Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung. Bestimmung des zuständigen Gerichts
Verfahrensgang
AG Ansbach (Aktenzeichen F 159/91) |
AG Nördlingen (Aktenzeichen 1 F 44/91) |
Tenor
Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.
Tatbestand
I.
Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Der Kläger hat sich zu notarieller Urkunde vom 31.7.1990 unter anderem verpflichtet, unabhängig von der gesetzlichen Höhe des Trennungsunterhalts ab Anhängigkeit eines Scheidungsantrags an seine Ehefrau einen monatlichen Mindestunterhalt von 1.000 DM zu bezahlen, und hat sich deswegen der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Die Beklagte hat am 28.9.1990 beim Familiengericht A. Scheidungsantrag eingereicht. Sie betreibt hinsichtlich des Trennungsunterhalts die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde. Der im Bezirk des Amtsgerichts N. wohnende Kläger hat bei diesem Gericht am 25.1.1991 Vollstreckungsgegenklage eingereicht. Die Sache ist vom Streitgericht an das Familiengericht abgegeben worden. Dieses hat die Klage zugestellt und die Parteien durch eine am 25.2.1991 zur Post gegebene Verfügung mit einer Äußerungsfrist von einer Woche darauf hingewiesen, daß das Familiengericht A. zuständig sein dürfte, weil Vollstreckungstitel eine notarielle Urkunde sei und der Wohnsitzgerichtsstand des Schuldners hinter der Allgemeinzuständigkeit des Scheidungsfamiliengerichts zurücktrete. Daraufhin hat der Kläger beantragt, das Verfahren an das Familiengericht A. abzugeben. Durch Verfügung vom 28.2.1991 hat das Familiengericht N. das Verfahren „zuständigkeitshalber an das Familiengericht A. (§ 621 Abs. 3 ZPO)” abgegeben. Diese Verfügung ist den Parteien bekannt gemacht worden. Das Familiengericht A. hat die Übernahme abgelehnt, weil es sich nicht um eine Familiensache „der in § 621 Abs. 3 ZPO genannten Art” handle, sondern um die Wirksamkeit einer vertraglichen Vereinbarung. Die Akten sowie eine an das Familiengericht A. gerichtete Klageerwiderung der Beklagten vom 7.3.1991 sind dem Amtsgericht N. zurückgesandt worden. Eine Mitteilung an die Parteien ist nicht erfolgt. Das Familiengericht N. hat durch Beschluß vom 21.3.1991, der den Parteien wiederum bekannt gemacht worden ist, das Verfahren „nochmals” an das Familiengericht A. verwiesen. In der Folgezeit sind die Akten noch mehrmals zwischen dem Familiengericht A. und dem Familiengericht N. hin- und hergeschickt worden, ohne daß die Parteien hiervon Mitteilung erhalten hätten. Durch Beschluß vom 7.6.1991 hat das Familiengericht A. sich für „örtlich und sachlich und funktionell” unzuständig erklärt und die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist als das zunächst höhere gemeinsame Gericht zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreits berufen (§ 36 Nr. 6 ZPO i.V.m. §§ 8, 10 Abs. 2 EGGVG, § 139 Abs. 1 GVG, § 7 EGZPO, Art. 11 Abs. 1 AGGVG; BayObLGZ 1988, 305 m.w.Nachw.); denn die Amtsgerichte A. und N., die ihre Zuständigkeit verneinen, gehören zu verschiedenen bayerischen Oberlandesgerichtsbezirken … (Art. 3 Nrn. 3 und 2, Art. 5 Nrn. 2 und 4 GerOrgG).
2. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts muß abgelehnt werden. Sie setzt gemäß § 36 Nr. 6 ZPO voraus, daß sich die an dem Zuständigkeitsstreit beteiligten Gerichte jeweils rechtskräftig für unzuständig erklärt haben (BGH FamRZ 1988, 1257). Daran fehlt es hier, denn das Amtsgericht A. hat den Parteien keine der Verfügungen bekannt gemacht, mit denen es eine Übernahme des Verfahrens wegen fehlender Zuständigkeit abgelehnt und die Akten an das Amtsgericht N. zurückgesandt hat. Auch der Beschluß vom 7.6.1991, mit dem das Amtsgericht A. die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht vorgelegt hat, ist den Parteien nicht mitgeteilt worden. Die Entscheidungen des Amtsgerichts A. sind somit gerichtsintern geblieben und gegenüber den Parteien rechtlich nicht wirksam (§ 329 ZPO; BGH FamRZ 1979, 790/791; siehe auch BayObLGZ 1989, 235/238). Sie stellen daher keine „rechtskräftige” Unzuständigkeitserklärung im Sinn von § 36 Nr. 6 ZPO dar (BGH a.a.O. und FamRZ 1988, 1257).
3. Um eine weitere Verlängerung des Zuständigkeitsstreits zu vermeiden, erscheinen folgende Hinweise veranlaßt:
a) Bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Nr. 6 ZPO sind nicht nur die Zuständigkeitsvorschriften, sondern auch die verfahrensrechtlichen Bindungswirkungen (§ 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO) zu beachten. Regelmäßig ist daher dasjenige Gericht als zuständig zu bestimmen, an das die Sache durch den ersten bindenden Verweisungsbeschluß gelangt ist (BayObLGZ 1989, 235/238 m.w.Nachw. und ständige Rechtsprechung).
b) Der Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts N. vom 21.3.1991 ist bindend. Die in § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO normierte Bindungswirkung tritt grundsätzlich auch dann ein, wenn der Beschluß unrichtig ist oder auf Verfahrensfehlern beruht. Sie entfällt nur, wenn das rechtliche Gehör verletzt wurde, wenn der Beschluß gan...