obersten Landesgericht vorgelegt. Seine Beschlüsse vom 11. Juni 2020 und vom 8. Juli 2020 hat das Amtsgericht Hamburg den Parteien mitgeteilt.
Im Bestimmungsverfahren hat die Klägerin von einer Stellungnahme abgesehen...