Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Anwalt im Vergabenachprüfungsverfahren tätig, ist es auch bei durchschnittlichen Fällen jedenfalls dann nicht unbillig, den 2,5-fachen Gebührensatz abzurechnen, wenn der Antrag zulässig war und eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.
2. Die Reisekosten eines auswärtigen Anwalts sind auch im Vergabenachprüfungsverfahren nur erstattungsfähig, wenn die Zuziehung dieses Anwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig war. Das ist nicht der Fall, wenn die Beigeladene am Ort der zuständigen Vergabekammer ihren Firmensitz hat und dort auf eine große Zahl spezialisierter Anwälte zurückgreifen kann.
Normenkette
GWB § 128; RVG § 14 Abs. 1 Sätze 1, 4; RVG Anlage 1 § 2 Abs. 2; RVG Anlage 1 VV 2400; ZPO § 91 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
Vergabekammer Südbayern (Beschluss vom 21.02.2004; Aktenzeichen 120.3-3194.1-53-08/04) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Beigeladenen wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Vergabekammer Südbayern vom 21.12.2004 in Ziff. 1 und 2 dahingehend abgeändert, dass die der Beigeladenen durch die anwaltliche Vertretung erwachsenen notwendigen Aufwendungen im Nachprüfungsverfahren auf 37.510 EUR festgesetzt werden.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin 19/20 und die Beigeladene 1/20 zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 14.732 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner beabsichtigt den Neubau einer staatlich anerkannten privaten Berufsschule zur sonderpädagogischen Förderung. Den Auftrag, ihm ein geeignetes Gelände zu beschaffen, die Baugenehmigung einzuholen, die Finanzierung sicherzustellen und nach seinen Vorgaben ein Schulgebäude zu errichten, schrieb er im Supplement zum Amtsblatt der EURpäischen Gemeinschaft als Verhandlungsverfahren EURpaweit aus. Neben der Beigeladenen gehörte auch die Antragstellerin zum Kreis der Bewerber, die er zur Abgabe eines Angebots aufforderte. Der Antragsgegner teilte der Antragstellerin am 22.7.2004 nach § 13 VgV mit, dass ihr der Zuschlag nicht erteilt werden könne, weil das Angebot nicht das wirtschaftlichste sei. Es sei beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Nach erfolgloser Rüge rief die Antragstellerin die Vergabekammer an mit dem Ziel, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu verhindern und das Verhandlungsverfahren mit ihrer Beteiligung fortzuführen. Die Vergabekammer hat mit bestandskräftigem Beschl. v. 1.9.2004 den Nachprüfungsantrag als unbegründet zurückgewiesen und die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin auferlegt. Zugleich hat sie die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch die Beigeladene für notwendig erklärt.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21.12.2004 hat die Vergabekammer die der Beigeladenen durch die anwaltliche Vertretung erwachsenen notwendigen Aufwendungen im Nachprüfungsverfahren auf 24.013,60 EUR festgesetzt. Die Kammer ist von einem für die anwaltliche Gebührenbemessung maßgeblichen Streitwert von 4.460.777 EUR ausgegangen und hat eine 1,6-fache Geschäftsgebühr nach VV 2400 angesetzt. Reisekosten des in Berlin ansässigen Rechtsanwalts zum Sitz der Vergabekammer in München hat sie nicht zugesprochen. Hiergegen wendet sich die Beigeladene mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 30.12.2004. Unter Abänderung des Beschlusses begehrt sie, ihre notwendigen Aufwendungen einschließlich der Reisekosten mit 38.146,05 EUR festzusetzen. Den Betrag errechnet sie aus einer 2,5-fachen Geschäftsgebühr nach VV 2400 sowie zweier Flüge ihres Bevollmächtigten von Berlin und München und zurück zum Zweck der Akteneinsicht und der mündlichen Verhandlung.
II. 1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung der Vergabesenate ist ein Kostenfestsetzungsbeschluss der Vergabekammer ein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt, gegen den abweichend vom allgemeinen Verwaltungsrechtsweg nach §§ 40 ff. VwGO die sofortige Beschwerde nach §§ 116 ff. GWB zum zuständigen Vergabesenat statthaft ist (BayObLG JurBüro 2002, 362, m.w.N.). Die Entscheidung des Senats kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.
2. In der Sache ist die sofortige Beschwerde überwiegend erfolgreich.
a) Die Vergabekammer hat in ihrem Beschl. v. 1.9.2004 die für die Kostenfestsetzung notwendige Grundentscheidung getroffen und auch darüber befunden, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch die Beigeladene notwendig war (§ 128 Abs. 4 S. 2, S. 3 GWB, Art. 80 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2 BayVwVfG). Der Wertansatz mit knapp 4.500.000 EUR ist zutreffend und unbeanstandet. Der Senat kann insoweit auf seinen den gleichen Auftrag betreffenden Beschl. v. 18.11.2004 (Verg 022/04) verweisen, wonach die maßgebliche Bruttoauftragssumme (§ 50 Abs. 2 GKG) sich aus den Mietkaufraten einschließlich des Restkaufpreises abzgl. eines angemessenen Refinanzierungszinses errechnet.
b) Wird der Rechtsanwalt im Vergabenachprüfungsverfahren nach den §§ 97 ff. GWB tätig, so ri...