Entscheidungsstichwort (Thema)
Beseitigung einer Holzbretterwand. Kostenentscheidung
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen UR II 207/92) |
LG München I (Aktenzeichen 1 T 15591/92) |
Tenor
I. Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten des gesamten Verfahrens zu tragen und die der Antragstellerin und den weiteren Beteiligten im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
II. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird bis zur Hauptsacheerledigung am 12. März 1993 auf 5 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und der Antragsgegner sowie die beiden weiteren Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Antragstellerin hat ihr Wohnungseigentum im Oktober 1992 verkauft.
Mit dem Wohnungseigentum der Antragstellerin und dem des Antragsgegners ist jeweils ein Sondernutzungsrecht an einer Grundstücksfläche verbunden; die Grundstücksflächen grenzen aneinander. Sie sind seit Errichtung der Wohnanlage durch einen etwa 50 cm hohen Maschendrahtzaun abgetrennt.
Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 der im Grundbuch als Inhalt des Sondereigentums eingetragenen Gemeinschaftsordnung (GO) kann jeder Wohnungseigentümer seine Sondernutzungsfläche wie ein Alleineigentümer nutzen; gemäß § 2 Abs. 4 Satz 2 GO ist die Zustimmung eines anderen Wohnungseigentümers zu einer baulichen Maßnahme nur erforderlich, wenn sie auch bei einer durchgeführten Realteilung erforderlich wäre.
Im Oktober 1992 errichtete der Antragsgegner unmittelbar neben dem Maschendrahtzaun auf seiner Sondernutzungsfläche eine Bretterwand.
Die Antragstellerin hat beantragt, den Antragsgegner zur Entfernung der Bretterwand zu verpflichten. Das Amtsgericht hat dem Antrag am 4.8.1992 stattgegeben, das Landgericht hat die sofortige Beschwerde am 11.12.1992 zurückgewiesen.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts hat der Antragsgegner sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Nachdem die Käufer des Wohnungseigentums der Antragstellerin erklärt hatten, keine Einwendungen gegen den Bretterzaun zu haben, wurde die Hauptsache von allen Beteiligten, dem weiteren Beteiligten zu 2 stillschweigend, am 12.3.1993 für erledigt erklärt.
II.
An die übereinstimmenden Erledigterklärungen der Beteiligten ist der Senat gebunden. Damit ist nur noch über die Kosten des gesamten Verfahrens gemäß § 47 WEG zu entscheiden, wobei alle Umstände, insbesondere aber der voraussichtliche Ausgang des Verfahrens ohne das erledigende Ereignis, zu berücksichtigen sind (BayObLG WE 1990, 178).
1. Dem Senat erscheint es angemessen, dem Antragsgegner die gesamten Gerichtskosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil er voraussichtlich unterlegen wäre; die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird jedoch nur für das Rechtsbeschwerdeverfahren angeordnet (§ 47 Satz 1 und 2 WEG).
a) Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Mit dem Bretterzaun habe der Antragsgegner eine bauliche Maßnahme im Sinn des § 2 Abs. 4 Satz 2 GO vorgenommen. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Wohnungseigentümern richteten sich nach den nachbarrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs; einschlägig sei die Bestimmung über Grenzeinrichtungen. Aufgrund der widersprüchlichen Aussagen der vom Amtsgericht vernommenen Zeugen und Beteiligten könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Antragstellerin der Errichtung des Bretterzauns zugestimmt habe. Der Maschendrahtzaun habe als Grenzeinrichtung daher nicht ohne ihre Zustimmung geändert werden dürfen, solange sie an seinem Fortbestand ein Interesse habe. Hieraus folge das Recht der Antragstellerin, die Beseitigung der die vorhandene Grenzeinrichtung störenden Maßnahme, also des Bretterzauns zu verlangen.
b) Diese Ausführungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Zu Recht hat das Landgericht die Sachlage nicht anhand der §§ 14, 22 WEG beurteilt. Denn die Wohnungseigentümer haben in der Gemeinschaftsordnung eine von der darin enthaltenen Regelung abweichende Bestimmung getroffen (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG). Die Zustimmung zu einer baulichen Maßnahme ist danach nur erforderlich, wenn sie auch in dem Fall notwendig wäre, daß es sich bei den Sondernutzungsflächen um selbständige Grundstücke handelte. Nach der Gemeinschaftsordnung sollen die Sondernutzungsflächen also rechtlich hinsichtlich Baumaßnahmen wie selbständige Grundstücke behandelt werden.
Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht daher die nachbarrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs seiner Entscheidung zugrundegelegt. Es ist auch nicht zu beanstanden, daß es den Bretterzaun als bauliche Maßnahme und den vorhandenen Maschendrahtzaun als gemeinschaftlich benutzte Grenzeinrichtung im Sinn des § 921 BGB angesehen hat. Weil die Antragstellerin an dem Fortbestand des Maschendrahtzauns als Grenzeinrichtung ein Interesse hat, durfte ihn der Antragsgegner nach § 922 Satz 3 BGB nicht ohne ihre Zustimmung beseitigen oder ändern. Die unmittelbar neben dem Maschendrahtzaun auf der Sondernutzungsfläche des Antragsgegners von diesem errichtete Bretterwand stellt...