Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 1 T 10660/99)

AG München (Aktenzeichen 484 UR II 1082/98)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 14. Oktober 1999 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 60 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsgegner sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Den Antragstellern gehört ein Kfz-Stellplatz in dieser Wohnanlage; der Antragsteller zu 1 war der frühere Verwalter.

In der Einladung zur Eigentümerversammlung vom 3.12.1998 bezeichnete die weitere Beteiligte den Tagesordnungspunkt (TOP) 3 wie folgt:

Beschluß über die Genehmigung des Schadensersatzrechtsstreits der Eigentümergemeinschaft gegen die frühere Hausverwaltung R. (= Antragsteller zu 1) wegen mangelhafter Hausverwaltung.

Abgestimmt wurde dann in der Eigentümerversammlung über folgenden Beschlußantrag:

Die Gemeinschaft genehmigt die Einleitung und Durchführung des Verfahrens vor dem Amtsgericht … sowie die Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts … in diesem Verfahren und die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber der Vorverwaltung, Herrn … (= Antragsteller zu 1), über den Gesamtbetrag von 241 874,15 DM zuzüglich Zinsen und Kosten. … Die Gemeinschaft ermächtigt die Verwalterin, weitere Schadensersatzansprüche gegenüber der Vorverwaltung R. außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen, sofern Gründe für weitere Schadensersatzansprüche gegenüber der Vorverwalterin offenbar werden. Für den Fall, daß der Antrag mangels Vorliegens eines Ermächtigungsbeschlusses abgewiesen wird, wird die Verwalterin ermächtigt, über die Rechtsanwaltskanzlei … ein neues Verfahren wegen der Schadensersatzansprüche einzuleiten.

Als Abstimmungsergebnis wurde festgehalten: 219 Ja-Stimmen, 217 Nein-Stimmen und 20 Enthaltungen. Abgestimmt wurde mit von der Verwalterin vorbereiteten Stimmzetteln, auf denen drei Möglichkeiten zur Anbringung eines Kreuzes vorgesehen waren, nämlich „Ja”, „Nein” und „Enthaltung”. Nach dem Einsammeln der Stimmzettel wurde von der Verwalterin festgestellt, daß die beiden Stimmzettel des Wohnungseigentümers A., der einschließlich einer ihm erteilten Vollmacht über insgesamt vier Stimmen verfügte, nicht vollständig ausgefüllt waren. Unklar ist, ob nur die Kreuze oder die Unterschriften fehlten. Der Verwalter rief daraufhin den Wohnungseigentümer A. auf und gab ihm Gelegenheit, die Stimmzettel zu vervollständigen. Der Auszählvorgang war zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendet. Das Ergebnis der Abstimmung wurde erst nach Vervollständigung der Stimmzettel – A. stimmte mit „Ja” ab – bekanntgegeben.

Die Antragsteller haben am 22.12.1998 beantragt festzustellen, daß zu TOP 3 kein Mehrheitsbeschluß gefaßt worden sei. Hilfsweise haben sie den Antrag gestellt, den Eigentümerbeschluß zu TOP 3 für ungültig zu erklären. Mit Beschluß vom 8.6.1999 hat das Amtsgericht München dem Feststellungsantrag stattgegeben. Am 14.10.1999 hat das Landgericht den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und den Feststellungsantrag sowie den Hilfsantrag abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Feststellungsantrag sei unbegründet. Bei den beiden von dem Wohnungseigentümer A. nachträglich mit „Ja” versehenen Stimmzetteln handle es sich um gültig abgegebene „Ja-Stimmen” mit der Folge, daß der Beschlußantrag in der Eigentümerversammlung mit 219 „Ja-Stimmen” gegen 217 „Nein-Stimmen” angenommen worden sei. Der Wohnungseigentümer A. habe ursprünglich einen leeren Stimmzettel abgegeben. Es liege somit zunächst keine Stimmabgabe vor. Die Stimmabgabe sei erst erfolgt, nachdem die Verwalterin auf das unvollständige Ausfüllen der Stimmzettel hingewiesen und der Wohnungseigentümer A. daraufhin die beiden Stimmzettel mit einem „Ja-Kreuz” versehen hat. Die nachträgliche Stimmabgabe sei noch möglich gewesen, der Abstimmungsvorgang sei nämlich erst mit der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses abgeschlossen worden. Selbst wenn man in der Hingabe des nicht ausgefüllten Stimmzettels die Willenserklärung „Ich nehme an der Abstimmung nicht teil” sehe, liege ein Erklärungsirrtum vor, der zur Anfechtung berechtige. Dies habe zur Folge gehabt, daß die ursprünglich abgegebene Erklärung als nichtig anzusehen und A. berechtigt gewesen sei, erneut abzustimmen.

Auch der Hilfsantrag sei unbegründet. Der Beschlußgegenstand sei in der Einladung zur Eigentümerversammlung ausreichend bezeichnet worden. In der Einladung sei zwar nur die Genehmigung des bereits anhängigen Schadensersatzrechtsstreits angesprochen worden, während in dem angefochtenen Eigentümerbeschluß die...

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